Stadtrat Johannes Jauch hilft den Schülern bei ihrem fiktiven Fraktionsantrag. Foto: Jens Noll

Beim einem Planspiel der Friedrich-Ebert-Stiftung bereiten Neuntklässler der Realschule Bonlanden und der Jahnschule Harthausen einen Gemeinderatssitzung vor.

Bernhausen - Am Vorabend waren sie in der Sitzung des Ausschusses für Technik und Umwelt in Bernhausen noch Zuschauer. An diesem Tag schreiben die Realschüler selbst ihre Anträge. „Reizbegriffe vermeiden“, „immer positiv formulieren“, „Thesen begründen“ – mit Rat und Tat unterstützen fünf Kommunalpolitiker, die auch im echten Leben Fraktionsanträge schreiben, die Schüler.

Die SPD will bessere Busverbindungen, die FDP fordert mehr Angebote für Jugendliche, die Grünen möchten ein Sommerfest für junge Leute, die Freien Wähler wünschen sich Unterkünfte für Obdachlose und die CDU hätte gerne mehr Projekte für Migranten. Die Forderungen der Gemeinderatsfraktionen sind nicht echt, sondern Teil eines Planspiels. Realitätsfern sind die Ideen aber nicht, die die 42 Schüler der Realschule Bonlanden und der Jahnschule Harthausen gesammelt haben.

„Wir wollen den Schülern ein Gespür für Demokratie geben und vermitteln, dass Politik nicht nur in Berlin stattfindet“, erklärt Bojana Zivkovic die Idee des Planspiels Kommunalpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung. In dem Planspiel, das die Stiftung vor einigen Jahren entwickelt hat, werden die Jugendlichen zu Stadträten, bereiten in Fraktionen eine Gemeinderatssitzung vor, erstellen Anfragen und Anträge und treffen unter Sachzwang Entscheidungen.

Kommunalpolitik kommt im Unterricht zu kurz

Bojana Zivkovic studiert Jura in Heidelberg und leitet das Planspiel gemeinsam mit Vinzenz Huzel. „Es geht hier nicht darum, eine politische Meinung aufzudrängen, sondern darum, ein Gefühl für Politik zu bekommen“, erläutert sie. Huzel, studierter Politikwissenschaftler und Verwaltungswirt, ergänzt: „Im Unterricht befassen sich die Schüler oft mit Bundes- und Landespolitik. Was sich vor der Haustür abspielt, darüber macht man nicht viel.“

„Kommunalpolitik ist das, was die Schüler betrifft“, bestätigt Sonja Wenke, die Klassenlehrerin der 9d von der Realschule Seefälle. Zum ersten Mal ist die Schule bei dem Planspiel dabei und erweitert damit eine Kooperation mit der Jahnschule. Die Lehrerin hat ihre Schüler bereits am Montag beim theoretischen Teil des Planspiels begleitet. Abends war sie dann mit ihnen in der Ausschusssitzung. Sie bedauert es, dass die Schüler gerade gehen mussten, als der Lärmschutz in der Seefällehalle diskutiert wurde, ein Thema, das auch die Schüler als Betroffene interessiert.

Von der Theorie zur Praxis – nach diesem Prinzip verläuft das Planspiel. Erst lernen die Schüler die wichtigsten politischen Begriffe und vergleichen die kommunale Ebene mit der Bundesebene. Dann setzen sie ihr Wissen in die Praxis um. In kleinen Gruppen diskutieren sie als Fraktion ihr Anliegen und füllen ein Antragsformular aus. Passend zur Fraktion sitzt ein Vertreter des Gemeinderats dabei: Matthias Weinmann (FW), Walter Bauer (SPD), Andrea Jelic (Grüne/FFL) Christoph Traub (CDU) und Johannes Jauch (FDP). Sie geben Denkanstöße, sammeln die Argumente zur Untermauerung der Wünsche und helfen, die Anträge klar und schlüssig zu formulieren. Bis 11.30 Uhr müssen die Anträge fertig sein, damit sie kopiert und an die anderen Fraktionen verteilt werden können.

„Am Freitag ist das große Finale“, teilt Vinzenz Huzel mit. Von 10 bis 12 Uhr werden die jungen Räte dann im Rathaus eine gespielte Gemeinderatssitzung abhalten. Die Leitung hat wie beim „echten“ Gemeinderat Oberbürgermeisterin Gabriele Dönig-Poppensieker.