Sehen so Sieger aus? Nach dem 25. Mai wissen Stuttgarts Freie Wähler mehr Foto: Horst Rudel

Stuttgarts Freie Wähler sehen sich als Alternative zu den etablierten Parteien, wollen künftig aber wieder an der Seite einer wiedererstarkten CDU mehr mitentscheiden.

Stuttgart - Die Gemeinderatswahl eine Richtungswahl, von öko-sozial zur sogenannten bürgerlichen Mehrheit – nein, derlei Vokabeln kommen Jürgen Zeeb nicht über die Lippen. Lieber verweist er auf die Unabhängigkeit der Freien Wähler (FW). Zu deren Selbstverständnis gehöre es, „sich als Alternative zu den etablierten Parteien zu präsentieren“, sagt der FW-Fraktionschef. Sechs oder sieben Sitze wie bisher im 60-köpfigen Stadtparlament sollten es daher schon wieder werden, „um mäßigend einzuwirken, wenn Sitzungen ins Polemische abgleiten“.

Nur Mittler im Parteienzwist zu sein, ist den Freien Wählern natürlich zu wenig. Es ist kein Geheimnis, dass ihnen dabei Grüne und SPD nicht allzu nahe stehen, und mit den Linken und der Gruppierung Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) können sie noch weniger anfangen. Mit dem Satz „Wir wollen nicht mehr die zweite Geige spielen“ äußert Zeeb nichts anderes, als den Wunsch, endlich wieder an der Seite der CDU Stadtpolitik mitzubestimmen. Mit dem Debakel der Union bei der Wahl 2009 war den Freien Wählern nämlich der starke Partner abhanden gekommen.

Ein bisschen Abgrenzung sollte dennoch sein, deshalb folgt sogleich der Seitenhieb. „Wir sind gute Demokraten und haben uns an die neuen Verhältnisse gut angepasst“, sagt Zeeb. Anders die CDU, mancher Konservativer ist bekanntlich bis heute mit den Wählern von damals beleidigt.

Die Freien Wähler sieht Zeeb auf einem guten Weg in den nächsten Gemeinderat. Er wäre ein schlechter Vormann, würde er anderes behaupten. Seinen Optimismus speist er aus dem Personal in der Fraktion, namentlich den beiden Frauen: Rose von Stein und Ilse Bodenhöfer-Frey, die für den altershalber ausgeschieden Stefan Palmer nachgerückt ist. Dass erstere nach ihrem Weggang von der FDP den Freien Wählern eher unverhofft einen zusätzlichen Sitz im Rat verschafft hat, spielt für Zeeb eine untergeordnete Rolle. „Mit ihrer engagierten Arbeit hat sie uns gut getan.“ Beide Frauen sollen symbolisch für Veränderung stehen und all jene widerlegen, die den Freien Wählern gerne das Attribut Altherrenriege verpassen. Tatsächlich finden sich aber auf der FW-Liste nach wie vor zahlreiche Kandidaten im gesetzteren Alter. Auch die aktuellen Stadträte und Spitzenkandidaten, der Architekt Zeeb, der Wengerter Konrad Zaiß, die Ökonomin Rose von Stein, der Apotheker Christoph Gulde, die Betriebswirtin Ilse Bodenhöfer-Frey und der Handwerksmeister Gerhard Veyhl, sind weit jenseits der 50.

Dafür sei man neben den Hochburgen Bad Cannstatt, Stuttgart Nord und in den nördlichen Neckarvororten inzwischen wieder in vielen Stadtbezirken präsent. so Zeeb. Ergebnis eines Netzwerks, dass Mitglieder wie Jochen Heidenwag und Ulrich Demeter gegründet haben. Der Umschwung hin zu einer Art Erneuerung sei angesichts von 15 Prozent mehr Mitgliedern „gut gelungen“, glaubt der Fraktionschef.

Die politische Richtung hat sich dabei kaum verändert. „Wir sind nach wie vor nicht Fahrradfixiert“, sagt Zeeb. Dennoch glaubt er, gerade für junge Wähler – erstmals darf ab 16 gewählt werden – eine Alternative zu bieten. Wenn die Freien Wähler einen Schuldenhaushalt wie den letzten ablehnten, „dann denken wir auch an die nächsten Generationen“. An Zuspruch auf den Wochenmärkten mangle es jedenfalls nicht.