Der Arbeitsplatz muss nicht immer in der Firma sein. Foto: dpa

Im Schulterschluss mit der Region Stuttgart prüft die Stadt Kirchheim, ob es Interesse an einer Pendlerstation auf dem Gelände der Otto Ficker AG gibt. Das Mietangebot würde Pendlern den Weg in die Büros in Stuttgart und Esslingen ersparen.

Kirchheim - Die Stadt Kirchheim trägt sich mit der Idee, in den leer stehenden ehemaligen Produktionsstätten der Otto Ficker AG in der Stuttgarter Straße eine Pendlerstation einzurichten. Mit dem Angebot hat die Stadt in erster Linie die großen Arbeitgeber in der Region im Visier. Die Station macht es den Unternehmen möglich, je nach Bedarf dort flexibel Büroflächen und -kontingente für ihre Mitarbeiter anzumieten. Der Vorteil: Die Mitarbeiter werden dort abgeholt, wo sie wohnen – im Mittelzentrum Kirchheim – und müssen nicht aufwendig jeden Tag zu ihren Arbeitsplätzen pendeln.

„Der Weg ist kürzer als zum Arbeitsplatz im Zentrum der Region. Dadurch werden die Straße entlastet und die Mitarbeiter und Unternehmen sparen Zeit“, sagt Saskia Klinger, die Wirtschaftsförderin der Teckstadt. Bei ihr laufen die Fäden des Pilotprojekts zusammen, das von der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart (WRS) unterstützt wird und dessen Zielsetzung stark verkürzt lautet: „Damit der Mensch nicht auf der Straße bleibt“.

Verzahnung von Arbeiten, Wohnen und Mobilität

Die griffige Überschrift steht für das Bemühen der Akteure, „die Verzahnung von Arbeiten, Wohnen, Mobilität und Digitalisierung voranzutreiben“. Damit der Mensch in Zukunft nicht auf der Straße bleiben muss, werden Saskia Klinger und ihre Helfer es erst einmal auf sich nehmen, in der Kälte zu stehen. Am Donnerstag verteilen sie von 6 Uhr an Fragebögen an die Frühaufsteher, die mit der S-Bahn zur Arbeit nach Stuttgart pendeln. „In einem ersten Schritt fragen wir den Bedarf der Mitarbeiter ab“, sagt die Wirtschaftsförderin. In einem zweiten Schritt sollen die Unternehmen gefragt werden, welche Erwartungen sie an die neue Arbeitsorganisation richten.

Ihre Antworten und die Resonanz auf den Fragebogen, der auch im Internet unter der Adresse www.kirchheim-teck.de/nextoffice bearbeitet werden kann, entscheidet, ob das Projekt den Weg von der Idee in die Umsetzung gehen wird. „Falls das Interesse groß genug ist, könnten wir in unserer Stadt ein Angebot schaffen, das einerseits die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärkt und andererseits Ressourcen schont“, sagt die Oberbürgermeisterin der Stadt, Angelika Matt-Heidecker. Auch darüber, ob das neue Angebot nun „Pendlerstation“ oder „Office to go“ oder wie jetzt als Arbeitstitel „Next Office“ oder vielleicht ganz anders heißen soll, darf per Fragebogen abgestimmt werden.

Synergieeffekte erwartet

Auch ganz ohne Fragebogen steht die Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart der Teckstadt als Projektpartner zur Seite. „Im Vergleich zur Büroarbeit zuhause bieten Co-Working-Spaces den Vorteil, dass Mitarbeiter mit ihren Kollegen im selben Raum sitzen. Der Kontakt mit Vertretern anderer Firmen kann zu Synergieeffekten führen“, sagt WRS-Geschäftsführer Walter Rogg.

Selbst ein möglicher Betreiber der Pendlerstation steht schon in den Startlöchern. Steffen Kernstock, der seit dem Herbst in der Alten Schule im Kirchheimer Teilort Jesingen einen Co-Working-Space anbietet, zeigt auch an der erweiterten Form starkes Interesse. „Da geht es locker um eine Größenordnung von rund 100 Arbeitsplätzen“, sagt Kernstock, der als Berater des privaten Investors schon mehr als einen Fuß in der Türe hat. Ihm schwebt vor, in dem markanten Industriebau an der Stuttgarter Straße nicht nur Büroarbeitsplätze, sondern auch Experimentallabors einzurichten. „Dort könnte man dann einen Werkstattbetrieb direkt mit Computerarbeitsplätzen verbinden“, sagt er.

Das Kirchheimer Pilotprojekt soll auch Erkenntnisse über die Stadtgrenzen hinaus liefern. Nicht nur die Pendler sparen schließlich Zeit und Geld auf dem Weg zur Arbeit. Die gesamte Region würde von der Entlastung der Verkehrsachsen von und nach Stuttgart profitieren.