SPD-Chef Sigmar Gabriel will Änderungen bei der Familienförderung Foto: dpa

Strategisch ist der Vorstoß des SPD-Chefs zur Familienpolitik verständlich, inhaltlich liegt Gabriel aber weit weg von der Realität, meint unser Berlin-Korrespondent Markus Grabitz.

Berlin - Politisch ist klar, was Sigmar Gabriel (SPD) mit seinem Zwischenruf zur Familienförderung erreichen will. Es ist ein strategischer Aufschlag des SPD-Parteichefs. Er will helfen, endlich wieder für seine Partei ein Thema zu besetzen, was die Mitte der Gesellschaft betrifft – Familienförderung. Er will Manuela Schwesig, Familienministerin und Hoffnungsträgerin der Genossen in recht düsterer Lage im Bund, Unterstützung zuteil werden lassen.

Schwesig betreibt ihr Geschäft ja auch durchaus mit Erfolg: Ob Frauenquote, gleiche Bezahlung für Männer und Frauen oder steuerlicher Freibetrag für Alleinerziehende – der Politikerin aus Schwerin gelingt es prächtig, diese populären Themen zu besetzen. Sehr zum Ärger der Union übrigens: Vorbei sind damit die Zeiten, in denen die Wähler mit dem Thema Familie automatisch die Unionspolitikerin Ursula von der Leyen verbinden. Jetzt steht das Gesicht von Schwesig dafür.

In der Sache aber irrlichtert Gabriel. Sein Satz, das System der Familienförderung führe dazu, „dass Kinder nach unten verelenden“, ist nicht haltbar. Gabriel will nicht einmal das Kindergeld massiv anheben. Vielmehr will er mit dem Prinzip brechen, dass Spitzenverdiener über den steuerlichen Freibetrag mehr Geld heraus holen können als Normalverdiener über das Kindergeld. Gut gebrüllt, es geht nur nicht so, wie er es sich vorstellt. Der progressive Verlauf der Kurve bei der Einkommensteuer bedingt es nun einmal, dass ein Steuer-Freibetrag bei höheren Einkommen eine höhere Entlastung entfaltet.