Kameras könnten künftig die Sitzungen des Kornwestheimer Gemeinderates filmen. Foto: Pixabay

Sollen Gemeinderats-Sitzungen online übertragen werden? Die Meinungen gehen auseinander.

Kornwestheim - Für die Kornwestheimer Liberalen ist die Sache klar: Die Sitzungen des Gemeinderates sollen künftig per Livestream im Internet übertragen werden, auf dass jeder Bürger und jede Bürgerin dem Vorgang kommunalpolitischer Entscheidungsfindung von zuhause aus zu folgen vermöge. Laut der FDP wäre das transparent, demokratisch, inklusiv. Dass es allerdings rechtliche Fallstricke gibt und zudem nicht jeder Stadtrat die Digital-Affinität der Partei teilt, das wurde nun im Verwaltungs- und Finanzausschuss (VFA) klar, wo man engagiert debattierte. Final entschieden wird erst noch – im Gemeinderat. Hier aber schon mal eine Übersicht über Pro- und Contra-Argumente, Visionen und Vorbehalte.

Technik und Kosten
Ein Streamen der Sitzungen könnte bedeuten, einfach jene Technik zu nutzen und anzupassen, die bereits zum Einsatz kommt. Eine Kamera nimmt ohnehin immer auf, um die Stadträte, die in Coronazeiten von Zuhause aus die Sitzungen abhalten, ins Geschehen blicken zu lassen. Es müsste somit nur mehr eine Software-Lösung gefunden werden, eine Liveübertragung ist mit dem aktuellen Konferenzprogramm nicht möglich. Dennoch wäre dieser Weg günstiger als die Alternative: Würden ein Kameramann oder eine Kamerafrau zum Einsatz kommen und alle Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen übertragen werden, könnte das pro Jahr bis zu 100 000 Euro kosten.

Der Datenschutz
Allerdings könnte eine solche personalintensive Lösung bei einer Liveübertragung nötig sein. Denn wie die Stadtverwaltung klar machte, kann jede Person im Sitzungssaal für sich selbst entscheiden, ob er oder sie aufgenommen werden möchte. Will auch nur ein Stadtrat sein Gesicht nicht live sehen, müsste man während der Sitzungen diese Person rausschneiden oder aus dem Sichtfeld der Kamera halten. Das geht wohl nur, wenn jemand aktiv die Übertragung steuert oder aufnimmt. Ein Filmteam wäre eine „Deluxe-Variante“, meinte die Oberbürgermeisterin Ursula Keck. Der Datenschutz trieb die Freie-Wähler-Stadträtin Gabi Walker auch insofern um, als dass sie befürchtete, Leute könnten die Übertragungen – auch wenn sie nicht hinterher noch auf der städtischen Homepage zur Verfügung stünden – mitschneiden und zweckentfremden. Ein Vorschlag von ihr: Eine Log-In-Lösung, bei der man wisse, wer zuschaue.

Redestil und Offenheit
Susann Boll-Simmler (Grüne) erklärte, sie befürchte, dass manche Stadträte und Stadträtinnen in einem Stream nur mehr wohlüberlegt oder gar vom Blatt vorlesend sprechen würden. „Manche hätten vielleicht Angst, etwas Falsches zu sagen, was dann gleich festgehalten wird.“ Solche Sorgen könnten die Redekultur belasten. Die Livestreams seien ein „durchaus emotionales Thema“ stellte sie fest.

Wie machen das die anderen?
Sina Schüssler von der Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Kornwestheim hatte einige Vergleichszahlen und Infos aus anderen Kommunen parat. Beispiel Esslingen: Dort schauten durchaus mal an die 100 Menschen eine Sitzung live an, indes sei das Interesse im Schnitt auch eher zurückgegangen. Andere Städte, darunter etwa Ludwigsburg, verzichteten auf Livestreams.

Die Transparenz
Silvia Stier (CDU) betonte, Stadt und Gemeinderat seien auch ohne Streaming transparent. Und: Demokratie müsse nicht immer bequem sein. Daraufhin beeilte sich der Streaming-Ideengeber Ender Engin (FDP) zu betonen, dass er die Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung schätze und die gute Arbeit sehe, die geleistet werde. Es gehe ihm um ein Mehr, eine noch bessere Partizipation. Der Freie Wähler Klaus-Dieter Holzscheiter ergriff noch das Wort: „Ich bin gewählt – was ich öffentlich sage, dazu stehe ich!“