Nur noch ein Pappkamerad vor leerer Kulisse: Martin Schulz Foto: AFP

Erst schoss Sigmar Gabriel die Schulz-Bastion sturmreif, dann erledigte die Partei den Rest, kommentiert unser stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Molitor.

Stuttgart - So geht er dann dahin. Martin Schulz verlässt die politische Bühne mit leeren Händen. Kleinlaut und entnervt, vom Wähler verlassen und der eigenen Partei vertrieben. Vor ihm und hinter ihm liegen die großen und kleinen Scherben, die der abgehalfterte Parteivorsitzende und ausgeträumte Außenminister seiner SPD in überreichlichem Maß vor die Füße gekippt hat.

Die meisten Genossen nennen den Schulz-Abgang folgerichtig und Notwendig

Überraschen kann der Abgang nicht. Hatte Schulz nicht schon Ende September nach der Bundestagswahl vor Monaten mannhaft erklärt, er werde nicht in ein Kabinett Merkel eintreten? Überraschend war allenfalls, dass Schulz sich viele Wochen und Monate nicht mehr daran zu erinnern wusste. Hätte er es getan, der SPD wäre nach dem Wahldebakel viel unnötiges Hick und Hack erspart geblieben. Jetzt sagt Schulz leise servus und stellt sich zum letzten mal so widerwillig wie unglücklich in den Dienst seiner Partei, die ihn einst in aberwitzige Höhen gehoben hatte, um ihn jetzt mit kaltem Mitleid fallen zu lassen. Sein Schritt zeuge von beachtlicher menschlicher Größe, ruft ihm Andrea Nahles artig hinterher. Die meisten anderen Genossen nennen ihn einfach nur notwendig und folgerichtig – und hoffen auf etwas, das sich wie Glaubwürdigkeit anhört.

Der parteiinterne Druck auf Schulz, insbesondere aus seinem eigenen NRWLandesverband, zeigt aber auch, wie verunsichert die gesamte Parteispitze ist, wenn es darum geht, den schwarz-roten Koalitionsvertrag bei der Mitgliederbefragung sicher ins Ziel zu tragen zu können. Das lässt für die nächsten drei Wochen nichts Gutes erwarten. Während die Jusos bereits ihre NoGroko-Kampagne gestartet haben, lässt sich die Parteispitze noch eine gute Woche Zeit, für Schwarz-Rot zu werben. Und die Angst läuft mit.

Zwei Alpha-Männchen reiten in den Sonnenuntergang

Martin Schulz hat schon jetzt verloren. Er wird nicht ins Außenministerium einziehen und Sigmar Gabriel verdrängen. Dass der nach seinem ruppigen Frontalangriff auf Schulz aber nun im Amt bleiben darf, glaubt wohl nur Gabriel selbst. Auch wenn man sich neu sortieren muss: Die SPD wird in ihrer zweiten oder jüngeren Garnitur gewiss einen oder eine finden, die den Job gern übernimmt.

Und so reiten sie in den Sonnenuntergang. Zwei an sich selbst gescheiterte Alpha-Männchen. Die Karawane zieht ohne sie weiter. Wer weiß wohin.

wolfgang.molitor@stuttgarter-nachrichten.de