Gute Stimmung? – Um die Abschiebung afghanischer Asylbewerber – hier eine Gruppe während einer Informationsveranstaltung im hessischen Neu-Isenburg – ist unter den Bundesländern offener Streit entbrannt. Foto: dpa

Die Auseinandersetzung um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan gewinnt an Schärfe. Dabei wäre es höchste Zeit, sich endlich am sachlich Gebotenen zu orientieren, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Alle haben recht. Trotzdem läuft es schlecht. Weil sich die notwendige Debatte über die Abschiebung von Afghanen aus Deutschland ideologisch auflädt und – wohin man auch hört – zunehmend auf Teile der Wahrheit verengt.

Recht hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl: Es ist unhaltbar, dass Bundesländer ohne CDU oder CSU in der Regierung eigenmächtig und absprachewidrig abgelehnte Asylbewerber nicht mehr nach Afghanistan zurückschicken. Weiter kann man sich schließlich kaum entfernen von einer berechenbaren und deutschen Steuerzahlern glaubhaft vermittelbaren Politik.

Recht haben aber auch die Landesregierungen, die Vorbehalte gegen das Abschieben nach Afghanistan vorbringen. Dort ist der Krieg um Räume und Wege, die für den Drogenhandel eine Rolle spielen, ja nicht vorbei. Er wird nur mit weniger internationaler Beteiligung geführt als 2001 bis 2014. Wäre die Lage einigermaßen stabil, würde deutsche Entwicklungshilfe mehr bewirken, würden deutsche Beamte und Soldaten ihren Dienst in Afghanistan nicht nur in schwer gesicherten Liegenschaften verrichten.

Klar, viele Afghanen bringen ausweislich der im November veröffentlichten Flüchtlingsstudie der Bundesagentur für Arbeit besonders schlechte Voraussetzungen für die Integration mit. Und nach 15 Jahren Bundeswehreinsatz klingt das Eingeständnis, Afghanistan sei kein sicheres Herkunftsland, nicht gerade nach Erfolg. Aber das können nicht die Gradmesser für eine faire Abwägung von Asylgründen sein. Kurzum: Da müssen die Bundesländer nochmals ran. Und zwar unideologisch und mit der Aufgabe, Deutschland wieder zu einem einheitlichen Rechtsraum zu machen.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de