Die 18 Bienenvölker des Imkerpaars fliegen über die Wiesen Kornwestheims. Foto: Dominik Florian

Durch den Garten von Marianne Hald und Günter Steeb fliegen Tag für Tag 300 000 Bienen.

Kornwestheim - Ein leises Summen ist zu vernehmen, in der Ferne steigen einzelne Bienen auf. Nähert man sich dem Garten von Günter Steeb und Marianne Hald, wird das Summen immer lauter. Dort angekommen, betritt man ein wahres Bienenparadies. Aus den Bienenstöcken fliegen die Insekten auf der Suche nach gut gefüllten Blüten. „Aktuell haben wir 18 Völker hier auf dem Gelände mit etwa 300 000 Tieren“, erzählt Steeb, während seine Bienen um ihn kreisen. Angst, dass er gestochen wird, hat der 78-Jährige nicht. „Wenn man die Tiere nicht beunruhigt, braucht man sich keine Sorgen wegen Stichen machen“, sagt er und führt zu einen Bienenvolk, das zuletzt für Aufstehen gesorgt hat.

Vor rund zwei Wochen machte der Bienenschwarm in der Bachstraße einen zweitägigen Zwischenstopp. Erst mit Hilfe der Feuerwehr konnten das Volk und die Königin von Günter Steeb und Marianne Hald aus der Baumkrone geholt werden. „Dem Volk und der Königin geht es gut. Sie haben die Reise gut überstanden“, sagt Steeb zu den neuen Gästen, die schon einen Platz im Garten gefunden haben.

Nach dreitätiger Ruhe im Kühlen setzte er die Königin auf vorbereitete Wachsplatten in den Stock. Dort angekommen, nahmen die Bienen ihr neues Zuhause sofort an und begannen mit dem Bienenalltag: Nektar sammeln, den Stock ausbauen und das Volk vergrößern. „Die Zahl der Bienen im Stock kann von aktuell 15 000 auf bis zu 40 000 Bienen ansteigen“, sagt Steeb. Damit sich das Volk weiterhin wohlfühlt und sich vermehrt, muss das Imkerpaar aber Hand anlegen. Neben der Behandlung gegen die Varroa-Milbe, ein weitverbreiteter Bienenparasit, muss das Volk aufgepäppelt werden.

„Dies geschieht durch Zufütterung mit einem Honigbrei, bestehend aus Puderzucker und Honig“, sagt Marianne Hald. Damit die Imker die Königin wiedererkennen können, markiert Günter Steeb die Anführerin des Schwarms. Wie das geht? Kurz und schmerzlos. Auf einer Wabenplatte entdeckt, greift der erfahrene Imker mit drei Fingern zu. Mit Holzleim klebt er dem etwa zwei Zentimeter großen Tier ein nummeriertes Plättchen auf den Rücken. Ein rotes, weil die Königin ein Jahr alt ist, wie Steeb auf den ersten Blick erkennt. Dann geht es für die Anführerin zurück in den Stock, um Eier zu legen – bis zu 3000 täglich.

Warum die Bienen aus der Bachstraße überhaupt gewandert sind, ist leicht zu erklären: Weil sie sich vermehren wollen. Wird ein Volk so groß, dass die Signale der Königin nicht mehr bei allen Tieren ankommen, teilt sich ein Drittel des Schwarms um die Königin automatisch ab. Zuvor bringt das Volk die alte Königin dazu, Eier von Jungköniginnen zu legen, die später das verbleibende Volk mit Nachwuchs versorgt. Die dem neu gebildeten Vorschwarm vorweg fliegenden Spurbienen suchen nach einer geeigneten Bleibe, beispielsweise in Baumhöhlen oder offenen Scheunen. „Davon gibt es immer weniger“, sagt Steeb. Zudem ist die Witterung in diesem Jahr nicht gerade bienenfreundlich. Das kühle Wetter im Mai schränkt die Blütezeit und damit das Nahrungsangebot stark ein. Durch das Einfangen des Schwarms ist dessen Überlebenschance deutlich gestiegen.

Da die Kornwestheimer Bienen – insgesamt gibt es zehn weitere aktive Imker mit je zwei bis drei Völkern – die begrenzte Nahrung für die eigene Versorgung benötigen ( jährlich rund 50 Kilogramm Honig pro Volk), wird es in diesem Bienenjahr nur wenig Honig geben. „Im vergangenen Jahr haben wir zu dieser Zeit schon Honig geschleudert“, blickt Hald zurück.

Langweilig wird dem Kornwestheimer Imkerpaar über das Bienenjahr trotzdem nicht. Neben den Bienenstöcken wachsen auch selbstgezüchtete Jungköniginnen heran. In einem Sonnenwachsschmelzer werden im Garten die Waben zu Bienenwachs geschmolzen, das dann zu Kerzen weiterverarbeitet wird. „Manchmal schauen auch Schulklassen vorbei und wollen alles über die Bienen erfahren“, erzählt Marianne Hald.

Und obwohl es 2019 nur wenig frischen Honig geben wird, haben Günter Steeb und Marianne Hald noch ausreichend Gläser aus dem Vorjahr, um die Regale auf ihrem Marktstand aufzufüllen – und im nächsten Jahr dann auch mit Honig von den Bienen aus der Bachstraße.