Smart-Produktion im französischen Hambach: Künftig wird der Smart nicht mehr in Europa, sondern in China gebaut – ab 2022. Foto: Daimler AG

Der Autobauer Daimler und sein chinesischer Großaktionär Geely gründen ein Gemeinschaftsunternehmen – und bauen dafür eigens eine Elektroautofabrik in China.

Stuttgart - In einem global ausgerichteten Gemeinschaftsunternehmen, an dem Daimler und Geely jeweils 50 Prozent halten, soll der Smart neu durchstarten. Ziel des Joint Ventures sei, Smart als führende Marke für Elektromobilität weiter zu entwickeln. Dies teilten Daimler und Geely am Donnerstag mit. Wie unsere Zeitung bereits berichtete, hatte es zuvor entsprechende Spekulationen gegeben. Der Vereinbarung zufolge wird die Produktion der nächsten Generation von Smart-Elektromodellen in einer neuen, speziell dafür gebauten Elektroautofabrik in China erfolgen. Der globale Vertrieb soll im Jahr 2022 beginnen.

500 Millionen Investitionen für Hambach

„Für über 2,2 Millionen Kunden ist Smart ein Pionier urbaner Mobilität. Auf Grundlage dieser Erfolgsgeschichte freuen wir uns darauf, die Marke zusammen mit unserem starken Partner Geely weiter voranzubringen“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Besiegelung des Joint Ventures. Zetsche war die vergangenen Tage in China und traf dort Geely-Eigentümer Li Shufu zur Unterzeichnung der Vereinbarung. Das Joint Venture wird voraussichtlich bis Ende 2019 gegründet. Nähere Details nannten die beiden Partner nicht, auch nicht, wie viele Mitarbeiter das Joint Venture haben wird. Man werde gemeinsam die nächste Generation elektrischer Smart designen, entwickeln und in China für den Weltmarkt bauen – mit erstklassigen Produktionsstandards und dem hervorragenden Sicherheitsniveau von Smart.

Im bisherigen Smart-Werk in Hambach (Frankreich) soll künftig ein kompaktes Elektrofahrzeug von Mercedes-Benz produziert werden, womit die Arbeitsplätze laut Zetsche an diesem Standort mit weiteren Investitionen gesichert werden. Daimler will dort 500 Millionen Euro investieren. In dem Werk sind rund 800 Mitarbeiter beschäftigt. Damit übernehme Hambach im Produktionsnetzwerk von Mercedes-Benz Cars eine neue Rolle.

Bis zur Markteinführung der neuen Smart-Modelle ab 2022 wird Daimler die aktuelle Smart-Generation weiterhin in Hambach, wo der Smart EQ Fortwo vom Band läuft, und in Novo Mesto in Slowenien produzieren. Dort wird der Smart EQ Forfour gebaut.

Größter Respekt für Smart

Der Geely-Einstieg bei Smart kommt einer Rettung des in der Branche mitunter als „Bonsai-Benz“ titulierten Fahrzeugs gleich. Der 1998 eingeführte Stadtflitzer hat sich demnach zum Sorgenkind des Daimler-Konzerns entwickelt. Er hat nie die ursprünglichen Planzahlen von 200 000 Stück jährlich erreicht und immer Verluste eingefahren. Bei Daimler hieß es zuletzt, man spreche mit potenziellen neuen Partnern. Bislang wird der Smart, der ab 2020 nur noch mit E-Antrieb auf den Markt kommt, in Kooperation mit Renault gefertigt worden. Im vergangenen Jahr ging der Absatz um 4,6 Porzent auf 128 802 Fahrzeuge zurück.

„Wir hegen größten Respekt für Smart“, sagte Geely-Eigentümer Li Shufu. Smart biete eine einzigartige Attraktivität und einen starken Markenwert. Als gleichwertige Partner setze man sich dafür ein, die Marke Smart weltweit zu fördern, sagte der chinesische Milliardär weiter. Gemeinsam wollen Geely und Daimler das Smart-Angebot ins wachstumsstarke B-Segment ausweiten, also auch Fahrzeuge in der nächsten Kompaktwagengröße anbieten.

Das Design stamme weiter aus dem Mercedes-Benz Design Netzwerk, entwickelt wird das Auto aber von Geely und eben auch in China produziert. Geely werde seine „Erfahrungen und globalen Kompetenzen in Markenmanagement, Forschung und Entwicklung, Produktion, Lieferantenmanagement und anderen Bereichen einbringen“, formulierte es der Geely-Gründer. Die Synergien der Kooperaiton würden beiden Seiten zugute kommen. Gleichzeitig werde man Technologien für Smart auch im Bereich Konnektivität weiterentwickeln, um in der Branche in Zeiten eines breiten Wandels auch künftig an der Spitze zu stehen.

Geely bindet Daimler enger an sich

Mit dem Smart-Deal bindet Geely Daimler noch enger an sich. Vor gut einem Jahr war Geely als Großaktionär bei Daimler eingesteigen und hält 9,7 Prozent. Zudem kooperieren beide Fahrzeugbauer bei Fahrtenvermittlungen im Luxussegment in China – ein so genannter Premium Ride-Hailing-Dienst, für den beide Konzerne ebenfalls ein Gemeinschaftsunternehmen gründeten.

Der chinesische Autobauer Geely ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen und drängt mittlerweile in die Top 10 der Autoriesen. Zu Geely gehören unter anderem auch die Marken Volvo, The London Taxi und Lotus. In China selbst ist Geely der siebtgrößte Fahrzeughersteller mit einem Marktanteil von sechs Prozent.

Branchenexperte Dudenhöffer vom Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen hält den Schritt für richtig. „Dann kommt Daimler mit dem Elektro-Smart nach China und hat mit Geely eine zweite große Verkaufsorganisation“, sagt er. Auch Autoexperte Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen sieht in der Zusammenarbeit Sinn. Unserer Zeitung hatte er gesagt, dass der Daimler-Konzern Elektrofahrzeuge auch im Kleinwagen-Segment benötige. „Und an dieser Stelle könnte eine engere Zusammenarbeit mit Geely tatsächlich eine Chance darstellen, um auch preislich attraktive Elektro-Smarts anzubieten.“