Der Steuerzahler muss doppelt und dreifach zahlen, damit ein Schlagloch repariert wird Foto: dpa

Deutschland lässt seine Infrastruktur verkommen, weil es immer mehr Geld für sogenannte Sozialausgaben aufwenden muss.

Stutttgart - Das Schlimmste hat der deutsche Steuerzahler hinter sich: Die große Koalition hat vergangene Woche ihre letzten Beschlüsse gefasst. Die Gemeinsamkeiten seien – zumindest für diese Legislaturperiode – aufgebraucht, verlautete nach der jüngsten Runde der Koalitionsspitzen. Das heißt: Union und SPD werden bis zur Bundestagswahl im Herbst keinen kostspieligen Unsinn mehr beschließen, der Bürger und Wirtschaft ohne Not belastet.

Aufstieg mit dem Treppenlift

Aber wie das so ist: Das Schlimmste hat der deutsche Steuerzahler auch schon wieder vor sich: einen Wahlkampf im Namen der Gerechtigkeit. Herausforderer Martin Schulz, der neue Superstar der SPD, scheint nur noch ein Wort zu kennen: Gerechtigkeit. Nun versteht jeder darunter etwas anderes, die SPD aber vor allem eins: noch mehr Sozialausgaben, noch mehr Dirigismus, noch mehr Gleichmacherei. Früher kämpfte die SPD dafür, dass die einfachen Leute sich nach oben arbeiten können. Heute plädiert sie für sozialen Aufstieg mit dem Treppenlift.

Zwei Billionen Euro Staatsschulden

Es ist allerdings nicht alleine die SPD, die den Sozialstaat langsam, aber sicher an die Wand fährt. Fast alle anderen Parteien machen mit. Die Grünen sprechen von einer „fairen“ Politik, wenn sie Umverteilung meinen. Und auch die CDU plündert lieber die Rentenkasse als maßzuhalten. Einzig von FDP und AfD kommen sparsame Töne, aber das wird den Kurs der deutschen Politik nicht ändern: Es geht weiter in Richtung Staatslähmung, zwei Billionen Euro Staatsschulden sind offenbar noch nicht genug.

Ein aufgeblähter Bundestag als Symbol

Fast schon kann man dankbar dafür sein, dass sich der Deutsche Bundestag bei der nächsten Wahl voraussichtlich auf über 700 Abgeordnete vergrößern wird, die Sollgröße liegt bei 598. Das Parlament würde so für alle sichtbar zum Symbol eines Staates, der sich immer mehr aufbläht und in dem die Politiker auch dank stark steigender Steuereinnahmen Geld ausgeben, als gäbe es kein Morgen.

Geldverteilerei als Selbstzweck

Wahrscheinlich ist längst die Schwelle überschritten, an der sich die Entwicklung noch hätte stoppen lassen. Zu viele Jobs und Ämter hängen inzwischen an der weitgehend wirkungslosen, oftmals sogar schädlichen Geldverteilerei. Oder wie es der „Cicero“-Autor Alexander Grau unlängst so trefflich formulierte: „Durch die Erfindung immer neuer sozialer Bedürfnisse und immer neuer sozialer Ungerechtigkeiten basteln die Funktionseliten des Sozialstaates – flankiert durch die von ihnen gesponserte Caritas-Industrie – an ihrer eigenen Unersetzbarkeit.“

Dreister Griff in die Taschen

Während die Sozialausgaben explodieren, ist immer weniger Geld da für die Infrastruktur. Der Staat kann seine Kernaufgabe nicht mehr erfüllen, weil er immer mehr Mittel für Zweit- und Drittrangiges verpulvert. Der Sanierungsstau bei Straßen, Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden ist riesig. Dreist führt die Politik dann eine Infrastrukturabgabe ein, auch Pkw-Maut genannt. Der Steuerzahler muss also inzwischen mindestens doppelt dafür zahlen, damit wenigstens ein paar Schlaglöcher gestopft werden. Baden-Württembergs Regierung zählt die Ausgaben für Sanierungen inzwischen sogar zum Schuldenabbau. So betrügt man sich selbst – und den Wähler.

Schuldenbremse? Egal!

Angesichts all dessen ist zu befürchten, dass sich die deutsche Politik in absehbarer Zeit wieder von der selbst auferlegten Schuldenbremse befreien wird. Denn wenn die boomende Wirtschaft auch nur ein kleines bisschen wieder schwächelt, kann die Bremse nicht mehr eingehalten werden. Es sei denn, man würde endlich sparen und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Aber das ist natürlich nicht möglich. Wegen der Gerechtigkeit.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de