Seit Wochen sind in Baden-Württemberg die Schulen geschlossen. Für einige Kinder gibt es aber einen Lichtblick: Viele Sprachtandems der Initiative „KinderHelden“ laufen auch während der Coronakrise weiter. Das ist gut für die Kinder, aber auch für die erwachsenen Mentoren.
Zuffenhausen - Seit Wochen sind in Baden-Württemberg die Schulen wegen der Coronapandemie geschlossen. Besonders hart leiden darunter Kinder, die im normalen Schulbetrieb schon Probleme haben, beispielsweise weil ihre Sprachkenntnisse schlecht sind oder sie aus schwierigen Verhältnissen kommen. „Schon jetzt wird davor gewarnt, dass Kinder aus belasteten Familien in der aktuellen Situation zu Verlierern des Bildungssystems werden können“, sagt Andrea Klein von „KinderHelden“. Die gemeinnützige GmbH bietet bundesweit an Grundschulen Lesetandems an, bei denen Erwachsenen ehrenamtlich mit Schulkindern zusammen lesen. Trotz der Kontakteinschränkungen läuft das Programm während der Coronakrise weiter, in vielen Fällen per Telefon.
Lesen und Lebenshilfe
Anja Mohnen und der achtjährige Niklas haben sich früher immer dienstags in der Hohensteinschule getroffen. Das geht jetzt nicht mehr. Ihren festen Termin haben sie beibehalten, nun wird über das Telefon gesprochen. „Das klappt sehr gut“, sagt Mohnen, die in Stuttgart-Nord wohnt und bei der Firma Bosch in Zuffenhausen arbeitet. Allerdings gehe es momentan weniger ums Vorlesen als um die Frage, wie Niklas mit der aktuellen Situation umgeht. So habe er erzählt, wie sehr er seine Großeltern vermisse. Auch tauschen sich die Beiden darüber aus, wie sie jeweils die zurückliegende Woche verbracht haben. „Unser Gespräch ist für mich eine schöne Konstante“, sagt die 22-Jährige. Auch ohne den direkten Kontakt mache ihr ihre Aufgabe eine Menge Spaß, immer wieder stelle sie fest, dass sie von Niklas einiges lernen könne.
Ein bisschen gelesen wird aber doch: Niklas’ momentanes Lieblingsbuch ist ein Exemplar aus der Sams-Reihe von Paul Maar. Regelmäßig schickt Mohnen einige Seiten davon per Email an Niklas, der dann daraus seiner Familie vorliest. Als Gegenleistung bekommt der Junge dann eine Audiodatei seiner Tandempartnerin, in der sie ihm etwas vorliest. Kurz vor Ostern hatte Mohnen den Achtjährigen gefragt, was er sich denn wünschen würde, wenn er Sams-Punkte hätte. „Gesundheit für die Eltern und weniger Plastik im Meer“, hatte der Junge geantwortet.
Interessenten können sich digital bewerben
Die Routine der regelmäßigen Kontakte soll den Kindern Halt und Sicherheit geben. In Zeiten, in denen Lehrer nicht zur Verfügung stehen und viele Eltern an der Belastungsgrenze sind, ist dies eine willkommene Gelegenheit zur Abwechslung. Laut Andrea Klein läuft ein Großteil der 400 Tandems in Stuttgart weiter. Dabei seien der Kreativität keine Grenzen gesetzt: Nicht nur Telefone und Smartphones kämen zum Einsatz, sogar Briefe würden geschrieben. „Alle versuchen, das Beste aus der Situation zu machen“, sagt Klein. Sie bekomme viele positive Rückmeldungen. Kooperationspartner von „KinderHelden“ ist die Stadt Stuttgart. Momentan sind 12 Grundschulen der Landeshauptstadt bei dem Projekt dabei. Tandempartner werden noch gesucht, während der Coronakrise kann man sich digital bewerben.