Das Geschäft mit dem Krieg war in der Geschichte schon immer ein lukratives Geschäft. Auch heute sind Privatarmeen wie die russische Gruppe Wagner weltweit im Einsatz. Ein Überblick.
Zwischen Moskau und St. Petersburg ist am Mittwoch (23. August) ein Business-Jet vom Typ Embraer Legacy abgestürzt, der regelmäßig von hochrangigen Mitgliedern der russischen Privatarmee Wagner genutzt wurde. Auf der Passagierliste steht der Name des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin und Dmitri Utkin, der als militärischer Anführer der Wagner-Truppe gilt. Der russische Zivilschutz hat den Tod aller zehn Insassen des Flugzeugs bestätigt.
Prigoschin, der lange als Günstling von Präsident Wladimir Putin galt, ist durch die Beteiligung der Wagner-Truppe an der Eroberung Bachmuts im Osten der Ukraine zu einem der bekanntesten Männer Russlands aufgestiegen. Er kritisierte aber auch Moskaus Militärführung und hat zwei Monate vor dem Absturz einen kurzlebigen Aufstand angeführt, den Putin als „Verrat“ bezeichnete.
Wie viele Söldner-Gruppen gibt es weltweit?
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri geht von weltweit Tausenden solcher Firmen aus. Seinen Schätzungen zufolge beherbergen die USA, Großbritannien, China und Südafrika zusammen etwa 70 Prozent des gesamten Sektors. Russland wiederum soll seine Auftragnehmer wohl häufiger als andere Länder zu Kampfeinsätzen hinzuziehen.
Sipri zufolge halten sich die meisten Firmen an Gesetze, „agieren im Rahmen ihres Mandats und tragen im Allgemeinen zur Stabilisierung und Sicherheit bei“. Sie arbeiteten mit den Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen zusammen. So sollen westliche Firmen zum Beispiel in Afrika in Initiativen zur Terrorismusbekämpfung aktiv sein, sich jedoch nicht in direkten Kampfhandlungen beteiligen.
Welche Gruppen beherrschen den Markt für Söldner?
Söldner werden von Auftraggebern aber auch als Stellvertreter in bewaffneten Konflikten eingesetzt, etwa wenn sich die offiziellen Streitkräfte selbst nicht die Hände schmutzig machen sollen:
Gruppe Wagner
Bei dieser Gruppe handelt es sich um eine russische Privatarmee, die der Kreml lange für seine Schattenkriege in verschiedenen Weltregionen einsetzte. Wagner-Söldner waren lange vor dem offiziellen Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine im Donbass aufseiten der Separatisten aktiv. In Syrien kämpften sie als Bodentruppen auf der Seite Moskaus.
In vielen Staaten Afrikas wie der Zentralafrikanischen Republik und Mali ist Wagner aktiv. Die Hilfe für die dortigen Regimes sicherten Russland Einfluss und Prigoschin wirtschaftliche Pfründe, beispielsweise bei der Ausbeutung von Bodenschätzen. Wagner werden schwere Verstöße gegen das Völkerrecht und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.
Weitere russische Söldner-Firmen
Die Wagner-Truppe ist nicht die einzige russische Privatarmee. Der staatliche Energieriese Gazprom ist mit mehreren privaten Militärfirmen aktiv. Weitere werden Experten zufolge von Oligarchen und Rohstoffkonzernen finanziert – offiziell oft als Wachfirmen für strategisch wichtige Objekte.
Blackwater
Das private US-Unternehmen, das nach Umstrukturierungen und Fusionen inzwischen unter dem Namen Constellis bekannt ist, ist eine der größten Sicherheitsfirmen der Welt. Nach eigenen Angaben von 2022 hat Constellis in 45 Ländern etwa 20 000 Mitarbeiter.
International bekannt wurde Blackwater im Irak-Krieg, wo die Firma von 2003 an im Auftrag der US-Regierung operierte. Das Unternehmen sorgte damals immer wieder für Aufsehen und Kritik: Mitarbeiter sollen etwa an Folter-Verhören in Geheimgefängnissen des US-Geheimdienstes CIA beteiligt gewesen sein. Auch mit Kinderprostitution, Vergewaltigung und Waffenhandel wurden sie damals in Verbindung gebracht.
Nachdem im September 2007 Blackwater-Mitarbeiter mehr als ein Dutzend Zivilisten erschossen hatten, wurde der Firma im Irak die Lizenz entzogen. In den USA wurden Jahre später vier Söldner zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Doch kurz vor Ende seiner Amtszeit begnadigte Ex-Präsident Donald Trump im Dezember 2020 die Männer.
Rapid Support Forces
Lange standen die berüchtigten Schnellen Einsatztruppen (Rapid Support Forces, RSF) eng mit dem sudanesischen Militär in Verbindung. Nach dem gemeinsamen Putsch von Streitkräften und RSF gegen Sudans Langzeitmachthaber Omar al-Baschir im April 2019 wurde RSF-Chef Mohammed Hamdan Daglo zum zweiten Mann im regierenden Militärrat hinter Oberbefehlshaber Abdel Fattah al-Burhan. Manche sahen in Daglo, meist Hemedti genannt, gar den eigentlich mächtigsten Mann des Landes. Sein Paramilitär soll nach verschiedenen Schätzungen zwischen 70 000 und 100 000 oder sogar bis zu 150 000 Kämpfer umfassen.
Die RSF gingen aus arabischen Reitermilizen hervor, die während des Darfur-Konflikts in den 2000er Jahren mit dem Segen des Regimes brutal gegen Volksgruppen in der westlichen Provinz vorgingen. Experten werfen den Truppen schwere Menschenrechtsverletzungen und Menschenschmuggel vor. An der rabiaten Unterdrückung der zivilen Opposition waren sie zuletzt auch beteiligt.
Jüngst allerdings eskaliert der Machtkampf zwischen Armee und RSF brutal. Zu gewalttätigen Spannungen führt, dass die RSF-Kämpfer im Zuge des geplanten Übergangs zu einer zivilen Regierung im Sudan in die regulären Streitkräfte eingegliedert werden sollen.
Sadat Defense
Über die Aktivitäten des türkischen Privatunternehmens dringt nur wenig nach außen. Offiziell bietet es Beratung, Logistik und Trainings in Fragen von Militär und Sicherheit an. Die 2012 von einem Ex-Brigadegeneral gegründete Firma will der islamischen Welt helfen, einen „gebührenden Platz unter den Supermächten einzunehmen“.
Es gibt Berichte internationaler Experten, dass Sadat etwa in Kampfgebieten in Syrien, Libyen oder Berg-Karabach im Einsatz und auch an der Niederschlagung des Putschversuchs gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan im Jahr 2016 beteiligt gewesen sei. Das Unternehmen bestreitet hingegen, ein Akteur der türkischen Politik zu sein. In Konfliktregionen will es sich nie aufgehalten haben und auch nicht über bewaffnete Truppen verfügen.
Kritiker werfen der Firma vor, für Erdogan verdeckte Operationen auszuführen. Für die Zeit nach der Präsidentenwahl im Mai 2023 sieht ein Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik die Gefahr, Sadat könne gegen Demonstrationen der türkischen Opposition eingesetzt werden.