Die Fraktion Grüne/Linke entwickelt mit den „Grünen Anstößen“ Visionen für die Zukunft Kornwestheims.
Kornwestheim - Edda Bühler ist nicht dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. „Ich schäme mich für die Güterbahnhofstraße“, sagt die Kornwestheimer Grüne-Stadträtin. Sie meint vor allem den Zustand des Belags auf Teilen der Straße und des Gehweges. „Wenn man Besuch hat, meidet man das eher.“
Nun sind es nicht die ersten Beschwerden dieser Art über die Güterbahnhofstraße; eine Sanierung ist durchaus vorgesehen, und hier und da wurde der Belag auch schon gerichtet. Aber darum geht es dann auch gar nicht, die Grüne nennt die Straße nur als Beispiel dafür, was in der Innenstadt im Argen liegt. „Wir müssen insgesamt diskutieren, wohin wir mit der Innenstadt wollen“, sagt Bühler. „Und deswegen brauchen wir ein Konzept.“
Ein solches Konzept – es ist noch ein grobes – haben die Kornwestheimer Grünen nun vorlegt. „Grüne Anstöße“ heißt es und trägt den Untertitel „Zukunft des Einkaufens. Innenstadtentwicklung Kornwestheim“. Bühler und ihre Fraktionskollegen Daniel Joppien und Thomas Ulmer speisen es federführend in die öffentliche Debatte ein. Stein der „Anstöße“ sei unter anderem die Diskussion in den Sozialen Medien im Zusammenhang mit dem Parking-Days im September gewesen, den die Grünen in diesem Jahr erstmals in Kornwestheim veranstaltet haben. Und bereits im Sommer, so berichtet Ulmer weiter, habe er bei einem Business-Frühstück beobachtet, dass das Thema Innenstadt einmal mehr aufkam – aber „nur an der Oberfläche kratzend“.
Wie sehen sie nun aus, die „Grünen Anstöße“? Es geht im Kern darum, ein Gesamtkonzept für den Bereich um Bahnhofstraße, Güterbahnhofstraße und Jakobstraße bis hinauf zur Johannesstraße zu entwickeln, das den Bahnhofsplatz und das Salamander-Areal einbindet. Im Fokus haben die Grünen dabei verschiedene Punkte und Ansätze.
• Aufenthaltsräume schaffen: Die Grünen streben eine barrierefreie Gestaltung des Areals an, könnten sich Wasserläufe in Schienen vom Bahnhofs- bis zum Holzgrundplatz vorstellen, mehr Begrünung in Trögen, Bäume, öffentliche WC-Anlagen und auf dem Holzgrundplatz zudem einen flexiblen Sonnenschutz.
• Identität: Aufenthaltsinseln sollen zum Verweilen einladen, Gestaltungselemente Kornwestheim-typisch sein: Lurchi-Figuren, Ähren, Schuhe, auch ein Treffpunkt im Stil der alten Schöller-Uhr seien vorstellbar. Glasfronten leer stehender Geschäfte könnten zu Ausstellungsflächen für Kunst und Kultur werden.
• Service: Einen flächendeckenden WLAN-Empfang können sich die Grünen ebenso vorstellen wie USB-Lademöglichkeiten, Miet- und Ladestationen für E-Bikes und Lastenräder sowie auch Ladestationen für E-Autos.
• Handelsstruktur: Möglich wären laut der Fraktion neben den bestehenden Geschäften Hofläden und Bio-Läden, eine regional-moderne und kleinteilige Ladenstruktur, Nischengeschäfte wie Unverpackt-Läden, Pop-Up-Stores, die ihre Ware nur für eine bestimmte Zeit in Leerständen anbieten. Auch neue Standorte für den Welt-Laden und für die Post werfen sie ins Rennen. Familien- und Seniorenzentren oder eine Service-Stelle „Bürgerberatung“ seien ebenfalls denkbar. Gastronomie sei vorhanden, dürfe aber gerne noch erweitert werden, etwa um Metzger mit Mittagstisch und allgemein mehr Angebote mit Bestuhlung im Außenbereich, wie etwa Joppien betont.
• Verkehr: Ein Reizthema ist der Verkehr. Dass zumindest Teile der Innenstadt autofrei werden sollten, zunächst Bahnhofstraße und Güterbahnhofstraße, betonen die Grünen. Natürlich müssten Wege neu gedacht, über neue Parkplätze rund um den verkehrsberuhigten Bereich, über Lieferzonen und alternative Anlieferungsformen gesprochen werden.
Generell, so machen die Grünen deutlich, sollen im Gegensatz zu dem praktischen Einkaufsstandort am Kimry-Platz, wo es Lebensmittel und Drogerieartikel gibt, Läden mit starkem Kornwestheim-Bezug und kleinteiligen, regionalen und spezialisierten Angeboten entstehen. Und es soll viel Aufenthaltsqualität in der Innenstadt geschaffen werden. Aber: „Es ist bislang nur ein Konzept“, betont Ulmer. „Ein Ansatz für eine Diskussion.“ Dass sich neue Geschäfte nicht immer von alleine ansiedeln, ist den Grünen klar. Den Antrag, in einen Prozess einzutreten, wollen sie indes zeitnah stellen.
Als ersten Schritt könnten sie sich vorstellen, dass bei einem Workshop Gemeinderat und Verwaltung über die Innenstadt diskutieren. Danach könnten die Bürger und Gewerbetreibenden eingebunden werden. Eine Stabstelle „Innenstadtentwicklung“ bei der Stadt sei ebenfalls eine mögliche Maßnahme. „Wir müssen Ideen für die gesamte Innenstadt entwickeln, damit wieder mehr Menschen herkommen, Einkäufe erledigen und damit auch die Einzelhandelsgeschäfte eine Chance haben“, sagt Thomas Ulmer. Der Grünen-Fraktionschef wirbt für eine „mutige Gestaltung“.