Das Pferd: auch ein keltisches Überbleibsel Foto: factum/Archiv

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche macht Sindelfingen Party – und in Böblingen macht Geld nicht glücklich.

Sindelfingen - Die Gewerbesteuer sprudelt wie nie zuvor, lauten derzeit die Überschriften überall und natürlich vor allem im Kreis Böblingen. Allein die Stadt Böblingen darf für das laufende Jahr mit 92 Millionen Euro rechnen, Sindelfingen bekommt sogar noch 40 Millionen mehr. Klar, dass Gemeinderäte und Verwaltungen bei solchen Summen auf Ideen kommen. In Sindelfingen wird deshalb im kommenden Jahr ordentlich auf den Putz gehauen. Zur Fußballweltmeisterschaft gibt es wieder das einzige Public Viewing weit und breit. Außerdem leistet sich die Partystadt für 50 000 Euro einen Pferdeumzug. Einfach, weil es beim Stadtjubiläum vor fünf Jahren so schön war. Und die Sanierung vom Café Wies’n im Sommerhofenpark lässt sich die Verwaltung schlappe 850 000 Euro kosten. Peanuts!

In Böblingen bringen die Ausgaben Einnahmen

Im bodenständigeren Böblingen wird das Geld hingegen nicht so vergnüglich zum Fenster hinausgeworfen, sondern gewinnbringend eingesetzt: Auf Antrag der Freien Wähler und der Grünen sollen zwei zusätzliche Stellen im Ordnungsamt geschaffen werden. Diese bemerkenswerte Allianz ist nämlich der Meinung, dass auf dem Schlossbergring dringend aufgeräumt gehört – mit Falschparkern. Sie blockieren in den Abend- und Nachtstunden ungeniert den Radweg, Behindertenparkplätze und Feuergassen. Strafzettel sollen sie zur Räson bringen! Bei den zu erwartenden Einnahmen könnte die Investition am Ende ein Nullsummenspiel werden.

Allerdings haben die Böblinger Stadträte längst festgestellt, das Geld nicht glücklich macht. Das Radverkehrskonzept kommt trotz vorhandener Mittel nicht in die Gänge. Bereits bei den vergangenen Haushaltsberatungen stellten die Fraktionen eine Wunschliste zusammen, von der bislang Nullkommanichts in Erfüllung ging. Es stockt am Personal. Anders als Ordnungshüter lassen sich Ingenieure momentan sogar von vermeintlichen Millionären schwer angeln. Denn anders als den Bauunternehmern sind der Verwaltung beim Gehalt Grenzen gesetzt. Trösten können sich die Radfahrer immerhin damit, dass am Schlossbergring wenigstens bald einer der wenigen vorhandenen Radwege nicht mehr zugeparkt wird.

Mysteriöse keltische Maßeinheiten

In Schönaich würde sich sicherlich so mancher Gemeinderat solche Wohlstandsprobleme wünschen. Mit Ach und Krach hat die Kommune mangels Moneten ihren Haushalt verabschiedet und kurz darauf ihren Rathauschef als Finanzbürgermeister an den benachbarten Krösus verloren. Die typische Reaktion in schweren Zeiten: Man flüchtet sich in die Vergangenheit. Der Heimatverein hat dort tatsächlich einen unbezahlbaren Fund gemacht. Statt Geld zählen die Hobbyhistoriker lieber Phänomene. Unter anderem eine Linie, die von Nagold nach Esslingen reicht, auf der sämtliche Kirchen dazwischen liegen. Die frühen Schönaicher Höfe befinden sich genau 185 Meter davon weg. Und die Entfernung der Kirchtürme von Schönaich und Steinenbronn beträgt genau 4,4 Kilometer. Zudem bilden die Kirchtürme von Schönaich, Weil und Holzgerlingen ein gleichseitiges Dreieck, werden sie verbunden.

Für die Geschichtsforscher sind diese Zeichen eindeutig: Bereits die Kelten haben Schönaich gegründet, weil die Gotteshäuser logischerweise auf ihren kultischen Stätten erbaut wurden. Die Gemeinde kommt damit auf ein Alter von rund 3000 Jahren. Damit lassen sich zwar weder Parksünder abschrecken noch Fahrradwege bauen. Aber dafür gelten keltische Maßeinheiten im Ort (185 Meter entsprechen einem Stadium, und 4,4 Kilometer sind zwei Leugen). Und schon lange vor Christus war Schönaich eine leuchtende Erscheinung: Der Ortsname soll von Schenaichet abstammen, der so viel wie Scheinfeld heißt. Das bezeichnet den Platz, von dem der weithin sichtbare Schein eines Sonnwendfeuers ausging – während Böblinger und Sindelfinger noch in maßloser Dunkelheit hockten.