München verneigt sich vor dem ewigen Stenz: Das Literaturhaus erinnert mit einer Ausstellung an den großen Filmregisseur Helmut Dietl.
München - Monaco leuchtet in neonroten Lettern über dem Eingangsbereich. Der Boden: schwarz-weißes Schachbrettmuster auf 300 Quadratmetern Fläche. Der erste Blick fällt auf Dietls Regiestuhl, seinen weißen Schal, den Hut. Wie ein Kirchenschiff öffnet sich der Ausstellungsraum, links stehen Restauranttische mit gestärkten Tischdecken, künstlich flackernden Kerzenleuchtern und dunklen Bugholzstühlen. Rechts gibt es Vitrinen mit Fotos, Devotionalien und Filmszenen.
Der Besucher spaziert im Münchner Literaturhaus, das mit einer Ausstellung an Helmut Dietl erinnert, gewissermaßen durch die Filmkulisse aus „Rossini“ und kann Platz nehmen an Tischen wie in der Romagna Antica, dem Vorbildrestaurant für „Rossini“ in der Schwabinger Franz-Joseph-Straße. Lange Jahre war es das Stammlokal und Lieblings-Esszimmer von Helmut Dietl. Dort soll er fast täglich im vorderen Bereich mit Blick auf die Fenster gespeist, gelacht und gesellschaftlich geforscht haben. Auch seine beruflichen wie privaten Beziehungen habe er, so erzählt man sich, in dem Lokal, das es seit 2007 nicht mehr gibt, begonnen und beendet.
Der ganz normale Wahnsinn
Von den schwarzen Holzstühlen aus kann man bequem auf die fünf großen Leinwände an der linken Wand blicken. In Dauerschleife laufen hier Ausschnitte aus Dietls bekanntesten fünf Serien und Filmen: Münchner Geschichten, Der ganz normale Wahnsinn, Monaco Franze, Kir Royal und Rossini. Wer Dietl verstehen will, soll seine Filme anschauen, das hat er einst in Interviews gesagt. Station für Station erfährt der Besucher in der Schau, das sich Leben und Werk Dietls nicht trennen lassen: sein Leben war inszeniert wie ein Film, und seine erfolgreichsten Fernsehserien hatten autobiografische Züge. Zur Wahrheit gehörte für ihn auch, der Münchner Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Die Stadt und vor allem Schwabing war für Dietl immer mehr eine Haltung, eine Lebenseinstellung als ein Ort. Und eine große Liebe.
Die Schau zeigt Dietl als melancholischen, perfektionistischen, sammelwütigen Regisseur und homme a femmes, der die Frauen liebte und das gute Leben, und der dieses Leben mit Stil und Eleganz zu meistern wusste. Stil kann man sich eben nicht kaufen, erst recht in Minga nicht. Meist trat der Münchner Filou im Dandy-weißen Zwirn in Erscheinung, oder wie es in der Ausstellung heißt, in 50 Schattierungen zwischen weiß und hellem beige. Tamara Dietl, die vierte und letzte Ehefrau des Regisseurs, hat 182 Kisten aus dem Nachlass ihres Mannes für die Ausstellung gesichtet und eine Vielzahl an Exponaten aus dem Privatbesitz zur Verfügung gestellt.
Wortkunst aus „Kir Royal“
Zum Beispiel die Carina 2- Schreibmaschine, auf der die meisten seiner Drehbücher entstanden sind, mehrere dutzend Notizbücher, Fotos aus dem Familienalbum, Schnappschüsse mit und ohne schillernde Gspusi oder Prominenz, darunter Veronica Ferres oder Bernd Eichinger. Oder ein Schulzeugnis, das dem zehnjährigen Helmut bescheinigt, begabt, aber unruhig zu sein.
Aus dem Jahr 1976 ein entzückender Brief, mit dem sich Helmut Fischer, der später den Monaco Franze spielen sollte, bei Dietl als Schauspieler bewirbt; Filmausschnitte aus der Schnulze „Verträumte Tage“. Das Herzstück der Ausstellung aber ist das bislang unveröffentlichte Manuskript „Was ist aus ihnen geworden?“ Dietl schreibt darin das Schicksal seiner Figuren wie das von Mona (Senta Berger), Fotograf Herbie und Baby Schimmerlos fort. Vorgetragen wird es von Martina Gedeck und Heiner Lauterbach. Die Essenz der Schau lässt sich mit Wortkunst aus „Kir Royal“ auf den Punkt bringen: „Ein bissl Geld, ein bissl Sex, ein bissl Tragik und ein bissl Traum, Märchen…“ Das pralle Leben eben. Helmut Dietl hätte das bestimmt gefallen.