Einer der wenigen Auftritte in Baden-Württemberg fand in Kornwestheim statt: Manfred Weber Foto: Mateja fotografie

Manfred Weber, EVP-Spitzenkandidat bei der Europawahl, spricht vor 300 Menschen im K.

Kornwestheim - Er wird als der nächste EU-Kommissionspräsident und damit als Nachfolger von Jean-Claude Juncker gehandelt. Am Donnerstagabend war Manfred Weber als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl am 26. Mai in Kornwestheim zu Gast, im K sprach er vor rund 300 Besuchern. Nach Baden-Württemberg wird es ihn in diesem Wahlkampf nicht mehr verschlagen, denn Weber ist in ganz Europa gefragt.

Die Gäste mussten ein wenig Geduld aufbringen, bis Weber im K eintraf. Zuvor war er in Straßburg und Karlsruhe im Einsatz gewesen. Dass ihm Europa eine Herzensangelegenheit ist, daran ließ der Fraktionsvorsitzende der EVP im Europäischen Parlament keinen Zweifel aufkommen. Dass es um Europa nicht übermäßig gut bestellt ist, daran auch nicht. Ein Drittel aller Abgeordneten im Straßburger Parlament seien Populisten oder Nationalisten. Sie würden sich jeglichem Kompromiss verweigern. Wenn’s bei den Wahlen am 26. Mai schlecht laufe, dann könne es passieren, dass die Europa-Verweigerer in der Mehrheit seien. Das will Weber verhindern.

Thema Nr. 1 für ihn im Wahlkampf: die Zuwanderung nach Europa. Weber sprach sich für eine Kontingentierung der Flüchtlinge und eine Sicherung der Grenzen aus. Aber: Europa dürfe nicht zu einer Festung werden, es habe auch eine Verantwortung. Einen Schwerpunkt wird Europa nach Einschätzung von Weber auf die Unterstützung von Afrika legen müssen. Er brachte einen Marshallplan für den Kontinent ins Gespräch. Ein wichtiges Tätigkeitsfeld sieht der 46-jährige Niederbayer, der sehr sachlich argumentiert und fast schon zurückhaltend daherkommt, in der Wirtschaftspolitik. Ziel müsse es sein, den europäischen Binnenmarkt zu stärken und Innovationen zu fördern. Für die internationale Handelspolitik sprach er sich gegen Zölle aus, sagte aber in Richtung des amerikanischen Präsidenten: „Erpressen lassen wir uns nicht.“

Kein Beitritt der Türkei zur Europäischen Union, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU – das waren weitere Positionen des Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei, zu der auch CDU und CSU gehören. Weber zeigte sich erfreut darüber, dass die stärkste Fraktion im Europäischen Parlament künftig den Kommissionspräsidenten stellen wird und dass er nicht mehr von den Staatschefs ausgewählt wird. „Das ist ein starkes Bild für ein demokratisches Europa.“ Die Zuhörer dankten Weber für seine Rede mit kurzem, aber stehendem Applaus.

Die Zeit bis zum Eintreffen des EVP-Spitzenkandidaten überbrückten Rainer Wieland, hiesiger Kandidat bei der Europawahl und stellvertretender Parlamentspräsident, sowie Innenminister und CDU-Landesvorsitzender Thomas Strobl. Wieland warnte davor, das gemeinsame Europa als Selbstverständlichkeit zu betrachten. Strobl erläuterte, wie wichtig Europa für Baden-Württemberg sei. Das Land profitiere wie kein anderes Bundesland vom europäischen Binnenmarkt. Jeder dritte Arbeitsplatz sei vom Export abhängig. Strobl: „Wir wären bekloppt, wenn wir uns Europa kaputt machen lassen würden.“ Als er auf die Notwendigkeit zu sprechen kam, eine gemeinsame Sicherheitspolitik in Europa auf die Beine zu stellen, brandete Beifall auf – allerdings nicht für Strobls Ausführungen, sondern für den Spitzenkandidaten, der in den Festsaal kam. „Jetzt hatte ich doch im ersten Moment gedacht, dass Sie klatschen, weil ich so etwas Gescheites gesagt habe“, sagte Strobl und zeigte sich dann doch erfreut, dass er von der Rolle des Pausenfüllers erlöst wurde.