Ludwigsburg hat seit 2017 einen Jugendgemeinderat. Er tagt, wie sein erwachsenes Pendant, im großen Sitzungssaal des Rathauses. Foto: factum/Archiv

Bei der Kommunalwahl am 26. Mai dürfen auch 16-Jährige wählen. Ein Online-Seminar von Birgit Opielka soll sie vorbereiten. Aber interessieren sich Jugendliche für Kommunalpolitik?

Remseck -

Im April 2013 senkte der Landtag Baden-Württembergs das Wahlrecht bei Kommunalwahlen von 18 auf 16 Jahre ab. Junge Menschen sollen damit frühzeitiger in demokratische Entscheidungsprozesse eingebunden werden, so der Gedanke. Damit die jungen Erstwähler bei den Wahlen im Mai eine fundierte Entscheidung treffen können, organisiert die Landeszentrale für politische Bildung eine umfassende Erstwählerkampagne. Dazu gehört ein Online-Seminar über Kommunalpolitik. Die Diplom-Soziologin Birgit Opielka aus Remseck leitet es.

Frau Opielka, interessieren sich junge Leute überhaupt für Kommunalpolitik?

Auf alle Fälle. Das kriegt man vielleicht nicht überall unmittelbar mit, aber viele Jugendliche sind in Parteien engagiert. Zudem gibt es in vielen Kommunen Jugendgemeinderäte. Erst im Oktober 2018 kamen 40 Teilnehmer unter dem Motto „Politikverdrossenheit entgegenwirken“ zum Dachverbandstreffen der Jugendgemeinderäte in Filderstadt zusammen.

Nun sind Jugendgemeinderäte aber Gremien, die oftmals auch nach ein oder zwei Wahlperioden wieder einschlafen, weil niemand nachrückt.

Klar, wenn die Stadt die Vorschläge der Jugend nicht wirklich ernst nimmt und umsetzt, schläft das Interesse möglicherweise bald wieder ein. Jugendliche brauchen Erfolgserlebnisse, brauchen – wie Erwachsene übrigens auch – das Gefühl, etwas bewirken zu können. Wenn einem die Erfahrung allerdings zeigt, dass sich Engagement nicht lohnt, dann lässt man es oft bleiben.

Oft hört man die Klage, dass die Jugend von heute unpolitischer sei.

Das sehe ich gar nicht so – empirische Studien wie die Shell-Studie übrigens auch nicht. Das beste aktuelle Beispiel sind die Schüler-Demos „Fridays for Future“. Da gehen Schüler während ihrer Schulzeit für den Klimaschutz auf die Straße. Rückblickend muss ich sagen, dass es in meiner Generation auch nicht so viele gab, die auf die Straße gegangen sind. Heutzutage lässt sich Protest zudem auch anders artikulieren, beispielsweise mit Online-Petitionen.

Der E-Learning-Kurs, den Sie als Tutorin begleiten, soll junge Menschen zu Botschaftern der Kommunalpolitik machen. Warum braucht es das?

Zum einen, weil man in Baden-Württemberg seit der vergangenen Kommunalwahl von 16 Jahren an wählen kann und nicht jede Schule das Thema hinreichend intensiv behandelt. Zum anderen, weil es schade ist, dass immer noch viele nicht wissen, was sie selbst alles bewegen können. Gerade die Kommunalpolitik ist wichtig, denn hier werden viele Entscheidungen umgesetzt, die einen direkt betreffen.

Wie lernt man Kommunalpolitik online?

Der Kurs ist in vier Module aufgeteilt. Es wird die Geschichte von Maria erzählt, die Gemeinderätin werden will. Man erfährt in Videos, Audiodateien und Texten erst etwas über die Aufgaben einer Kommune, dann über die verschiedenen Rollen von Bürgermeister und Gemeinderat, über das Wahlsystem und schließlich auch über den kommunalen Haushalt.

Klingt jetzt nicht gerade super-spannend.

Nun ja, manche Sachen wie beispielsweise die unechte Teilortswahl sind schon recht trocken. Aber für eine mündige Wahlentscheidung brauche ich eben auch dieses Wissen. Übrigens ist der Haushalt alles andere als langweilig. Das interessiert die Teilnehmer oft am meisten.

Wenn Jugendliche ab 16 wählen gehen

Statistik
Das Statistische Landesamt erhebt bei Kommunalwahlen keine repräsentative Statistik – insofern ist dort nicht bekannt, wie junge Wähler votieren. Aber die Landeszentrale für politische Bildung fertigte gemeinsam mit dem Städtetag eine nicht-repräsentative Befragung bei der vergangenen Kommunalwahl an. Dabei kam heraus, dass die 16- und 17-Jährigen fleißigere Wähler waren als die 18- bis 25-Jährigen. Ihre Beteiligung lag bei knapp 40 Prozent, bei den älteren bei rund 30 Prozent. Insgesamt lagen jedoch beide Altersgruppen im Jahr 2014 unter dem Gesamtschnitt.

Kampagne
Auf www.waehlenab16-bw.de finden sich Anlaufstellen zu der Erstwählerkampagne, deren Federführung der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) sowie dem Landesjugendring obliegt.

Person
Birgit Opielka ist Diplom-Soziologin und arbeitet seit 2005 als freiberufliche Trainerin und Beraterin. E-Learning-Tutorin für die LpB ist sie seit 2013.