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Gewalt gegen die Kopten in Ägypten – das treibt auch Pater Johannes Ghali von der koptisch-orthodoxen St.-Georgs-Gemeinde in Stuttgart um. „Die Gefahr ist nicht auf den Nahen Osten beschränkt“, sagt der Pater.

Stuttgart - Gewalt gegen die Kopten in Ägypten – das treibt auch Pater Johannes Ghali von der koptisch-orthodoxen St.-Georgs-Gemeinde in Stuttgart um. „Die Gefahr ist nicht auf den Nahen Osten beschränkt“, sagt der Pater.

Pater Johannes, am Sonntag wurde die St.-Peter-und-Paul-Kirche in Kairo Schauplatz eines Bombenanschlags – 24 Gläubige starben, Dutzende wurden verletzt –, knapp vier Wochen vor dem orthodoxen Weihnachtsfest am 6. Januar. Ein trauriges Weihnachten.
Ja, das ist sehr traurig. Die Nachricht hat mich am Sonntag direkt nach unserem Gottesdienst erreicht. Die Gemeinde war noch in der Kirche versammelt. Ich habe versucht, die Menschen zu beruhigen. Bei vielen hat der Anschlag Erinnerungen an frühere Gewalttaten geweckt. Es mag seltsam klingen: Das einzige Tröstliche daran ist die Tatsache, dass die Menschen beim Gottesdienst ums Leben kamen. Wir sehen sie als christliche Märtyrer an.
Haben Sie Kontakt zu der Gemeinde dort?
Ein Mädchen aus meinem Bekanntenkreis wurde bei dem Anschlag getötet.
Die koptisch-orthodoxe Kirche in Ägypten zählt – je nach Quelle – zwischen fünf und zehn Millionen Gläubige. Wie ist die Stimmung unter den Menschen?
Die Situation ist gerade sehr schwierig. Viele fragen sich: Wie war es möglich, dass der Selbstmordattentäter die Kirche mit Sprengstoff betreten konnte?
Woher rührt die Gewalt gegen die Kopten?
Wir sind Christen – das allein ist für manche schon ein Grund. Außerdem werden wir mit der Regierung von Präsident as-Sisi in Verbindung gebracht. Viele Muslimbrüder sehen Gegner in uns.
Gibt es Hoffnung auf Besserung?
Hoffnung haben wir immer. Ich hoffe darauf, dass die ganze Welt den Kampf gegen den Terror aufnimmt. Aber nicht nur mit Waffen. Auch mit Dialog und Kultur. Uns muss klar sein: Die Gefahr ist nicht auf den Nahen Osten beschränkt. Man weiß nicht, was passiert, wenn die ausländischen Kämpfer aus Syrien in ihre Heimatländer zurückkehren. Diese Leute können oft nichts anderes als kämpfen.
Wie viele Kopten leben in Stuttgart?
Ich betreue die koptisch-orthodoxe Gemeinde in Baden-Württemberg – etwa 300 Familien. In Stuttgart sind es rund 100 Familien. Die Gemeinde wächst, bedingt durch Studenten der deutschen Uni in Kairo, die hier ihr Studium abschließen.
Wie verarbeiten Sie als Gemeinde die Terrorerfahrung?
Etliche evangelische und katholische Geistliche haben sich gemeldet. Das tut gut. Der Gottesdienst am nächsten Sonntag steht im Namen der Märtyrer von Kairo. Anschließend werden wir zusammensitzen und darüber sprechen, was passiert ist. Verstehen kann man es nicht.