Die brennende Kerze im Fenster bedeutet, dass jemand im Hospiz gestorben ist. Foto: z

Vier Studenten der Hochschule der Medien haben einen Film über das Hospiz Sankt Martin gedreht.

Degerloch - Es ist eine berührende Szene. Eine grauhaarige Frau geht auf das Hospiz Sankt Martin zu. Sie blickt hoch, im Fenster steht eine brennende Kerze. Sie ist das Zeichen dafür, dass jemand gestorben ist im Hospiz. So lange wie die Angehörigen brauchen, um sich zu verabschieden, bleibt diese brennende Kerze im Fenster stehen. „Immer, wenn ich vorbeigehe, schaue ich nach der Kerze“, sagt die Frau. Denn sie hat selbst schon erlebt, wie es ist, wenn jenes letzte Licht für einen geliebten Menschen entzündet wird.

Die Protagonistin in der eben geschilderten Szene ist Heidi Wahl. Vor zehn Monaten hat sie ihren Mann verloren, den langjährigen Stadtrat Dieter Wahl. Er ist im Alter von 63 Jahren im Hospiz Sankt Martin gestorben. Dass sie nun einem Film ihr Gesicht leiht, ist Ausdruck ihrer Dankbarkeit. „Ich habe im Hospiz so viel Gutes erfahren, so viel herzliche Anteilnahme. Ich wollte etwas zurückgeben“, sagt sie.

Den Film, in dem die Heumadenerin zu sehen ist, haben vier Studenten der Hochschule der Medien (HdM) gedreht. 14 Minuten lang ist er – 14 Minuten, in denen Thomas Münzner, Stefan Häußler, Elisabeth Pirsch und Dang Nguyen zeigen, wie die Arbeit im Hospiz funktioniert. So haben die jungen Leute mit der Kamera etwa eine Krankenschwester bei der Pflege begleitet, eine Ehrenamtlerin beim Kochen in der Küche besucht oder einen Blick in verschiedene Trauergruppen geworfen.

Emotionale Momente zwischen Leben und Sterben

Doch den Studenten der Medienwirtschaft ist noch viel mehr gelungen. Sie haben es geschafft, die sehr emotionalen Momente an der Schwelle zwischen Leben und Sterben einzufangen. So lassen sie eine Ordensschwester der Franziskanerinnen, die als Seelsorgerin im Hospiz tätig ist, über die spirituelle Seite der Trauerbegleitung zu Wort kommen. Oder sie zeigen eine fröhlich lachende alte Frau, die – obwohl sie schon vom nahenden Tod gezeichnet ist – mit ihrer Pflegerin über das Wetter scherzt.

Bei der Vorführung des Films am Dienstagabend im Hospiz waren Publikum und Auftraggeber voll des Lobes für die Arbeit der Studenten. „Sie haben mit großer Diskretion und einer guten Balance zwischen Nähe und Distanz gedreht“, bescheinigte die Leiterin des Hospizes, Angelika Daiker, den jungen Filmemachern. Für das Hospiz-Team sei es immer schwierig, wenn vor Ort gefilmt oder fotografiert werde: „Es ist eine Gratwanderung zwischen dem Wunsch, die Schonräume zu schützen und unser Haus zu öffnen und unsere Arbeit zu zeigen.“ Die Studenten hätten diese Aufgabe mit großem Einfühlungsvermögen gemeistert.

Dieser Einschätzung schlossen sich sowohl der katholische Stadtdekan Christian Hermes wie auch der betreuende Professor Eckhard Wendling an – über eine persönliche Verbindung der beiden war der Film zustande gekommen. „Ich bin sehr stolz auf das Ergebnis“, sagte Wendling, der seinen Studenten die Note 1,3 für ihre Projektarbeit gegeben hat.

Veränderter Blickwinkel zum Thema Sterben

Auch bei den jungen Filmemachern hat der viermonatige Dreh Spuren hinterlassen. „Wir haben uns zum ersten Mal bewusst mit dem Thema Hospiz auseinander gesetzt. Das hat auf jeden Fall unseren Blickwinkel verändert“, sagt Stefan Häußler.

Der alten Frau, die über das Wetter gescherzt hat, haben die Studenten jedenfalls ein würdiges Denkmal gesetzt. Wenige Tage nach den Dreharbeiten ist sie gestorben. Der Film wird noch lange an sie erinnern – fast wie eine brennende Kerze am Fenster.