Noch ist alles in Ordnung. Doch Vincenzo Daniel Okonne weiß, was ihm an Neujahr blüht: Der Eugensplatz und andere Aussichtspunkte werden nach Silvester zugemüllt sein. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Nach der Silvesternacht wird die Stadt wieder wie ein Schlachtfeld aussehen. Die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) rechnet mit gut 80 Kubikmeter Müll – das sind 15 Tonnen. Bis alle Reste der Knallerei beseitigt sind, dauert es voraussichtlich zwei Wochen. Schnee erschwert der Putzkolonne die Arbeit.

Stuttgart - Vincenzo Daniel Okonne weiß schon jetzt, was ihm am Neujahrsmorgen blüht: „Straßen und Plätze werden wieder total zugemüllt sein“, sagt der AWS-Straßenreinigungswart. Der 31-jährige hat schon öfter an Neujahr Dienst geschoben. Auch zur Jahreswende 2014/15 erwischt es ihn. Er ist zum Dienst eingeteilt.

Der Einsatzplan

Von 6 Uhr morgens bis etwa 12.30 Uhr werden Vincenzo Daniel Okonne und 27 Kollegen von der Betriebsstelle Stuttgart-Mitte in der Innenstadt wegräumen, was Tausende in der Silvesternacht auf dem Schlossplatz und den Aussichtsplätzen zurücklassen werden: Flaschen, Holzstäbe, die als Abschussrampen für die Raketen dienten, Bierkisten und Scherben . „Dafür, dass die Papierfetzen von den Böllern liegen bleiben, hab’ ich ja noch Verständnis. Aber alles andere kann man doch wieder mit nach Hause nehmen oder zum Mülleimer tragen“, sagt Okonne.

Die AWS-Reinigungstruppe Mitte wird an der Paulinenbrücke ausschwärmen und schiebt von dort langsam über die Königstraße vor zum Hauptbahnhof und weiter bis zum neuen Einkaufszentrum Milaneo. Begleitet wird der Trupp von drei Kehrmaschinen und vier Papierkorbfahrzeugen, in die die Mülleimer und der zusammengekehrte Dreck geleert werden. Vorarbeiter Antonio Mele führt das Kommando, und er will seine Männer dort einsetzen, „wo es am schlimmsten“ ist. Seine Beobachtung: „Bei gutem Wetter sind die Müllberge höher als bei Regen oder Schnee.“ Trotzdem hoffen der 40-Jährige und sein Team nicht auf schlechtes Wetter. Denn schneller fertig mit der Arbeit würden sie trotzdem nicht. „Vor allem Pappe und Papier klebt auf dem feuchten Boden fest und muss dann statt mit den Maschinen per Hand aufgeklaubt werden“, sagt er.

Die Schwerpunkte

Die AWS rechnet zum diesjährigen Jahreswechsel mit 78 bis 80 Kubikmeter Müll. Das sind umgerechnet etwa 15 Tonnen und entspricht der Menge des Vorjahres. Spitzenreiter der vergangenen fünf Jahre war der Wechsel von 2009 auf 2010 mit 19 Tonnen Müll. Zu den Einsatzschwerpunkten der AWS gehören jedes Jahr der Schlossplatz und die Königstraße sowie Aussichtsplätze wie der Bismarckturm im Stuttgarter Norden, die Haußmannstraße im Osten, der Württemberg in Rotenberg, die Egelseer Heide, der Marktplatz in Wangen, der Santiago-de-Chile-Platz in Degerloch, der Fernsehturm und die Rohrer Höhe. Für die Außenbezirke sind die Betriebsstelle Neckar mit den Außenstellen Wangen und Filder zuständig. Die beiden Trupps, die dort putzen, werden mit zwei Dutzend Leuten und drei Papierkorbfahrzeugen unterwegs sein und sich um 6.45 Uhr in Marsch setzen.

Die Helfer

Bei ihrem Einsatz unterstützt werden die Trupps der AWS von der Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde in Stuttgart. Etwa 40 Muslime werden vor allem im Stuttgarter Osten, Hedelfingen und Bad Cannstatt mit anpacken. „Das machen wir seit mehr als 15 Jahren in der Landeshauptstadt und in vielen anderen deutschen Städten“, sagt Sprecher Mustafa Lyaic. Die muslimische Gemeinde verfolgt mit ihrem Engagement in zwei Ziele: ihre Jugendlichen für das Thema Umwelt zu sensibilisieren und das neue Jahr gleich mit einer guten Tat zu beginnen. „Wir feiern schließlich Silvester mit und räumen anschließend auch mit auf“, sagt Lyaic.

Die Kosten

In etwa sechs bis acht Stunden wollen die Trupps der AWS und die ehrenamtlichen Helfer mit dem gröbsten Dreck durch sein. Dann ist zwar längst nicht der gesamte Müll weggeräumt. „Aber die Straßen sind verkehrssicher“, sagt Okonne. Verkehrssicher heißt, es liegen keine Scherben mehr herum, die platte Reifen verursachen können, und der grobe Müll, der die Karosserie der Fahrzeuge beim Drüberfahren beschädigen könnte, ist ebenfalls beseitigt. Mit den Restarbeiten dauert es erfahrungsgemäß noch die komplette zweite Januarwoche. Die Kosten für die Aufräumaktion an Neujahr liegen bei rund 18 000 Euro.

Die Pflichten der Anwohner

Gefragt sind auch die Anwohner. Zwar muss nach dem Verursacherprinzip entsorgt werden: Wer Müll macht, muss ihn auch wegräumen. Klappt das aber nicht, müssen die Anwohner zum Besen greifen und die Gehwege kehren. Städtische Grünanlagen werden vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt, die landeseigenen Grünanlagen, wie der Schlossgarten, von den Wilhelma-Gärtnern gesäubert. Nur die öffentlichen Straßen und Plätze sind Sache der AWS.