Trost für Griechenlands Premier Alexis Tsipras Foto: dpa

Lange Nacht in Athen: Das griechische Parlament hat den harten Sparvorgaben der Geldgeber zwar zugestimmt, aber Premier Tsipras musste erneut eine Schlappe im eigenen Lager hinnehmen. Stellt er nun die Vertrauensfrage?

Athen/Brüssel - Das Milliarden-Hilfsprogramm für Griechenland steht vor den letzten Hürden. Nach der Abstimmung im griechischen Parlament am Freitagmorgen wollten am Abend die Finanzminister der Euro-Staaten bei einem Sondertreffen in Brüssel entscheiden. Bereits in der kommenden Woche könnte es unter anderem dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden. Die Zukunft der aktuellen Athener Regierung wird derweil immer ungewisser.

Das griechische Parlament hatte die Auflagen für Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro am Morgen zwar mit klarer Mehrheit gebilligt. Bei dem Votum war die Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras allerdings erneut auf Stimmen der Opposition angewiesen.

Tsipras stellt wohl Vertrauensfrage

Angesichts der steigenden Zahl von Abweichlern in den eigenen Reihen wolle Tsipras nach dem 20. August die Vertrauensfrage stellen, hieß es in Athener Regierungskreisen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte in Brüssel klar, dass die Athener Regierung die nächste Woche anstehende Milliardenrückzahlung an die Europäische Zentralbank (EZB) nicht fürchten müsse. „Ich bin eigentlich ganz zuversichtlich, dass wir heute zu einem Ergebnis kommen werden“, sagte er. Notfalls werde es eine weitere Brückenfinanzierung geben. In einem Papier hatte das Finanzministerium zuletzt die von Experten ausgehandelte technische Vereinbarung mit Athen als noch nicht ausreichend kritisiert.

Am Donnerstag muss Griechenland der EZB Anleihen und darauf fällige Zinsen im Umfang von rund 3,4 Milliarden Euro zurückzahlen. Bis dahin bräuchte Athen eine erste Auszahlung aus dem neuen Hilfsprogramm - oder eine Brückenfinanzierung.

Schäuble: IWF muss im Boot bleiben

Schäuble verlangte vor einer Entscheidung für das geplante dreijährige Hilfsprogramm eine klare Zusage, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) weiter mit im Boot ist. Nötig sei „ein klares Commitment, ein möglichst verbindliches Commitment“, sagte er vor dem Treffen mit seinen Ministerkollegen. „Das ist für uns Voraussetzung.“

Eigentlich will der IWF erst dann endgültig über eine weitere Beteiligung an Griechenland-Hilfen entscheiden, wenn das hoch verschuldete Land mit der Umsetzung weiterer Spar- und Reformzusagen begonnen hat. Es wurde erwartet, dass IWF-Chefin Christine Lagarde bei dem Treffen per Videokonferenz zugeschaltet sein würde.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem ging von einer längeren Sitzung aus. Die Tragfähigkeit der griechischen Schulden sei noch immer ein Grund zur Sorge, gewiss für den Währungsfonds.

Aus einem Dokument zur Sitzung in Brüssel geht offenbar hervor, dass Griechenland über die geplante Programmlaufzeit von August 2015 bis August 2018 vermutlich 86 Milliarden Euro benötigen wird. Das ist an der Obergrenze des zuvor ermittelten Finanzbedarfs.

Nötige Mehrheit nur mit Opposition

Bei dem Votum im griechischen Parlament zu neuen Reformverpflichtungen stimmten 118 der 162 Abgeordneten der Links-Rechts-Koalition für das Hilfspaket. Die nötige Mehrheit wurde deshalb nur mit Stimmen der Opposition erreicht. Insgesamt votierten 222 von 297 Parlamentsmitgliedern mit „Ja“. 64 stimmten mit „Nein“, 11 enthielten sich, 3 waren abwesend.

In der Debatte zur Abstimmung erklärte Tsipras, er habe das Sparprogramm akzeptieren müssen, um einen von Schäuble ins Spiel gebrachten vorübergehenden Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu verhindern. Dieser wäre nach seiner Ansicht finanzieller „Selbstmord“ gewesen.

Rechtlich ist Tsipras nicht dazu verpflichtet, die Vertrauensfrage zu stellen. Er könnte auch ein Regierungsbündnis mit Parteien der Opposition schließen. Bisher hatte sich der Regierungschef aber gegen eine solche Allianz ausgesprochen.