Der Südwestmetall-Chef Stefan Wolf (rechts) traut seinem Pendant Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall, innerhalb der Gewerkschaft „alles zu“. Foto: dpa

An diesem Samstag begeht die IG Metall in Frankfurt ihr 125-jähriges Jubiläum. Die Metallarbeitgeber sehen die Erfolge der Gewerkschaft in der Tarifpolitik ziemlich kritisch. Der Südwestmetall-Vorsitzende Stefan Wolf hält zudem ihr politisches Gewicht für bedenklich.

Herr Wolf, die IG Metall wird 125 Jahre alt und feiert an diesem Samstag in der Frankfurter Paulskirche. Was ist aus Ihrer Sicht der bisher größte Erfolg der IG Metall?
Sie steht über Jahrzehnte für eine insgesamt verlässliche Sozialpartnerschaft. Damit hat sie sicherlich Anteil an der sehr erfolgreichen Entwicklung unserer Industrie und unserem Wohlstand.
Was ist bisher ihre größte Niederlage?
Das ist ihr vermeintlich größter „Erfolg“, die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche. Die Folge war nicht die erhoffte Verteilung der Arbeit auf mehr Schultern, sondern ein heftiger Kostenschub für unsere Industrie, Arbeitsplatzabbau und Verlagerungen sowie eine Tarifflucht vieler Betriebe. Die IG Metall hat darauf längere Zeit mit einer angemesseneren und flexibleren Tarifpolitik reagiert. Wie nachhaltig dieser Lerneffekt war, muss die Zukunft weisen. Denn in den letzten Jahren ist sie von diesem Kurs wieder abgekommen.
Wie viel politisches Gewicht kommt der Gewerkschaft in Land und Bund zu?
Sie ist für die Politik längst auch auf klassischen Themenfeldern des DGB der wichtigste Ansprechpartner. Daher hat die IG Metall ein sehr großes Gewicht – vielleicht ein zu großes. Häufig gelingt es ihr, tarifpolitische Themen durch gesetzliche Vorstöße zu flankieren, die sie über die Politik platziert. Das halte ich für bedenklich.
Was macht die IG Metall besser als andere Gewerkschaften?
Sie ist gut organisiert, hat eine immense Durchsetzungskraft – und versteht es, politisch die Strippen zu ziehen.
Was erachten Sie als größte Schwäche der IG Metall?
Ihre eigene Stärke. Wenn die Metall- und Elektroindustrie bei Entgelt und tariflichen Standards den anderen Branchen noch weiter enteilt, wird das gesamtwirtschaftlich kein gutes Ende nehmen – damit auch für die Gewerkschaft. Sie muss den Erhalt von Beschäftigung – auch von einfacherer Produktionsarbeit – stärker in den Fokus stellen. Denn ohne Jobs sind alle anderen Erfolge langfristig wertlos, unser Wohlstand gerät in Gefahr.
Trauen Sie Ihrem Pendant Roman Zitzelsberger zu, später einmal Erster Vorsitzender der IG Metall zu werden?
Wir haben persönlich einen guten Draht. Ich schätze ihn und traue ihm innerhalb der IG Metall alles zu. Aber das habe ja nicht ich zu entscheiden.