Eine Videoprojektion ist im Oktober 2009 auf der Fassade der ehemaligen Stuttgarter Zentrale der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) zu sehen, die im einstigen Hotel Silber untergebracht war. Foto: dpa

Den meisten Stadträten reicht es, wenn vom einstigen Hotel Silber nur etwas Fassade bleibt.

Stuttgart - Beim Neubauprojekt Da Vinci am Karlsplatz geht es voran. Die Stadträte stimmten am Dienstag der Aufstellung eines Bebauungsplans zu. Dabei zeigte sich, dass es der Mehrheit reicht, wenn vom ehemaligen Hotel Silber außer dem ehemaligen Folterkeller von Hitlers Geheimer Staatspolizei (Gestapo) nur etwas Fassade bleibt.

Einige Varianten, wie das Haus ganz oder teilweise trotz Neubauprojekt erhalten werden könnte, gab es im Ausschuss für Umwelt und Technik zu sehen. Darunter ein Bild, auf dem im Erdgeschoss ein Stück Fassade, um anderthalb Meter versetzt, in einen der Neubaukomplexe einbezogen ist. Ein derartiger Kompromiss ist nun die Vorgabe für den Bebauungsplan. Dadurch werde der Erinnerung an die ehemalige Gestapo-Zentrale Respekt erwiesen, glauben die Grünen. Nach Ansicht der Architekten lassen sich so andere Varianten verhindern, deren ungewöhnliches und architektonisch fragwürdiges Erscheinungsbild nur durch eine Vielzahl von Erklärtafeln zu verstehen wäre: ein Hotel Silber mit einem darüber gestülpten Neubau statt eines Daches, oder Mauerreste im Erdgeschoss unter der Arkade eines Neubaus. Das Büro Behnisch und das Land wollten auf Anfrage die Illustrationen nicht herausgeben.

Der Mehrheit reichen der Wiederaufbau und die Integration eines Fassadenstücks in den Neubau. Eigentlich werde das moderne Konzept dadurch aufgeweicht, klagte Michael Conz (FDP) sogar. Der Entwurf mit einem Fassadenteil vom Altbau sei wie ein Potemkinsches Dorf, die Erhaltung des Hotels Silber nicht wünschenswert. Die Bürgerlichen stimmten aber zu, den Wiederaufbau eines Fassadenteils vorzuschreiben. Denn andere verlangten mehr als die Grünen.

"Diesmal ist der Gemeinderat Herr des Verfahrens"

Gangolf Stocker (SÖS/Linke) plädierte für völlige Erhaltung. Ein Abriss wäre "ähnlich kulturvoll wie der Abriss des Bahnhofs-Nordflügels". Stocker votierte auch klar gegen das "überzogene" Neubauprojekt. Die SPD wollte die Option für die vollständige Erhaltung des Hotels Silber wahren, bis der Entwurf des Bebauungsplans im Frühjahr der Öffentlichkeit unterbreitet wird. Der Beirat für die Einrichtung eines Lern- und Gedenkortes zur Nazizeit müsse diese Frage noch beraten können, sagte Roswitha Blind (SPD). Mit der SPD und Stocker stimmten zwar auch Anna Deparnay-Grunenberg und Gabriele Nagl von den Grünen für die weitere Option einer völligen Erhaltung, doch ihre Parteifreunde Werner Wölfle und Michael Kienzle forderten Realitätssinn: Die Architekten hätten nachvollziehbar aufgezeigt, dass ein vollständiger Altbau mit dem Neubauprojekt nicht stimmig zu verbinden sei. Ein anderes Projekt werde es nicht geben. Die Grundstückseigentümer wollten Läden, Lokale, ein Hotel und Ministerien schaffen - worin man die Chance einer Aufwertung der Innenstadt sieht. "Die integrale Erhaltung des Hotels Silber wäre ein anderes Projekt", sagte auch Bürgermeister Hahn. Wichtiger als die Frage dieses Altbaus ist ihm allerdings die Frage der Baumasse. Mit 47.000 statt 49.000 Quadratmetern Geschossfläche würde das Projekt besser ins Stadtbild passen, meinen Hahn und die Grünen. Auf deren Antrag beschloss man, dass die Architekten auch ein Modell mit weniger Masse vorlegen müssen. Dieter Wahl von der CDU meinte, das bringe nichts. Investoren und Architekten hätten früher mehr als 50.000 Quadratmeter angestrebt und schon Abstriche gemacht.

Die Grünen ließen auch beschließen, dass die Zahl der Stellplätze restriktiv berechnet werden muss, nicht wie beim Einkaufszentrum an der Wolframstraße. "Diesmal ist der Gemeinderat Herr des Verfahrens", erklärte Hahn. Noch mehr Zustimmung ernteten die Grünen mit der Idee aus dem Bezirksbeirat, die Zufahrt zur Tiefgarage unter dem Schillerplatz zur Münzstraße zu verlegen. Dadurch würde die Markthalle aufgewertet.