Das Offshore-Umspannwerk für den Windpark Baltic Eagle steht seit dem Februar in der Ostsee. Foto: dpa/Stefan Sauer

Die EU setzt sich ehrgeizige Ziele. Bis 2030 soll der Anteil etwa von Wind-, Solar- oder Wasserkraft am Endenergieverbrauch in der EU auf 42,5 Prozent angehoben werden.

Der Ausbau erneuerbarer Energien soll nach dem Willen der EU massiv vorangetrieben werden. Ziel ist es, den Anteil etwa von Wind-, Solar- oder Wasserkraft am Endenergieverbrauch in der EU bis 2030 auf 42,5 Prozent anzuheben. Am Dienstag wird das Europaparlament in Straßburg dazu mehrere neue Vorschriften annehmen. Damit wird das bisher vorgegebene Ziel von 32 Prozent deutlich erhöht. Zuletzt lag der Anteil der Erneuerbaren EU-weit bei rund 22 Prozent, in Deutschland sogar bei nur knapp über 20 Prozent.

Das Europaparlament und die EU-Kommission hatten sogar vorgeschlagen, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 45 Prozent zu steigern. Damit bissen sie bei den EU-Staaten allerdings auf Granit, die allenfalls mit einer Quote von 40 Prozent einverstanden waren – aus diesem Grund der Kompromiss von 42,5 Prozent. Die Überarbeitung der bestehenden Richtlinien ist Teil des Klimapakets, mit dem die EU bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 55 Prozent verringern will. Die EU-Kommission hatte dafür vor einigen Monaten Vorschläge zum Ausbau erneuerbarer Energien und zum Energieeinsparen vorgelegt. Stimmt am Dienstag die Mehrheit für die Richtlinie, muss sie innerhalb der nächsten zwei Jahre von den Staaten umgesetzt werden. Die EU will so auch unabhängiger von russischen Gasimporten werden.

Europa zeigt sich von seiner unbürokratischen Seite

Jens Geier, industriepolitischer Sprecher der Europa-SPD, erklärte vor der Abstimmung im Parlament: „Mit dieser Zustimmung geben wir eine doppelte Antwort auf den russischen Angriffskrieg und die Klimakrise.“ Und der Sozialdemokrat fordert, den Anteil von erneuerbaren Energien „durch schnellere und straffere Planungsverfahren auf mindestens 45 Prozent zu erhöhen“. Mehr preiswerte erneuerbare Energien seien auch die Antwort auf die aktuelle Preiskrise.

„Europa hat sich von seiner unbürokratischen Seite gezeigt“, unterstreicht vor der Abstimmung der CDU-Politiker Markus Pieper, der an der Ausarbeitung des Papiers maßgeblich beteiligt war. Er betont, dass der Ausbau der Erneuerbaren in Zukunft als überragendes öffentliches Interesse eingestuft werde. Das solle schnellere Genehmigungsverfahren garantieren. Zudem könnten „Beschleunigungsgebiete“ ausgezeichnet werden, in denen es Ausnahmen von den Vorgaben des Artenschutzes geben könne. Nach Angaben der EU-Kommission sollen in solchen Sonderzonen die Verfahren nicht länger als zwölf Monate dauern. Außerhalb dieser Gebiete sollten sie nicht länger als zwei Jahre in Anspruch nehmen.

Frankreich blockierte

Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck sprach schon nach den ersten Einigungsschritten von einem großen Erfolg für erneuerbare Energien. Für Deutschland bedeute der Beschluss, dass die Ausbauziele für Windkraft und Solaranlagen durch EU-Vorgaben untermauert und verbindlich gemacht würden, so der Grünen-Politiker. Außerdem gäben die EU-Zielwerte einen Rahmen für einen weiteren Ausbau. Sven Giegold, Staatssekretär im Umweltministerium, rechnete vor, dass das Gesetz bedeute, dass jährlich europaweit die Installation von 100 Gigawatt Windanlagen und Solaranlagen in Angriff genommen werde. Umgerechnet entspreche das täglich 17 Fußballfeldern Photovoltaik, 16 Windrädern an Land plus vier Windrädern zur See.

Verzögert wurde die Richtlinie am Ende vor allem durch eine Blockade Frankreichs, das die Rolle der Atomkraft als saubere und nachhaltige Energie wesentlich stärker berücksichtigt haben wollte. Dabei ging es um den sogenannten „roten Wasserstoff“ für die Industrie, der mit Strom aus Kernenergie produziert wird.

Roter und grüner Wasserstoff

Mit Wasserstoff soll bei der Produktion unter anderem fossiles Gas ersetzt werden. Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt. Wird dabei Strom aus erneuerbaren Energien verwendet, gilt der Wasserstoff als grün und CO2 -frei.

Nach Ansicht von Paris sollte dieser „rote Wasserstoff“ auf die Stufe von „grüne Wasserstoff“ gestellt werden, der aus Wind- oder Sonnenkraft hergestellt wird. Dieser Vorstoß aber wurde im Laufe der Verhandlungen mit einem fast schon EU-typischen Anrechnungstrick praktisch verhindert. Länder dürfen für die Industrieproduktion roten Wasserstoff als grünen Wasserstoff benutzen, wenn sie beweisen, dass sie das Ziel von 42,5 Prozent erreichen. Das ist für ein EU-Land kaum zu schaffen, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass roter Wasserstoff auf grüne Umweltziele angerechnet wird.