Hans Well mit seinen Kindern Tabea, Jonas und Sarah (von links), den Wellbappn. Foto: Martin Bolle

Einst tourte er mit seinen Brüdern als Biermösl Blosn durchs Land. Seit fünf Jahren tritt er mit seinen Kindern auf. Am Freitag, 19. Januar, 20 Uhr, gastieren Hans Well und die Wellbappn im Renitenztheater.

Stuttgart - Der bayerische Texter Hans Well über Musik mit Familienmitgliedern und Politiker, die keine Nachsicht verdient haben.

Herr Well, Wellbappn klingt wie Wellpappe, also nach einem Verpackungsmaterial. Sind Sie Verpackungskünstler?
Wir packen unsere Texte meist in Musik, insofern passt das. Bappn heißt im Bayrischen, in Österreich und in Hessen so viel wie freches Mundwerk.
Im Schwäbischen sagt man freche Gosch.
A freche Goschn gibt’s in Bayern auch.
Wie ist der Name entstanden?
Als die Kinder noch klein waren, sind wir mal hinter einem Lastwagen hergefahren, auf dem Wellpappe stand. Da haben die Kinder mich gefragt, ob der Laster uns gehört. Aber die freche Bappn war entscheidend.
Früher haben Sie mit Ihren Brüdern musiziert, seit fünf Jahren tun Sie es mit Ihren Kindern Jonas, Sarah und Tabea. Gibt es in Ihrer Familie jemand, der kein Instrument spielt?
Nein, die familiäre Sozialisation war schon so, dass jeder ein Instrument lernt – zum Körperinstrument, dem Gesang.
Mussten Sie Ihre Kinder zum Musikunterricht drängen?
Zum Instrument-Lernen schon. Aber nachdem die Blase mit der Biermösl Blosn geplatzt ist, haben mich meine Kinder gefragt: „Warum probierst a’s net amoi mit uns?“ Beim ersten Auftritt in Augsburg war die Presse so gut, dass ich nicht mehr auskonnte. Inzwischen bin ich froh, dass die mich alten Dackel überhaupt noch mitspielen lassen.
Zwei Sätze zu den Biermösl Blosn. Warum haben Sie aufgehört?
Wir waren unterschiedlicher Meinung. Ich wollte ein neues Programm machen, weil sich sogar in Bayern die Zeiten geändert hatten. Es gab eine Koalitionsregierung von CSU und FDP, eine starke Veränderung nach 50 Jahren CSU. Meine Brüder wollten eher die alten Liedtexte weiter singen . . .
In einem sind Sie sich treu geblieben: Sie schreiben bitterböse Texte zu harmonischen Volksmusikklängen.
Mit Begeisterung! Ich schreib die Texte, meine Kinder vertonen sie. Schon komisch, ich sage immer Kinder, obwohl mein Sohn längst einen Kopf größer ist als ich. Musikalisch sind meine Kinder eh viel besser als ich. Tabea studiert Geige und Volksmusik an der Hochschule in München. Im Vergleich zu den Biermösln sind die Wellbappn noch dazu jünger und schöner. Und mit zwei Frauen im Ensemble kommen auch andere Themen dazu.
Schlucken Ihre Kinder eigentlich alles, was der Vater Ihnen als Text vorsetzt?
Wehe, wenn nicht! (Lacht) Nein, die Themen entstehen auch gemeinsam. Und wenn ich einen Textvorschlag hab, vervollständigen wir ihn miteinander. Ich bekomme quasi Input von den Kindern. So heißt das, glaube ich, heutzutage. Die drei waren immer schon politisch interessiert. Jonas studiert jetzt Politik und Geschichte, Sarah Indologie, was wohl damit zu tun hat, dass meine Frau aus Kalkutta stammt.
Treten Sie mit Ihren Kinder auch auf, um an junges Publikum ranzukommen?
Nicht nur deswegen. Die müssen mit mir das Geld wieder einspielen, das ich für ihren Musikunterricht ausgegeben habe. Basta!
Gehen Studium und Auftritte zusammen?
Nicht immer ganz einfach. Aber das Umsetzen von Liedern geht mit Jonas, Sarah und Tabea unheimlich schnell. Die haben auf der Bühne eine ausgeprägte Lust zum Risiko. Und sie haben Texte nach dreimal singen drauf. Da kann ich nicht mithalten.
Wie schlägt sich das Verhältnis Vater-Kinder auf der Bühne nieder?
Auf der Bühne sind wir gleichberechtigt. Das war schon mit meinen Brüdern so. Dass ich der Ältere war, mag manchmal eine Rolle gespielt haben, auf der Bühne war das wurscht. Da sind auch die Wellbappn Partner, mit denen man die Sache möglichst gut machen will.
In Ihrem aktuellen Programm singen Sie ein Klagelied auf Uli Hoeneß.
Nicht mehr, im Moment klagt Schulz. In E-Dur, das sind vier Kreuze.
Haben Politiker keine Nachsicht verdient?
Nein, im Gegenteil. Solang die Mechanismen der Macht so sind, wie sie sind, ist Nachsicht fehl am Platz. Die haben mit uns ja auch keine Nachsicht.
Sind Sie eigentlich Pessimist oder Optimist?
Ich bin ein vitaler Pessimist. Manchmal ein pessimistischer Optimist. In Bezug auf das, was man selber gestalten kann, bin ich optimistisch. Bei den meisten Politikern fehlt mir inzwischen die Zuversicht.
Daran kann auch Ihr Ministerpräsident in spe nichts ändern?
Ich bin zuversichtlich, dass Markus Söder der bayerische Mappus wird. Der Seehofer übergibt ja demnächst. Ich bin schon gespannt, was die Würde des Amtes mit Söder macht oder er mit der Würde des Amtes.
Bayerischer Mappus hieße, der Söder überlebt nicht lang. Ist das Ihre Hoffnung?
Wer den Söder kennt, der hofft das. Seehofer hat ihn aus gutem Grund als Schmutzler bezeichnet. Ich erwarte vom Söder wenig Gutes. Als Heimatminister hat er im strengsten Alpenschutzgebiet am Riedberger Horn einen Skizirkus durchgedrückt. Und Bodenversiegelung erleichtert. Das empört viele Bayern. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihm das auf die Füße fallen wird.
Was für Bayern schlecht ist, ist für Sie als Musiker und Humorist ein gefundenes Fressen.
Leider! Das führt dann zu Gstanzln wie: „Ja früha beim Söder, hot ma denkt, es geht net blöder. Heit woaß ma, doch es geht, wenn der Dobrindt redt.“
Klingt wie aus besten Biermösl-Blosn-Zeiten.
Jemand hat mal geschrieben: „Die Wellbappn klingen wie die Biermösl Blosn nach einer Frischzellenkur.“ Wobei ich da wohl ausgenommen war. Die Lust am Spott und Witz ist mit den Wellbappn geblieben.
Auch wenn Weihnachten hinter uns liegt, singen da die Wellbappn auch zusammen?
Freilich, das gehört dazu. Es gibt wunderschöne bayerische Weihnachtslieder. Und meine Frau steuert ein paar englische bei. Unsere Kinder sind zweisprachig aufgewachsen, mit Englisch und Bayrisch. Ich tue mich im Englischen zwar schwer, aber ich weiß inzwischen immerhin, was Twitter ist.
Sie sind im Internet unterwegs?
Manchmal, aber auf Facebook oder Twitter nicht. Von wegen Datenschutz. Außerdem muss ich doch nicht zu jedem Schmarrn was posten. Wenn ich was zu sagen hab, gehe ich auf die Bühne.

Im Video bekommen Sie einen Eindruck von einem Auftritt der Familie: