Jamie Leweling ist von Union Berlin an den VfB ausgeliehen. Im Interview äußert er sich auch zu der Frage, ob er gerne in Stuttgart bleiben würde. Foto: Pressefoto Baumann/Julia Rahn

Der Stuttgarter Offensivspieler spricht über Sonderschichten im Training sowie neu entstandene Freundschaften im vergangenen halben Jahr – und äußert sich zu einer möglichen Zukunft beim VfB über den Sommer hinaus.

Jamie Leweling will mit dem VfB Stuttgart zurück in die Erfolgsspur. Vor dem Heimspiel gegen RB Leipzig an diesem Samstag (15.30 Uhr) spricht der 22-Jährige über das Warten auf sein erstes Saisontor, seine sportlichen Ziele – und die Unterschiede zwischen Stuttgart und Berlin.

 

Herr Leweling, Sie sind als einer von sechs VfB-Profis bisher in jedem Saisonspiel zum Einsatz gekommen. Welche Relevanz hat diese Statistik?

Sie zeigt auf jeden Fall, dass der Schritt zum VfB der richtige war. Ich bin ja mit dem Ziel nach Stuttgart gewechselt, wieder mehr zu spielen als vergangene Saison bei Union Berlin. Und das ist voll aufgegangen. Das nächste Ziel ist es, mich für noch mehr Startelf-Einsätze zu empfehlen. Aber die Richtung stimmt.

In Berlin hatten Sie wenig Spielzeit.

Es war keine einfache Saison. Und ein ganzes Jahr mit wenig Spielpraxis holt man nicht in ein paar Wochen auf. Am Anfang habe ich deshalb beim VfB etwas gebraucht, um wieder Sicherheit in die Abläufe zu bekommen. Ich bin immer noch nicht an meinem Limit, aber weiter als zu Saisonbeginn.

Inwiefern?

Ich bringe meine Fähigkeiten mittlerweile häufiger auf den Platz, die Schnelligkeit und Geradlinigkeit auf außen. Ich bin weniger ein Spielertyp wie Chris Führich auf dem anderen Flügel mit Dribblings im engen Raum, sondern komme eher über Wucht und Körperlichkeit.

Machen Sie eigentlich noch regelmäßig Zusatzeinheiten im Kraftraum wie früher?

Nicht mehr so viel. Mit 18, 19 Jahren habe ich das intensiv betrieben und war neben dem Training immer im Fitnessstudio. Damals habe ich Muskelmasse aufgebaut, die ich jetzt nur noch erhalten muss. Die Physis zählt sicher zu meinen Stärken.

Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?

Das Toreschießen ist so ein Thema bei mir.

Sie warten noch auf Ihren ersten Treffer in dieser Saison. Belastet Sie das?

Ganz beiseiteschieben kann man das nicht, als Offensivspieler wird man immer auch an Toren gemessen. Aber es ist kontraproduktiv, sich da reinzusteigern und Druck aufzubauen. Mal haben ein paar Zentimeter gefehlt, mal wurde der Ball abgefälscht. Da spielt auch Glück eine Rolle, das ich gerade einfach nicht habe. Das muss man akzeptieren und weitermachen. Mein erstes Tor für den VfB wird kommen.

Stehen im Training Sonderschichten mit Torabschlüssen an?

Natürlich, das gehört für uns Offensivspieler aber ohnehin zum Programm. Und da treffe ich auch regelmäßig. Jetzt geht es darum, das im Spiel umzusetzen.

Zuletzt beim 0:1 in Bochum ist das nicht gelungen.

Das stimmt. Die Chancenverwertung war da unser großes Problem, auch bei mir persönlich. Ich glaube aber trotz der zwei Niederlagen zum Auftakt nicht, dass wir schlechter als im vergangenen Jahr spielen. Die Struktur stimmt, wir treten weiter dominant auf. Jetzt müssen wir uns noch belohnen.

Spielt das Fehlen der vier Nationalspieler eine Rolle, die beim Afrika- und Asien-Cup unterwegs sind?

Das würde ich nicht sagen. Natürlich fehlt uns ihre Qualität gerade, aber die Gruppe ist auch jetzt noch gut genug. Wir hätten beide Partien dieses Jahr auch gewinnen können.

Einer der abwesenden Profis ist Ihr Konkurrent Silas Katompa. Spüren Sie derzeit einen besonderen Druck oder eine Chance, sich in den Fokus zu spielen?

Weder noch. Konkurrenz hat man immer. Schauen Sie, vor zwei Wochen in Mönchengladbach bin ich am Anfang auch auf der Bank gesessen, obwohl Silas nicht da war. Es gibt keinen Freifahrtschein. Man muss gut trainieren, sonst spielt man nicht. Und ich traue mir zu, in Topform zu unserer ersten Elf zu gehören.

Ihr Leihvertrag läuft im Sommer aus. Würden Sie gerne in Stuttgart bleiben?

Wir spielen einen guten Fußball, ich komme regelmäßig zum Einsatz, Trainer und Teamkollegen sind top – viele Dinge sprechen für Stuttgart. Wenn der VfB sich entscheidet, mich zu kaufen, werde ich sicher nicht Nein sagen. Wenn es nach Berlin zurückgeht, werde ich natürlich auch das annehmen. Aber ich fühle mich auf jeden Fall sehr wohl hier.

Wie sind Sie denn nach einem halben Jahr im Team angekommen?

Sehr gut. Ich hätte echt nicht erwartet, dass wir so eine coole Gruppe haben. Es gibt mehrere Spieler, mit denen ich auch abseits des Platzes etwas mache. Deniz Undav, Atakan Karazor oder Angelo Stiller zum Beispiel, wir gehen öfter mal essen. Und mit Waldemar Anton spiele ich zum Abschalten viel an der Konsole.

Wie gefällt Ihnen Stuttgart?

Es ist alles ein bisschen kleiner mit etwas weniger Trubel als in Berlin. Ich mag das. Hier fahre ich zehn Minuten ins Training – die kurzen Wege sind sehr angenehm – und bin wieder näher an der Heimat.

Sie kommen aus Nürnberg. Wie oft sind Sie noch da?

Ein- bis zweimal im Monat – meistens dann, wenn wir mal zwei Tage in Folge freihaben. Meine Mutter wohnt dort, meine besten Freunde ebenfalls. Nürnberg ist und bleibt meine Heimatstadt.

Zum Schluss noch einmal zurück zum Sportlichen. Was ist drin in dieser Saison?

Die Chance ist so groß wie selten, dieses Jahr im DFB-Pokal weit zu kommen. Viele starke Mannschaften sind schon ausgeschieden. Wenn wir im Viertelfinale in Leverkusen bestehen, ist der Weg nicht mehr weit. Alleine das Finale in Berlin hat einen riesigen Reiz, das ganze Land schaut zu. Und einen Pokalsieg in der Vita zu haben wäre der Wahnsinn. Das ist schon ein Traum.

Zunächst geht es in der Liga am Samstag gegen RB Leipzig.

Das ist ein starker Gegner mit viel Qualität und Tempo. Aber wir haben was gutzumachen nach dem 1:5 im Hinspiel und wollen unbedingt zurück in die Erfolgsspur. Das ist mit unseren Fans im Rücken das klare Ziel.

Über Nürnberg und Berlin zum VfB

Laufbahn
Jamie Leweling (22) wurde in Nürnberg geboren und wechselte mit elf Jahren in die Jugend des FCN. Über die Stationen Greuther Fürth und Union Berlin führte sein Weg zum VfB. Er ist bis Saisonende an die Stuttgarter ausgeliehen, die eine Kaufoption für den Offensivspieler besitzen.

Bilanz
In 67 Bundesliga-Spielen gelangen Leweling bisher sechs Tore und sechs Vorlagen. Seinen ersten Treffer erzielte der elffache deutsche U-21-Nationalspieler dabei im August 2021 in Stuttgart – als er mit Fürth 1:5 beim VfB unterlag.