Kann das Setzen eines Links in einem journalistischen Bericht eine Straftat sein? Ein Karlsruher Prozess soll dazu mehr Klarheit bringen.
15 Monate nach der Durchsuchung von Radio Dreyeckland hat der Strafprozess gegen einen Redakteur des Freiburger Senders begonnen. Dem 38-Jährigen wird vorgeworfen, mit dem Verlinken einer Internetseite weiteres Handeln einer verbotenen Vereinigung unterstützt zu haben. Angeklagt ist er wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot, wie die Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe am Donnerstag mitteilte. Das Verfahren, das nach Ansicht der Verteidigung grundsätzliche Bedeutung für die Pressefreiheit in Deutschland hat, soll bis Anfang Juni dauern.
Der Redakteur des nicht kommerziellen Senders sagte vor Gericht, er habe den beanstandeten Bericht im Juli vorvergangenen Jahres geschrieben. Laut Vorwurf der Ermittler enthielt der auf der Sender-Homepage veröffentlichte Artikel einen Link auf ein Archiv der verbotenen Vereinigung „Linksunten.Indymedia“.
Der Anklage zufolge findet sich in diesem Archiv unter anderem eine Anleitung zum Bau von Molotowcocktails. Die Vereinigung „Linksunten.Indymedia“ war im August 2017 vom Bundesinnenministerium nach Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg verboten und aufgelöst worden.
„Massiver Eingriff in die Pressefreiheit“
In dem Prozess werde es unter anderem um die Frage gehen, ob es nach dem Verbot überhaupt noch eine aktive Vereinigung gegeben habe, sagte die Verteidigerin des Angeklagten, Angela Furmaniak. Der Landesbezirksleiter der Gewerkschaft Verdi, Martin Gross, teilte per Erklärung mit, der beanstandete Artikel habe zu einer unverhältnismäßigen Reaktion der zuständigen Staatsanwaltschaft geführt: „Dies ist nicht nur ein Angriff auf die Arbeit eines lokalen Radiosenders und einen seiner Redakteure. Dies ist ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit“, kritisierte Gross.
Radio Dreyeckland hat eine lange Tradition als links-alternativer Sender. Ermittler durchsuchten im Januar 2023 zwei Mitarbeiterwohnungen - auch die des angeklagten Redakteurs - und Redaktionsräume. Der Angeklagte kritisierte vor dem Prozess einen „eklatanten Angriff auf die Presse- und Rundfunkfreiheit durch die Karlsruher Staatsanwaltschaft und den Freiburger Staatsschutz“. Das Unterstützen einer verbotenen Vereinigung kann laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden.