Karikatur: Foto: Sepp Buchegger

Du warst ein Mann. Jetzt bist du Familienvater auf dem Weg in den Urlaub. Was machst du hier?

Du warst einmal ein Mann. Jetzt bist du ein Familienvater auf dem Weg in den Urlaub. Die Kinder nerven, die Frau mischt sich ein. Was machst du hier?

Wenn Sie dies hier lesen, bin ich weg. Auf den Malediven vielleicht oder irgendwo in Asien. Ich kann das nicht sagen, weil ich immer Last Minute mache: Wohin die Billigflüge mich tragen, da lasse ich mich nieder. So viel aber ist sicher: Ich liege den ganzen Tag unter Palmen und lese ein gutes Buch. Bereits zum Mittagessen genehmige ich mir das erste Bier und schlummere mich danach für den Abend fit. Wenn die größte Hitze vorbei ist, jogge ich noch ein bisschen am Strand, stähle meine Muskeln im Fitnessraum meines Hotels und stürze mich dann frisch aufgepumpt ins Nachtleben. Ich bin noch nicht zu alt für so was! Ich kann noch in fremden Betten schlafen, wenn Sie wissen, was ich meine.

Wer es noch nicht gemerkt hat: Dies ist eine Geschichte über Männer im Urlaub. Männer im Urlaub wollen Entspannung, Sport, Party und Sex. Frauen im Urlaub wollen Entspannung, Ausflüge, Shopping und ein bisschen Sport. Und dann erst Sex – aber nur, wenn sie nach einem langen, langen Shopping-Tag nicht zu müde dafür sind. Das alles sage nicht ich, das haben Umfragen ergeben. Aber wem erzähle ich das? Die Interessen von Männern und Frauen sind ja praktisch nie deckungsgleich. Es ist wie mit der totalen Sonnenfinsternis. Die sieht man auch höchstens einmal im Leben.

Und damit ist die Geschichte von Männern im Urlaub auch schon wieder beendet. Sie ist frei erfunden, denn ich bin Familienvater. Ein Familienvater ist etwas anderes als ein Mann. Etwas ganz anderes.

Ein Familienvater kann nicht einfach mal irgendwohin in den Urlaub fliegen und tun, wonach ihm der Sinn steht. Er muss Rücksicht nehmen auf seine Frau, seine Tochter, seinen Sohn. Wobei "Rücksicht nehmen" eine vornehme Umschreibung für die Tatsache ist, dass ein Familienvater in Sachen Urlaub eigentlich nichts mehr zu sagen hat.

Wohin die Reise geht, entscheiden heutzutage meist Frau und Kinder. Früher durfte der Mann wenigstens noch die genaue Reiseroute festlegen. Das weiß ich deshalb, weil ich eine Zeit lang mal regelmäßig in der Männersauna war – im öffentlichen Hallenbad unseres Ortes. Unter den zumeist älteren Männern dort gab es eigentlich nur drei Gesprächsthemen: Fußball, Fußball – und dann die Frage, wie man am besten nach Italien oder Österreich oder in die Schweiz gelangt, welche Autobahnen man nimmt und welche Passstraßen man besser meidet. Die Entscheidung über die Reiseroute ist offenkundig eines der ältesten Männerrechte überhaupt.

Inzwischen gibt es aber diese Navigationsgeräte. Faustgroße Teile, die im Auto das Evangelium verkünden: Bitte in zwei Kilometern von der Autobahn rechts abfahren. Gegen diese Frauenstimme hast du als Mann keine Chance mehr. Du kannst hundertmal sagen, dass eine andere Strecke besser wäre. Die Familie glaubt dir nicht.

Das zweitälteste Männerrecht ist das Beladen des Fahrzeugs. Wie man die Koffer so stapelt, dass auch noch die dickbäuchige Kosmetiktasche der Frau und das viel zu große Kuscheltier der Tochter ihren Platz finden, ist bekanntlich eine Wissenschaft für sich. Für derart hoch komplexe Aufgaben, meine Damen, sind nun einmal die Herren der Schöpfung zuständig. Mal ganz abgesehen davon, dass so ein Packvorgang einem auch körperlich alles abverlangt. Auch dieses Recht habe ich inzwischen verloren.

Zugegeben, bei den letzten Urlaubsfahrten sind in den Pausen immer mal wieder ein paar Gepäckstücke auf den Parkplatz gepurzelt, wenn wir das Heck geöffnet haben. Aber kann man es wirklich mir zum Vorwurf machen, wenn das Auto hoffnungslos überladen ist? Pack doch das Auto künftig selber, habe ich meiner Frau gesagt, aber natürlich nicht so gemeint. Wer will schon seiner letzten sinnvollen Aufgabe beraubt werden? Aber sie nahm das Angebot an. Seitdem packt sie das Auto tatsächlich selber. Unglaublich!

Wenn ich wenigstens noch fahren dürfte. Mit Männern am Steuer kommt man ja bekanntlich schneller ans Ziel. Aber nein, alle zwei Stunden wird gewechselt, weil ja nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sonst die Konzentration zu sehr nachlässt. Das gab es früher auch nicht.

Wenn ich nicht fahre, muss ich die Kinder bespaßen. Wir spielen "Ich sehe was, was du nicht siehst" oder so Sachen. Trotzdem wird ihnen schnell langweilig, was man daran merkt, dass sie zu streiten anfangen. Das ist im Auto besonders schön, denn man kann die beiden nicht trennen. Man kann nur brüllen oder jedem von ihnen irgendeine Spielekonsole in die Hand drücken. Dann werden sie gaaanz ruhig. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen verblöden sie dabei zwar, aber dafür lebt Papi ein bisschen länger.

Nichts gegen Kinder. Aber mit Kindern in Urlaub fahren – das ist Stress von Anfang an. Sind sie noch ganz klein, quengeln oder schreien sie. Sind sie etwas größer, fragen sie nach zehn Kilometer Autofahrt: "Sind wir bald da?" Und nach weiteren zehn Kilometern müssen sie das erste Mal aufs Klo.

Ab einem Alter von zehn Jahren werden die Kinder dann aufmüpfig. Sie stellen plötzlich das Reiseziel infrage, dem sie doch eigentlich zugestimmt hatten. Sie nörgeln darüber, dass der Urlaub bestimmt "scheiß-langweilig" werde und sie lieber mit ihren Freunden X und Y daheim im Freibad liegen würden.

Ich bin nicht wehleidig oder so was. Aber ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Es wird der Anreisetag kommen, an dem ich das Genörgel und die Aussichten auf einen verstrittenen Familienurlaub satthabe. Dann werde ich, sollte ich zufällig am Steuer sitzen, die nächste Ausfahrt nehmen und wieder zurückfahren. Ja, und ich werde dabei wie ein Navigationsgerät brüllen: Bitte wenden Sie jetzt!

Oder ich lasse meine Frau rechts ranfahren und werde sagen: "Dann fahrt doch ohne mich weiter!" Und obwohl ich das wie immer nicht so meine, wird sie die Tür zuknallen und tatsächlich weiterfahren. Unglaublich! Wenn Sie also dies hier lesen, bin ich wahrscheinlich schon wieder da.