Iranische Demonstranten vor der britischen Botschaft in Teheran am Sonntag. Foto: AFP/ATTA KENARE

Vom Staatsgebiet des Iran sind Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert worden. Das Regime in Teheran spricht von einem Vergeltungsschlag.

Nach dem iranischen Großangriff auf Israel herrscht nach Einschätzung eines Experten große Kriegsgefahr in Nahost. „So eine Eskalationsspirale entgleitet sehr schnell und sehr einfach, weil für beide Seiten sowohl Eskalation als auch Deeskalation riskant ist“, sagt der Konflikt- und Protestforscher Tareq Sydiq von der Marburger Universität im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Man weiß nicht genau, wie die andere Seite reagieren wird und ab welchem Zeitpunkt ein Krieg auch unausweichlich wird. Das Risiko würde ich sehr hoch einschätzen.“

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, kündigte einen Gegenschlag auf militärische Einrichtungen des Irans an. Die internationale Staatengemeinschaft ist um Deeskalation bemüht. Den Luftschlag gegen die Generäle in Syrien sieht Experte Sydiq im Kontext des Gaza-Konflikts. „Die Präsenz der Revolutionsgarden wird aus israelischer Seite schon lange als eine Bedrohung der eigenen Sicherheit wahrgenommen und auch so verstanden“, sagt der Iran-Experte. Die Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht, arbeite mit der libanesischen Hisbollah-Miliz zusammen und unterstütze die islamistische Hamas im Gazastreifen. „Das ist sehr klar dokumentiert. Und deswegen sind solche Waffenlieferungen, ist eine iranische Präsenz immer auch ein Sicherheitsrisiko für die Israelis.“

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Aktuell sieht Sydiq große internationale Bemühungen, einen Krieg zu vermeiden. „Die USA sind natürlich auch sehr aktiv dabei, zu verhindern, dass es hier zu einer Eskalation kommt. Sie versuchen auch mäßigend auf beide Seiten einzuwirken und die israelische Antwort eher auf einem geringen Niveau zu halten“, sagt der Konfliktforscher. Die Gefahr eines Krieges bleibe dennoch bestehen, „weil beide Seiten Gründe haben, an der Eskalation weiterzudrehen“. Das sei nicht neu. „Was durchaus neu ist, ist die Bereitschaft, da mehr Risiken einzugehen.“ Die USA und die EU haben neue Sanktionen gegen den Iran angekündigt.

Israel hatte am Samstag seine Bevölkerung auf Angriffe vorbereitet - beispielsweise waren Schulen geschlossen worden.  Am Sonntag, dem ersten Wochentag in Israel, wurden demnach „Unterrichtsaktivitäten, Reisen und Ausflüge“ an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ausgesetzt. In der Nacht zum Montag hatte der Iran seine Drohung wahr gemacht und erstmals in der Geschichte der Islamischen Republik Israel direkt von seinem Territorium aus angegriffen.

Fast alle Drohnen und Raketen abgefangen

Der Angriff aus dem Iran mit Drohnen- und Raketen war ein Vergeltungsschlag. Teheran schreibt Israel einen Angriff auf ein iranisches Konsulatsgebäude in Damaskus (Syrien) zu, bei dem am 1. April unter anderem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet worden waren. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates, die von Israel anberaumt worden war, eindringlich vor einer Eskalation des Konflikts gewarnt. „Weder die Region noch die Welt können sich weiteren Krieg leisten“, sagte Guterres am Sonntag. „Der Nahe Osten steht am Abgrund. Die Menschen in der Region sind mit der realen Gefahr eines verheerenden, umfassenden Konflikts konfrontiert.“