„Genügsamkeits-Guerillero“ Otmar Traber bei einem Bühnenauftritt vor zwei Jahren Foto:  

„Hallo Greta“: Der Kabarettist Otmar Traber kehrt auf die Bühne zurück. Mit einem Programm, bei dem Lachen eigentlich schwierig ist.

Kornwestheim - Für Otmar Traber, den Benninger Kabarettisten, der mittlerweile am Bodensee lebt, ist eine mehr als anderthalb Jahre dauernde, coronabedingte Durststrecke vorüber: Er kann wieder auftreten. Am 1. und 3. September feiert er im Asperger „Glasperlenspiel“ die Premiere seines neuen Programms „Hallo Greta, wir bleiben, wie wir sind – eine moderne Bußpredigt ohne Ablass“. Wir haben mit ihm darüber und über die Situation der Kleinkunstbühnen generell gesprochen.

Herr Traber, wie geht es Ihnen nach der langen Zwangspause? Ich habe das Glück, dass Kabarettist nicht mein einziger Beruf ist. Früher habe ich damit gehadert, jetzt bin ich froh darüber, dass ich aus meiner Berufstätigkeit in der katholischen Erwachsenenbildung eine Rente beziehe. Sonst wäre das desaströs. Mein letzter Auftritt war im Januar 2020, seither war nichts mehr. Das Schlimme ist, dass auch die Bühnen selber oft nicht überlebensfähig sind. Damit fehlen dann auch Auftrittsorte. Sollte jetzt noch eine vierte Welle kommen und die Kleinkunstbühnen wieder nicht bespielt werden können, weiß ich persönlich nicht, ob ich überhaupt noch einmal anfangen möchte. Auch die Kleinkunstbühnen selbst sind paralysiert. Sie wissen ja nicht, ob und wie sie für den Herbst und Winter planen können. Auch das Casino in Kornwestheim, das Sie früher betrieben haben, gibt es ja nicht mehr – allerdings schon seit Ende 2019. Ja, das hatte mit Corona nichts zu tun. Zu dem Zeitpunkt war ich schon nicht mehr der Betreiber, ich hatte das krankheitsbedingt abgegeben und hatte es ja auch nur zwei Jahre lang betrieben. Das Problem waren wohl eher die Verbindlichkeiten mit Künstlerverträgen. Ich hatte zwar damals auch einige Angestellte, das waren aber alles 450-Euro-Jobs, die die Leute nebenberuflich gemacht haben. Die hätten auch so überleben können. Angefangen habe ich allerdings nicht in Kornwestheim, sondern im alten Schulhaus in Hoheneck.

Das Casino war für mich von Anfang an ein eher schwieriges Kind. Ich war da etwas naiv und ging davon aus, dass die Leute mir folgen würden, was aber nicht so der Fall war. Ich hatte in das Casino auch viel investiert, aber um so einen Ortswechsel zu bewältigen, braucht man einen langen Atem, das hätte bestimmt fünf Jahre gedauert. Als das Casino dann geschlossen hat, waren wir schon an den Bodensee umgezogen, da konnte ich das mit und aus der Distanz sehen.

Und nun gibt es seit langem wieder ein neues Programm von Ihnen im Glasperlenspiel in Asperg. Welche Rolle hat dabei Corona gespielt? Ich hatte das Thema eigentlich als satirischen Vortrag gedacht und auch schon im Januar 2020 gehalten – die ältere Generation lebt mit ihrem Konsumverhalten auf Kosten der Jüngeren, setzt damit aber das um, was die eigenen Eltern sich für ihre Kinder gewünscht haben, nämlich „es einmal besser zu haben“. Die lange Zwangspause habe ich dann genutzt, um daraus ein ganzes Programm zu entwickeln. Was genau muss man sich darunter vorstellen? Es geht – der Name Greta legt das schon nahe – um den Klimawandel. Wobei der Begriff an sich ja schon eine Schönfärberei ist, das klingt ja nach was Langsamem, Normalem. Mein Begriff ist Klimakatastrophe. Wir haben 2021 in Mitteleuropa Dinge erlebt, die für uns völlig neu waren – ein Tornado in Tschechien, die Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, das ist ein existenziell bedrängendes Thema. … das aber nicht unbedingt etwas für ein Kabarettprogramm ist, oder? Es ist zumindest nicht einfach, und ich bin selber gespannt, wie es funktioniert. Es wird wohl ähnlich wie mein Kirchenprogramm; auch da hat das Lachen wehgetan, aber man konnte sich besser distanzieren. Das geht jetzt nicht. Wir müssen uns fragen: Sind wir bereit zu verzichten und worauf? Ohne Verzicht wird es aber nicht gehen, und der, so meine eigene Erfahrung nach dem Verkauf des Autos, kann auch eine Freiheitserfahrung sein. Und so möchte ich die Leute zu „Genügsamkeits-Guerilleros ausbilden“. (lacht). Nun ist der Klimawandel – oder die Klimakatastrophe – ja ein Thema, das eher die Jüngeren bewegt. Kabarettbesucher und die Gäste des Glasperlenspiels sind dagegen eher etwas älter. Ja. Kabarett ist für die Jungen irgendwie eine Grufti-Veranstaltung. Es wäre toll, wenn man noch jemanden von der Fridays-for-Future-Bewegung mit dazu bringt, aber bislang ist mir das nicht gelungen. Aber ich glaube, dass man unsere Generation über das Enkel-Thema packen kann. Die Enkel können der Türöffner sein. Allerdings bin ich mir auch darüber im Klaren, dass Kabarett zu keiner Verhaltensänderung führt.

Aber vielleicht zu Denkanstößen? Genau. Und deshalb nenne ich das auch Bußpredigt. Aber bei dem Thema gibt es keinen Ablass, man kann sich nicht freikaufen. Das Gespräch führte Sabine Armbruster.

Eheberater mit spitzem Humor

Künstler
Otmar Traber wurde 1954 in Kippenheim in der Ortenau geboren. 23 Jahre lang arbeitete er als kirchlicher Erwachsenenbildner und Eheberater. Von 2012 bis 2017 betrieb Traber seine eigene Kleinkunstbühne zunächst im Alten Schulhaus in Ludwigsburg-Hoheneck, dann im Casino Kornwestheim.

Premiere
Das Programm „Hallo Greta – wir bleiben, wie wir sind“ feiert am Mittwoch, 1. September, und Freitag, 3. September, im Glasperlenspiel in Asperg Premiere. Im Dezember ist dort eine Wiederholung geplant. Eine weitere Veranstaltung wird es am 20. Oktober in Marbach im Gemeindehaus der evangelisch-methodistischen Kirche geben. Beginn ist jeweils um 20 Uhr.