US-Außenminister John Kerry bei seinem Besuch in Bagdad. Foto: dpa

Nach Druck von US-Außenminister Kerry wollen die verfeindeten Politiker im Irak schneller als erwartet eine neue Regierung bilden. US-Militärberater prüfen nun die Leistungsfähigkeit der Armee.

Nach Druck von US-Außenminister Kerry wollen die verfeindeten Politiker im Irak schneller als erwartet eine neue Regierung bilden. US-Militärberater prüfen nun die Leistungsfähigkeit der Armee.

Erbil - Im Kampf gegen die extremistische Isis-Miliz haben die ersten US-Militärberater ihre Arbeit im Irak aufgenommen. Die 40 vor einigen Tagen in das arabische Land verlegten Soldaten begannen nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums damit, zwei Gruppen zu bilden. Diese sollen Stärken und Schwächen der irakischen Streitkräfte prüfen. Unterstützung erhielten sie von 90 Kollegen, die am Dienstag in der Hauptstadt Bagdad eintrafen.

Isis ist seit zwei Wochen im Irak auf dem Vormarsch Richtung Bagdad und hat weite Teile im Norden und Westen des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Nach Angaben der Vereinten Nationen töteten die Terroristen im Juni mindestens 1075 Menschen. Die meisten waren Zivilisten. Die USA drängen angesichts der Gebietsgewinne der Milizen und ihres brutalen Vorgehens zur Eile.

Nach Gesprächen mit Politikern der verfeindeten Volksgruppen der Schiiten, Sunniten und Kurden gab US-Außenminister John Kerry bekannt, dass das irakische Parlament am kommenden Dienstag (1. Juli) mit der Regierungsbildung beginnen wolle. Zunächst sollen der Parlamentssprecher und danach der Präsident sowie der Ministerpräsident gewählt werden.

Das politische Schicksal des umstrittenen bisherigen Regierungschefs Nuri al-Maliki bleibt unklar. Dessen Allianz für den Rechtsstaat wurde bei der jüngsten Parlamentswahl zwar mit 92 von 328 Sitzen stärkste politische Kraft im Parlament, kann aber ohne Koalitionspartner nicht regieren. Mehrere Politiker, darunter zuletzt der Präsident der kurdischen Autonomieregion, Massud Barsani, forderten Al-Maliki zum Rücktritt auf. Kerry wollte dies nicht kommentieren. Nach den Worten eines US-Regierungsbeamten wollen die Kurden wieder den Präsidenten, die Schiiten den Ministerpräsidenten und die Sunniten den Parlamentssprecher und Vizepräsidenten stellen. Bislang hätten sich die Parteien allerdings nicht auf die Kandidaten einigen können. Möglich ist, dass sich die Schiiten auf einen anderen Kandidaten als Al-Maliki verständigen werden.

Auch Merkel dringt auf schnelle Bildung einer Einheitsregierung

Angesichts des Vormarsches der Isis-Extremisten dringt neben Kerry auch Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die schnelle Bildung einer Einheitsregierung. „Wichtig ist, (...) schnell eine Regierung zu bilden, die das auch verspricht, damit der Staat Irak gegen die Fundamentalisten und Extremisten auch gestärkt werden kann“, sagte Merkel während eines Besuches des jordanischen Königs Abdullah II. am Dienstag in Berlin.

Umkämpft war zuletzt vor allem eine der größten irakischen Ölraffinerien in Baidschi. Der rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Ort ist strategisch bedeutsam. Vom dortigen Kraftwerk werden Bagdad und weite Teile des Landes mit Strom versorgt. An anderen Orten bekommt das irakische Militär offenbar Hilfe von der syrischen Armee. Arabische Medien berichteten, syrische Kampfflugzeuge hätten den Ort Al-Kaim auf irakischer Seite des gemeinsamen Grenzgebietes angegriffen. Dabei seien mindestens 18 Menschen getötet und mehr als 90 verletzt worden.

Kerry präzisierte derweil Äußerungen zu einem möglichen US-Militärschlag gegen die Isis im Irak. Ein solcher Angriff sei ohne eine neue irakische Regierung „komplett und total unverantwortlich“. Es könne nicht „einfach ein paar Schläge“ geben, ohne dass diese durch eine irakische Regierung und das dortige Militär unterstützt werden könnten, sagte Kerry in einem Interview dem TV-Sender CBS. US-Präsident Barack Obama behalte sich einen Militärschlag für den Notfall dennoch vor. Am Vortag hatte Kerry zu verstehen gegeben, dass ein Militärschlag auch während der Regierungsbildung möglich sei.