Mit schrillen Tönen startet die Arbeitgeberseite in die Metall-Tarifverhandlungen. Doch bekanntlich ist die Forderung nicht das Ergebnis.

Stuttgart - Der neue IG-Metall-Landeschef Roman Zitzelsberger ist kein Scharfmacher. Er wälzt umfangreiches Zahlenmaterial über Konjunkturprognosen, Rohstoffpreise und Umsatzrenditen, um die Tarifforderung für die nun gestartete Tarifrunde zu begründen. Und er widersteht der Versuchung, durch laute Töne überzogene Erwartungen zu schüren. Dass nun nicht die Gewerkschaft, sondern die Arbeitgeberseite mit Streik droht, wirkt vor diesem Hintergrund wie ein Betriebsunfall. Die „Bereitschaft, es am Ende auf einen Konflikt ankommen zu lassen“, sei deutlich höher als früher, ein Arbeitskampf „nicht ausgeschlossen“, sagt Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth und erhöht damit genau die Streikgefahr, vor der die Arbeitgeber warnen.

Einerseits schreiben die Autohersteller Rekordergebnisse und beglücken ihre Mitarbeiter mit Gewinnbeteiligungen bis zu den 8911 Euro, wie sie nun Porsche bekanntgegeben hat. Andererseits sind aber die Risiken kaum kalkulierbar: geopolitische Gefahren vom Nahen Osten bis zur Ukraine, eine Geldpolitik, die mit gewaltigem Einsatz die EU-Konjunktur ankurbeln will – und nicht zuletzt eine ungute Abhängigkeit vom schwächelnden chinesischen Absatzmarkt. Selten war es so schwierig wie jetzt, ein angemessenes Niveau für eine Steigerung festzulegen.

Die IG Metall hat – auch auf Betreiben Zitzelsbergers – trotz Rekordgewinnen in wichtigen Unternehmen eine niedrigere Forderung aufgestellt als in der vorigen Tarifrunde. Das zeugt davon, dass sie vor diesen Risiken nicht die Augen verschließt. Augenmaß ist bei diesen Verhandlungen enorm wichtig – auf beiden Seiten. Um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, sollten die Matadoren ihre Megafone vorerst eingepackt lassen. Sie werden sie schon noch einsetzen können.

k.koester@stn.zgs.de