Home-Schooling Foto: dpa

Vier Tage ist es her, seit auch die Schüler Kornwestheims wieder in den Fernunterricht gestartet sind.

Kornwestheim - Unübersichtliche Unterrichtsplanung, abgestürzte Messengerdienste und jetzt auch noch ein Hacker-Angriff auf einen Server der Lernplattform Moodle: Der Auftakt in die erste Woche im Fernunterricht lief für viele Schulen in Baden-Württemberg nicht reibungslos. Von Chaos und Verwirrung berichten die Kornwestheimer Schulen aber nicht. Trotz kleiner und großer Systemabstürze lief der digitale Fernunterricht laut Schulleiterinnen und Schulleitern größtenteils gut an. Schüler und Eltern ächzen trotzdem unter der Zusatzbelastung – besonders für Eltern ist die Betreuung neben dem Job eine Mammutaufgabe.

Die Eltern
Markus Kämmle ist in Kornwestheim vor allem als Freie-Wähler-Stadtrat bekannt, er ist aber auch Vater, Großvater und Elternvertreter einer Klasse am Ernst-Sigle-Gymnasium, war früher im Gesamtelternbeirat aktiv. Derzeit hat er bis zu vier schulpflichtige Kinder bei sich daheim, die im Home-Schooling unterrichtet werden: Einen Sohn in der Kursstufe am Otto-Hahn-Gymnasium Ludwigsburg, eine Tochter am ESG in Klasse 7, einen Stiefenkel in Klasse 8 an der Theodor-Heuss-Realschule und einen Stiefenkel in Klasse 3 in der Schillerschule. Kämmle hat sich derzeit Urlaub genommen und dafür Zusatzaufgaben im Spannungsfeld zwischen Systemadministrator und Aushilfslehrer übernommen. Für viele Eltern sei die Situation belastend, weiß er, viele würden allein gelassen. Bei den Schulen tue man oft, was man könne, sagt Kämmle, kritisiert aber, dass Landes- und Bundespolitik die vergangenen Monate nicht gut genug genutzt habe, um Infrastruktur und Technik zu verbessern, und vor allem zu vereinheitlichen. „Wir müssen hier mit mehreren Systemen und Programmen auf einmal kämpfen“, sagt er. „Das strengt an.“

Auch Jana Richter-Miksic, Mitglied des Elternbeirats an der Theodor-Heuss-Realschule, berichtet von technischen Schwierigkeiten: Oft würde das heimische Internet zusammenbrechen, weil Eltern und Kinder mit zu vielen Videokonferenzen das Netzwerk überlasten. Aus der fünften Klasse ihres Sohnes berichtet Richter-Miksic außerdem von unübersichtlichen Homeschooling-Systemen: Jeden Morgen müsse sich ihr Sohn neu orientieren, in welchen Stunden er Unterricht per Videokonferenz habe und in welchen er nur Aufgaben lösen müsse. „Das ist für einen Fünftklässler extrem viel Verantwortung.“

Positivere Eindrücke hat dafür Whitney Killip-Ullrich, die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Schulen in Kornwestheim, gesammelt: Bei einem ersten Umhören habe sie gutes Feedback bekommen. „Die Eltern sind zufrieden und es läuft alles weitestgehend reibungslos“, so Killip-Ullrich. Auch die Plattformen, mit denen die Kornwestheimer Schüler arbeiten, seien bisher stabil.

Die Stadt
„Ich gehe davon aus, dass Ministerin Eisenmann die Entscheidung mit Bedacht anberaumt hat und ich kann gut verstehen, dass Grundschüler und Kitakinder so schnell wie möglich zurückkehren sollen“, sagt Kornwestheims Oberbürgermeisterin Ursula Keck mit Blick auf die Diskussionen, wann die Schulen wieder öffnen sollen (siehe auch hier). Die Oberbürgermeisterin hat auch im Blick, dass eine voll besetzte Notbetreuung das Infektionsgeschehen ebenfalls nicht wirklich stoppe. Auch für die Chancengleichheit sei Präsenzunterricht wichtig. Sie könne somit durchaus nachvollziehen, wenn der Betrieb am Montag wieder starte.

Philipp-Matthäus-Hahn-Schule
Obwohl die PMHG Moodle beim Online-Unterricht nicht nutzt, kam es auch hier zu Komplikationen zum Start ins Unterrichtsjahr 2021. Die Schule verwendet die Plattform Untis. „Und dass es dort zu Störungen kam, verstehe ich nicht ganz“, sagt Schulleiter Gerhard Link. Das sei schließlich ein Wirtschaftsunternehmen, man bezahle Geld für die Nutzung. „Eigentlich müssen die darauf eingestellt sein.“ Nun ist er, vor allem mit Blick auf die Grundschule, gespannt auf die Entscheidung, die an diesem Donnerstag fallen soll. „Generell toppt nichts den Präsenzunterricht“, sagt Link, „aber die Coronazahlen sprechen eine andere Sprache.“ Positiv stimmt den Schulleiter, dass fast allerorts die Erkenntnis reife, „dass sich Schule als sozialer Ort, als Ort der Begegnung nicht wegrationalisieren lässt“.

Die Grundschulen
Auch an der Silcherschule wartet man gespannt die kommenden Entscheidungen ab. Von Systemabstürzen und Serverüberlastungen waren Schulleiterin Petra Götz und ihr Team nicht betroffen. Heimunterricht an der Silcherschule besteht, ähnlich wie an den anderen Grundschulen der Stadt, vor allem aus Arbeitsmaterial, das wöchentlich verteilt und zuhause bearbeitet wird. „Im ersten Lockdown hat das sehr gut geklappt“, so Götz. Eine mögliche Öffnung der Grundschulen sieht sie zwiegespalten. „Grundschulkinder müssten eigentlich in die Schule, ja, aber ich glaube nicht, dass das Infektionsgeschehen das zulässt.“

Dass der Fernunterricht an der Grundschule Pattonville an den ersten Tagen reibungslos verlief, sei der guten und langen Vorbereitung zu verdanken, sagt Schulleiterin Ulrike Schiller. „Wir haben uns im Herbst schon auf die aktuelle Situation vorbereitet und alle Eltern miteinbezogen.“ Die ersten Erfahrungen seien sehr gut – auch, weil die Bereitschaft aller Beteiligten sehr groß sei.

Gute Vorbereitung macht auch Ute Maucher, Direktorin der Schillerschule, für den guten Start in die erste Schulwoche verantwortlich: „Wir haben die Pläne im Hinterkopf.“ Einen technischen Totalausfall habe es ebenfalls nicht gegeben. Von der Landesregierung wünscht sich die Schulleiterin etwas mehr Vorlauf bei neuen Beschlüssen, damit sich die Schule besser vorbereiten könne.

Ernst-Sigle-Gymnasium
"Von der Organisation her ist reiner Fernunterricht leichter als eine Mischform“, stellt Schulleiter Christoph Mühlthaler nach den ersten Erfahrungen am Ernst-Sigle-Gymnasium fest. Damit es keinen Holperstart nach den verlängerten Ferien gab, hätten Leitung und das Kollegium zuvor schon ihre Hausaufgaben zu Technik und Ablauf gemacht. „Wir haben einen pädagogischen Tag gemacht, um alle Kollegen auf einen Stand zu bringen“, so Mühlthaler. Zudem wurden 45 Laptops angeschafft, die an Schüler ausgeliehen wurden. „Bisher hat alles hervorragend geklappt. Es gab keine Probleme bei den Videokonferenzen und das Feedback der Eltern ist sehr positiv“, sagt der Schulleiter und fügt hinzu: „Was immer jetzt entschieden wird, wird sind darauf vorbereitet.“

Theodor-Heuss-Realschule
Gleich am Montagmorgen hätten die Server gestreikt, berichtet Boris Rupnow, Rektor der Theodor-Heuss-Realschule. Am Mittwoch sei außerdem der Messengerdienst webuntis, mit dem Schüler und Lehrer kommunizieren, ausgefallen. Trotzdem ist Rupnow guter Dinge: Nach seinem Gefühl seien sowohl Schüler als auch Lehrer gut organisiert. Insbesondere die Kollegen würden sich für die Unterrichtsplanung rege absprechen. Außerdem hätte die Realschule bereits 30 Laptops, von der Stadt gestellt, an Schüler ohne geeignetes Endgerät vergeben.

Erich-Bracher-Schule
In der Berufsschule in Pattonville ist man technisch auf Stand, und war das teils auch schon vor der Pandemie. „Digitaler Unterricht oder Hybridunterricht sind für uns gut möglich“, sagt Schulleiter Oliver Schmider. Man nutze zudem gut und gerne als Programm MS Teams, noch dazu seien jüngst 140 Tablets für Schüler eingetroffen, die entsprechende Endgeräte nicht zuhause haben. Die Berufsschule hat ergo derzeit weniger Probleme als andere Schulformen. Allerdings gibt es dafür auch die manchmal hohen Ansprüche der Wirtschaft, die zu erfüllen sind, zudem müssen im Sommer stolze 700 Schüler unter Corona-Bedingungen Abschlüsse machen. „Das ist herausfordernd“, sagt Schmider.