Die Nachricht von der Schließung des „Writer’s Irish Pub“ in Göppingen hat treue Besucher des Lokals geschockt. Einige von ihnen wollen das Erbe von Wirt Liam Cassidy bewahren und betreiben die Kneipe als Verein unter leicht verändertem Namen weiter.
Man kam rein, hat sich ein Bier bestellt und immer Bekannte getroffen.“ So beschreibt Samuel Kengeter seine Erfahrungen im ehemaligen „Writer’s Irish Pub“ In Göppingens Kneipenmeile Kirchstraße. Und Nina Goldmann fügt an. „Man hat sich sofort willkommen gefühlt. Es war immer was los, egal ob Pub-Quiz oder Karaoke.“ Deshalb, so sagt die 24-Jährige, sei es „für alle ein Schock gewesen“, dass der Wirt Liam Cassidy im Frühling nach 14 Jahren recht kurzfristig bekannt gab, auszusteigen. Einigen Stammgästen sei schnell klar gewesen: „Irgendwie müssen wir den Irish Pub retten“, sagt der 40-jährige Kengeter. Auch Göppingens Oberbürgermeister Alex Maier, selber oft Gast im Pub, habe das klasse gefunden. Eine Whatsapp-Gruppe mit dem Aufruf „SOS Irish Pub Rettung“ hatte schnell fast 60 Mitglieder.
Das war im vergangenen Frühsommer. Und im September machten zehn von ihnen Nägel mit Köpfen und gründeten den „Irischen Kulturverein Göppingen“. Das ausgewiesene Ziel: Den Irish Pub als Privatinitiative wiederzueröffnen. Aber mehr als das: „Wir sind auch der irischen Kultur, Lebens- und Braukunst sowie der Pubtradition verbunden“, sagt Kenegeter, der zum Vereinsvorsitzenden wurde. Konzepte wurden geschrieben, die Initiatoren haben sich vernetzt. Das Tolle: „Jeder kannte jemanden, der nützlich war: der eine einen Steuerberater, der andere einen Getränkehändler.“ Die Idee nahm Gestalt an. Aus Ellwangen, wo ein vereinsgeführter Irish Pub bereits seit Jahren erfolgreich läuft, holten sich die angehenden Freizeitwirte Tipps.
Dann begann der Behörden-Marathon. Die Vereinsgründung war schon Papierkram genug. Dazu kamen aber die Gaststättenkonzession und der Mietvertrag für die Gasträume. Alles war von einander abhängig und so zog es sich. Nun aber sind die Pub-Betreiber auf der Zielgeraden: Der Mietvertrag mit der Wohnbau als Eigentümer liegt zur Unterschrift bereit, der Verein ist seit zwei Wochen im Vereinsregister eingetragen, mit der Gaststättenkonzession der Stadt müsste es auch vollends klappen, sagt Kengeter.
Am 9. März soll es dann tatsächlich losgehen. Der Pub öffnet unter Vereinsregie wieder. Einen neuen Namen wird er haben: „Reader’s Irish Pub“ wird das Lokal heißen. Das sei zum einen eine Hommage an den bisherigen „Writer‘s Irish Pub“ von Liam Cassidy. Und das werde sich auch in der Deko niederschlagen, verrät Nina Goldmann. Bücher sollen dabei eine Rolle spielen. Im übrigen wolle man aber das authentische, urige Flair der Kneipe erhalten. Es werde natürlich die irischen Bierspezialitäten und für den aufkommenden Hunger Chips und ähnliches geben. Gekocht wird erst einmal nicht. Denn die Mitglieder sollen ja hinter dem Tresen stehen. Da geht es „very british“, pardon, irisch zu. Das Bier holt man nach Insel-Vorbild an der Bar. Der Irish Pub wird außerdem eine Nichtraucher-Kneipe sein.
Den Machern schwebt ein Event-Konzept mit breitem Angebot und irischem Bezug vor: Natürlich werde es an den Donnerstagen das legendäre Pub Quiz, Karaoke oder Stepdance geben. Geplant ist auch noch eine kleine Bühne einzubauen für Live-Musik-Auftritte oder sogenannte Open-Mike-Veranstaltungen. „Der Community-Gedanke ist uns wichtig“, sagen Goldmann und Kengeter übereinstimmend. Motto: „Aus der Stadt für die Stadt“. An den Abenden von Sonntag bis Mittwoch, an denen nicht für die Öffentlichkeit geöffnet ist, wollen die Macher auch andere Vereine und Initiativen rein lassen. Das ganze Projekt soll einen verbindenden Treffpunkt-Charakter bekommen.
Über ein Crowdfunding soll das Startkapital zusammenkommen
„Wir freuen uns alle riesig darauf, dass es bald los geht.“ Bis es so weit ist, wartet allerdings noch etwas Arbeit: Wände müssen gestrichen, passendes gebrauchtes Mobiliar muss beschafft, das Kassensystem und die Zapfanlage an den Start gebracht werden. Denn das Reader’s-Team setzt auch bei der Finanzierung auf Begeisterung der Göppinger und auf Gemeinsinn. Für Renovierungen, Anschaffungen und erste Einkäufe braucht die Gruppe ein Startkapital von 17 500 Euro. Die Summe soll bis 3. März durch das gestartete Crowdfunding zustande kommen, also durch Spenden der Allgemeinheit. Jeder, der die Idee vom Erhalt des Irish Pub und des Bierhauses Maier unterstützen will, kann auf der Homepage des Pubs spenden. Samuel Kengeter und Nadine Goldmann: „Wir denken schon, dass den Göppingern der Pub so wichtig ist, dass die Summe zusammenkommt.“ Wer mehr als 500 Euro spendet – auch Firmen – wird auf einem Metallschild im Pub verewigt, in einer Art „Hall of Fame“ von Unterstützern.
Pub in einstigem Bierhaus beheimatet
Geschichte
Der Standort in der Kirchstraße von Göppingen war ohnehin schon mehr als eine normale Kneipe. Immerhin ist der Irish Pub in dem fast 200 Jahre alten Wirtshaus-Gebäude untergebracht, in dem bis 2009 das Bierhaus Maier, eine der traditionsreichsten Lokale, ansässig war. Diese Tradition ist den neuen Machern durchaus bewusst.
Eröffnung
Das „Reader’s Irish Pub“ feiert den Neustart am 9. März mit Live-Musik. In der darauffolgenden Woche beteiligt sich der Betreiberverein mit dem Pub an der Musiknacht in der Stadt. Das Pub hat donnerstags von 19 bis 0 Uhr geöffnet und freitags sowie samstags von 19 bis 1 Uhr.
Spenden
Informationen zur Crowdfunding-Kampagne finden Unterstützer auf der Homepage des Pubs.