Der Impfmarathon hat nicht so viele Impflinge auf die Messe gelockt wie erhofft. Foto: / Ines Rudel

20 000 Spritzen standen bereit, aber nur 8000 wurden gesetzt. Die meisten kamen für eine Auffrischungsimpfung zur Landesmesse, nur wenige für die Erstimpfung.

Leinfelden-Echterdingen - Als Medienevent war es ein Erfolg, die Bilanz des Impfmarathons auf der Landesmesse Stuttgart aber fiel eher nüchtern aus: 20 000 Impfungen von Freitagabend bis Sonntagabend war das ausgerufene Ziel der Veranstalter. Erreicht wurden 8000, wie die Malteser am Ende des „48-Stunden-Impfmarathons“ mitteilten. Veranstaltet wurde der Impfmarathon vom Kreis Esslingen, den Maltesern Neckar-Alb und der Messe Stuttgart. Fast 700 Ehrenamtliche wurden im Schichtbetrieb eingesetzt. Geimpft wurde auf 24 sogenannten Impfstraßen. In Spitzenzeiten konnten 400 Impfungen pro Stunde verabreicht werden.

Mit dem Auto durch die Messehallen

Die meisten Impfwilligen kamen für eine Auffrischungsimpfung, nach Angaben der Malteser etwa 95 von Hundert. Nur wenige Besucher hätten sich zum ersten Mal impfen lassen. Das erste Auto, das am Freitagabend einfuhr, kam aus dem Landkreis Esslingen. Mathias und Gabi Stirm aus Filderstadt kamen zur Auffrischungsimpfung. „Beim Arzt hätten wir bis Februar warten müssen“, sagte Gabi Stirm. „Wir wollten früh drankommen, deshalb haben wir so schnell den Termin gebucht.“ Skeptisch seien sie gegenüber der Corona-Impfung nie gewesen.

Die Massenimpfung war als Drive In konzipiert worden: Die Impfwilligen fuhren mit dem Auto in eine der geräumigen Hallen und wurden dort geimpft. Anschließend fuhren die Geimpften in eine weitere Halle, wo mögliche Impfreaktionen überwacht wurden. Die zweite Halle wurde mit Elektromusik beschallt, um die Wartezeit angenehmer zu gestalten: Rund zehn DJs des Elektronik-Festivals SEMF spielten auf.

In den Nachtstunden gab es viel Leerlauf

Auch wenn die Gesamtzahl hinter den Erwartungen zurückblieb, war es für Marc Lippe ein erfolgreiches Wochenende. Tagsüber sei viel los gewesen. In den Nachtstunden habe es aber viel Leerlauf gegeben, räumte der Einsatzleiter der Malteser ein. „Wir haben einen Sättigungsgrad erreicht.“ Mit der Aktion habe man jedoch die Blaupause für zukünftige Impfaktionen dieser Art geschaffen. Zumindest medial war die Impfaktion ein großer Erfolg für die Veranstalter: Der Impfmarathon stieß auf bundesweites Interesse. Unter anderem berichteten das ARD-Magazin „Brisant“, das „heute journal“ vom ZDF und die „Tagesschau“ in der ARD.

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Positiv war auch die Einschätzung von SEMF-Organisator Cristoforo „Krize“ Marrazzo: „Wir sitzen hier alle im gleichen Boot und wollen gemeinsam ans rettende Ufer. Jetzt gilt es gemeinsam zu rudern.“ Denn die Clubszene leidet ebenso wie viele andere auch unter der Pandemie, daher sei es für die Künstler auch keine Frage gewesen, sich zu beteiligen.

Ein Tag fehlte zu sechs Monaten: Ehepaar abgewiesen

Unterdessen wurde ein Fall aus dem Kreis bekannt, bei dem ein Ehepaar am Montag vor einem Booster-Termin in der Körschtalhalle in Ostfildern-Scharnhausen ohne Piks nach Hause geschickt wurde, weil erst am darauffolgenden Tag fünf Monate nach der Zweitimpfung vergangen gewesen wären. Das Ehepaar hatte das wöchentliche Impfangebot der Stadtverwaltung Ostfildern, des Malteser Hilfsdienstes und des Landkreises wahrnehmen wollen. Malteser-Chef Lippe bedauerte den Vorfall, der betroffene Arzt hätte seiner Ansicht nach großzügiger sein sollen. Wenngleich die Stiko nach wie vor von sechs Monaten zwischen den Zweit- und den Auffrischimpfungen ausgehe, das Land von fünf Monaten. „Die sollen noch einmal in die Halle gehen“, hatte er als spontanen Ratschlag für den 52-Jährigen und seine ein Jahr jüngere Frau parat, die beide am 21. Juli ihre zweite Impfung erhalten hatten. „Da wirbt man mit aller Macht für die Impfungen und ist dann so kleinlich, dass man Impfwillige wegen eines halben Tags wieder nach Hause schickt“, hat der 52-Jährige keinerlei Verständnis für die Abfuhr. Seine Frau ärgert zudem, dass sie keiner nach ihrer persönlichen Situation befragt habe. „Mein Mann ist Risikopatient und wir pflegen unsere alte Mutter.“ Jetzt haben sie am Mittwoch einen Impftermin in Esslingen.