Prozess am Amtsgericht Foto:  

Das Amtsgericht verurteilt einen 40-Jährigen. Er stahl, hehlte und betrog, um Heroin kaufen.

Kornwestheim/Ludwigsburg - Am Ende der Verhandlung waren sich alle Prozessbeteiligten einig: Der Angeklagte hatte zum Zeitpunkt seiner jüngsten Taten unter großem „Suchtdruck“ gelitten, verursacht von seiner jahrelangen Heroinabhängigkeit. Auch dass seine Delikte dem 40-jährigen Kornwestheimer leid tun, das glaubte Richterin Ann-Cathrin Koblinger ihm. Seine Reue, sein Geständnis, der Wunsch, sich zu bessern – all das verbuchte das Gericht zu seinen Gunsten. Mehrfach war der Mann im Saal D am Ludwigsburger Amtsgericht den Tränen nahe.

Am Ende aber milderte die Richterin die Forderung der Staatsanwaltschaft nur leicht ab. Gegen den 40-Jährigen sprachen seine Vorgeschichte und die „hohe Rückfallgeschwindigkeit“. Sie verurteilte den Mann, der bereits in U-Haft sitzt, wegen Diebstahls, räuberischen Diebstahls, Hehlerei und Computerbetrugs zu zwei Jahren und vier Monaten Haft. Seine Strafe wird er in einer Entzugsanstalt absitzen, sich dort einer Therapie unterziehen.

Ausschlaggeben für die Strafe waren drei Taten, die der 40-Jährige in den vergangenen Monaten begangen hatte. Einer der Fälle hatte im Sommer bereits Aufsehen in der Stadt erregt. Der Angeklagte hatte Ende Juni abends aus einer Gaststätte am Bahnhofsvorplatz in Kornwestheim eine Kassette mit 1000 Euro gestohlen und war die Bahnhofstreppen hinunter geflohen. Die Bedienung, 59 Jahre alt, verfolgte ihn, vor einem der Aufzüge in der Unterführung kam es zu einer Rangelei. Der Mann ließ die Kassette fallen und in der Folge auch einen Großteil des Geldes, das er bereits in seine Hosentaschen gestopft hatte.

Während der Verhandlung wurden hierzu nun weitere Details bekannt: Bedienung und Angeklagter kannten sich zumindest flüchtig, er besuchte das Lokal gelegentlich, und unterhielt sich mit der Frau – beide haben polnische Wurzeln. Weitere Erkenntnisse steuerte eine Zeugin bei, die den Mann in der Unterführung in ein Gespräch verwickelte, bevor er sich in eine Bahn flüchtete. „Überall sind Scheine herumgeflogen“, erinnerte sich die 30 Jahre alte Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Sie berichtete, der Angeklagte habe auch ihr nach Aufforderung weiteres Geld ausgehändigt, sich zudem vor ihr und anderen Augenzeugen die Hose runtergezogen und sich entleert. Letzteres sei ein Zeichen dafür, dass der 40-Jährige auf Entzug gewesen sei, bestätigte ein Sachverständiger während der Verhandlung. Dass größere Mengen Alkohols im Spiel gewesen sei, ließ sich vor Gericht indes nicht nachweisen. Obwohl der 40-Jährige behauptet hatte, vor der Tat eineinhalb Flaschen Wodka getrunken zu haben, ließen die Einordnung des Sachverständigen („Solche Mengen überlebt man kaum“) und die Zeugenaussagen diese Schilderung als übertrieben erscheinen.

Von den 1000 Euro behielt der Mann am Ende rund 130, den Rest sammelten Menschen in der Unterführung ein und gaben ihn der Bedienung zurück. Dass der 40-Jährige das ihm verbliebene Geld in der U-Bahn zählte, davon zeugen Aufnahmen einer Überwachungskamera. Sofort habe er davon in Ludwigsburg Heroin gekauft, gab der Mann zu.

Auch zwei weitere Taten, die während der Verhandlung zur Sprache kamen, dienten letzten Endes der Beschaffung von Drogen.

Anfang Februar hatte er günstig Turnschuhe und weitere Wertgegenstände, die als Diebesgut erkennbar waren, erstanden und versucht, sie weiter zu verkaufen. Schon Mitte Januar stahl er aus einem Auto ein Geldbörse und hob mit der EC-Karte, die er darin fand, 1000 Euro in der Kornwestheimer Volksbank ab. Aufgegriffen wurde er übrigens nach dem Vorfall am Bahnhof in Köln. Er habe sich absetzen wollen, berichtete er. „Nach Holland vielleicht.“

Die Drogenkarriere des 40-Jährigen begann schon früh: Mit acht die erste Kippe, mit 13 oder 14 der erste Joint, im Teenageralter Amphetamine, auch Kokain. Im Alter von 20 konsumierte er erstmalig Heroin, wobei er nach eigener Aussage niemals gespritzt habe. Das Opiat lässt sich auch rauchen oder schnupfen, die Abhängigkeit blieb dennoch, trotz mehrerer Therapien.

Auch die Ersatzdroge Subutex nahm er regelmäßig, und dann war da natürlich der Alkohol. Vom Koks sei er immerhin losgekommen. Dass er die vergangenen Jahre strafrechtlich nicht mehr häufig in Erscheinung getreten sei, erklärte die Richterin wie folgt: „Sie waren ja die meiste Zeit im Gefängnis.“ Dem Angeklagten gehörte das letzte Wort vor der Urteilsverkündigung. Er betonte, nicht zum ersten mal, dass er es mit einer weiteren Therapie ernst meine und ihm Ersatzstoffe dabei helfen würden, vom Heroin loszukommen.

„Es tut mir leid, ich schäme mich“, sagte er zum Schluss. Er habe viele Menschen enttäuscht. „Das Urteil klingt hart, aber sehen Sie es als eine Chance an“, gab ihm die Richterin mit auf den Weg.