Jürgen Schützinger bei einer Bürgerversammlung im Jahr 2020. Foto: Marc Eich

44 Jahre lang ist Jürgen Schützinger der rechtsextreme Außenseiter im Stadtparlament von Villingen-Schwenningen gewesen. Jetzt ist der einstige NPD-Landeschef überraschend gestorben.

Er gilt als der dienstälteste Rechtsextremist in einem baden-württembergischen Kommunalparlament. Im Gemeinderat von Villingen-Schwenningen saß aber auch sonst niemand länger als er: Jetzt ist Jürgen Schützinger kurz vor dem Ende seiner neunten und – wie er bereits angekündigt hatte – letzten Amtszeit im Alter von 70 Jahren gestorben.

Mehr als 44 Jahre hat Schützinger dem Gremium der „Baden-Württemberg-Stadt“ angehört. Meist saß er abseits – zeitweise aber auch gemeinsam mit seiner ebenfalls mehrfach gewählten Mutter Lieselotte – rechts außen in der letzten Reihe. Mit seinen politischen Ansichten hielt der Mann mit dem langen Bart nie hinter dem Berg. Bei ihm sei am Ende immer ein Flüchtling schuld, äußerte ein Stadtratskollege einmal.

Bündnis mit den Republikanern

Immer wieder verstand es Schützinger, Widerstände gegen eine Badschließung oder einen Hallenbau für sich auszuschlachten. Zuletzt schmolz sein Rückhalt in der Wählerschaft aber. Seine große Zeit hatte der einstige Polizeibeamte, der durch den Radikalenerlass 1982 aus dem Staatsdienst scheiden musste und sich dann als Handelsvertreter durchschlug, zu Anfang der 1990er Jahre. Im Gemeinderat schmiedete er eine Fraktionsgemeinschaft mit den „Republikanern“, die damals auch in den Landtag eingezogen waren. Bei der NPD führte er von 1978 bis 1991 die Landespartei. 2005 kehrte er in dieses Amt zurück und blieb bis 2015.

„Eine politische Legende ist von uns gegangen“, heißt es in einem Nachruf der baden-württembergischen NPD, die mittlerweile unter dem Namen „Die Heimat“ firmiert. Noch am 28. Januar, „kurz vor seiner plötzlichen Krankheit“, sei er zum Kreisvorsitzenden des neu gegründeten Verbandes „Heimat Südbaden“ gewählt worden.

Aiwanger schreibt an Schützinger

Ein letztes Mal war Schützingers Name im vergangenen Jahr durch die Presse gegangen. Ein Brief war aufgetaucht, in dem die Freie-Wähler-Partei im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 ausgerechnet Schützinger um Unterstützung gebeten hatte. Unterzeichnet war das Schreiben von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger persönlich. Allerdings war der Partei wohl nicht bewusst gewesen, wen sie da angeschrieben hatte.

Der Villingen-Schwenninger Gemeinderat gedachte in seiner Sitzung am Mittwochabend in einer Schweigeminute an seinen verstorbenen Rechtsaußen. Welche weitere Ehrungen ihm zuteil werden, müsse noch geklärt werden. „Das ist in diesem Fall nicht so einfach“, sagte ein Sprecher von Oberbürgermeister Jürgen Roth (CDU).

Als Schützinger 2019 für seine 40-jährige Gemeinderatstätigkeit das Verdienstabzeichen in Gold mit Lorbeerkranz erhalten sollte, wurde der OB vom Städtetag zurückgepfiffen. „Man kann nicht die Demokratie bekämpfen und sich dafür von der Demokratie ehren lassen“, hieß es vom Städtetag.