Der gelernte Schuhmacher Daniele Di Gaetano erneuert Absätze. Der 45-Jährige hat seine Werkstatt in Schmiden vor Kurzem neu eröffnet. Foto: Gottfried Stoppel

Der gelernte Schuhmacher Daniele Di Gaetano hat eine Werkstatt in Fellbach-Schmiden übernommen. Mithilfe seiner Familie betreibt er nun die Werkstatt nebenberuflich.

Solch eine Begrüßung hört Daniele Di Gaetano dieser Tage immer wieder: „Schön, dass es weitergeht. Herzlichen Glückwunsch zum Start. Es ist ja etwas Besonderes, dass es hier in Schmiden eine Schuhmacher-Werkstatt gibt.“ Auf der kleinen Theke in der Werkstatt prangen eine lilafarbene Orchidee und ein Glücksklee. „Einige Kunden und Nachbarn haben mir Blumen zur Neueröffnung vorbeigebracht“, sagt Daniele Di Gaetano, „ich freue mich sehr, dass ich hier so herzlich willkommen werde.“

Der 45-Jährige hat die Werkstatt von Schuhmachermeister Manfred Haas übernommen, der Ende des vergangenen Jahres seine Tätigkeit aufgegeben hat. Haas hatte viele Jahre im Ruhestand im geliebten Handwerk weitergemacht. Im Jahr 2000 hatte er seine Schuhmacherei in Schmiden eröffnet. An dem Standort war bereits zuvor eine Schuhmacher-Werkstatt gewesen. Doch Ende 2022 war dann Schluss.

Kunden und Nachbarn freuen sich, dass es mit einem Fachmann weitergeht

Dass es nun weitergeht mit einem Mann, der das Schusterhandwerk von der Pike auf gelernt hat, freut nicht nur Stammkunden wie Carolin Strahl, die Birkenstock-Sandalen vorbeibringt, an denen sich die Sohle gelöst hat. „Super, dass es weitergeht“, sagt die junge Frau. Auch Ulrich Bürkle vom gegenüberliegenden Fachgeschäft Schuh Bürkle freut sich, dass ein Mann vom Fach die Werkstatt weiterbetreibt. Der Fellbacher Werner Steininger kommt erstmals vorbei, um die Wanderschuhe seiner Frau reparieren zu lassen. „Die sind pfenniggut, meine Frau läuft super darin, dann lohnt sich auch eine Reparatur von 60 Euro, wenn die Schuhe rund 200 Euro gekostet haben“, sagt er. Daniele Di Gaetano wird die Wanderstiefel mit einer Vibram-Sohle bestücken. Die sind abriebfest und aus Gummi und gelten als Ferrari oder Mercedes unter den Schuhsohlen. Ob neue Absätze, Sohlen oder manches Andere: Der Schuhmacher hat das Know-how und die Maschinen, um dem lädierten Schuhwerk ein verlängertes Leben zu schenken. Das ist ganz im Sinne von Daniele Di Gaetano.

„Der Gedanke der Nachhaltigkeit liegt mir sehr am Herzen“, sagt er. Der Wegwerfmentalität möchte er etwas entgegensetzen. Dem Mann aus dem Remstal macht sein Handwerk offensichtlich Freude. Er hat das Handwerk von Grund auf gelernt, seine Ausbildung zum Schuhmacher hat er 1994 beim Schorndorfer Traditionshaus Kurz gemacht. Auch einen Gesellenbrief hat er in der Tasche. Er sei damals der Einzige in seiner Klasse gewesen, der das traditionelle Schuhmacherhandwerk lernte. Alle anderen hätten die Ausbildung zum Schuhfertiger oder Schuhstepper gemacht. Schuhfertiger arbeiten in der industriellen Herstellung und produzieren Schuhe in Serie.

Daniele Di Gaetano zeigt sein Gesellenstück, einen Herrenhalbschuh aus Nubuk, einem feinen, hellen Rauleder. 16 Stunden habe er daran gearbeitet, erzählt er. Die Herausforderung sei dabei, das empfindliche Leder nicht zu schädigen oder zu verschmutzen. Auch schwarze, rahmengenähte Schuhe, deren Sohle er mit einem Muster aus Ziernägeln geschmückt hat, sind Handmade von ihm. „Die habe ich für mich gemacht, aber noch nicht angezogen“, sagt er.

Doch als angestellter Schuhmacher sei es damals sehr schwer gewesen, eine Familie zu ernähren. So hat er umgesattelt, eine kaufmännische Ausbildung absolviert und sich abends weitergebildet durch ein Stipendium, das er von dem Unternehmen erhielt, in dem er heute tätig ist. Daniele Di Gaetano arbeitet bei einem großen Maschinenbauer im Rems-Murr-Kreis in der Entwicklung. Daher hat die Werkstatt auch besondere Öffnungszeiten: dienstags und donnerstags von 16 bis 19 Uhr und samstags von 9 bis 14 Uhr. Außerdem unterstützt ihn seine Familie bei der Arbeit in der Werkstatt. „Für mich ist das ein toller Ausgleich, ich arbeite fast ausschließlich am Computer, hier kann ich mit meinen Händen etwas schaffen“, sagt der 45-Jährige.

Durch Glück im Unglück kam er zu der Werkstatt

Dass er die Werkstatt übernommen hat, war Glück im Unglück, wie er erzählt. Weil er sich wegen eines Unfalls mit seiner Vespa Ende Oktober vergangenen Jahres zu Hause einige Tage auskurieren musste, habe er viel Zeit zum Lesen gehabt. „Da ist mir die kleine Anzeige aufgefallen, in der Maschinen von einer Auflösung einer Schuhmacher-Werkstatt angeboten wurden“, erzählt er. Er habe schnell reagiert, Anfang November sei der erste Mail-Kontakt zustande gekommen. „Ich musste rasch handeln, sonst wäre die Werkstatt komplett aufgelöst worden.“ Dann ging alles sehr schnell: „Am 28. Dezember war Schlüsselübergabe“, sagt er. Am 14. Januar hat er eröffnet. Die bunten Luftballone von der kleinen Eröffnungsfeier am Eingang hängen noch. Kleine Anpassungen hat der neue Inhaber vorgenommen, nun ist auch bargeldloses Bezahlen möglich.

Es gelten neue Öffnungszeiten

Das Namensschild am Gebäude, auf dem M. Haas in großen Lettern zu lesen ist, wird noch ausgetauscht. Step by Step möchte er zudem nachhaltige Lederalternativen wie etwa aus Kork anbieten. „Da möchte ich mich noch einarbeiten“, sagt er. Geändert haben sich die Öffnungszeiten. Haas hatte vormittags offen – nun ist an zwei Tagen nachmittags bis abends auf, samstags bis 14 Uhr. „Bei der Samstagsöffnung habe ich mich an umliegenden Geschäften wie Schuh Bürkle orientiert“, sagt Di Gaetano. Er sei erleichtert, dass die neuen Öffnungszeiten gut ankämen. An diesem Nachmittag ist das jedenfalls so. Es ist ein Kommen und Gehen. „Ich hatte so gehofft, dass es weitergeht“, sagt Sylvia Gachstatter, die abgelaufene Absätze an ihren Schuhen ersetzen ließ.

Auch in Fellbach gibt es eine Schuhmacher-Werkstatt

Auch in Fellbach gibt es übrigens eine Schuhmacher-Werkstatt, die von einem betrieben wird, der das klassische Handwerk gelernt hat: Alan Blazevic rettet in seiner Werkstatt in der Bahnhofstraße lädiertes Schuhwerk. Damit kann Schmiden und Fellbach mit Handwerkskunst punkten, die an anderen Orten längst verschwunden ist.

Kontakt Die Schuhmacher-Werkstatt in Schmiden in der Bühnerstraße 1 ist während der Öffnungszeiten unter der Nummer 0711 / 6 55 10 779 erreichbar. Die Werkstatt von Alan Blazevic in der Fellbacher Bahnhofstraße 51 hat die Telefonnummer 0711/ 5 10 96 28.

Keine Azubis im Schuhmacher-Handwerk

Ausbildung
In der Region Stuttgart gibt es derzeit 40 Betriebe im Schuhmacher-Handwerk, davon acht Betriebe im Rems-Murr-Kreis. Aktuell gibt es in der Region Stuttgart keine Auszubildenden in dem Beruf, wie die Handwerkskammer Region Stuttgart mitteilt. In der Region Stuttgart gab es 2013 noch zwei Azubis im Schuhmacherhandwerk, 2003 waren es ebenfalls zwei.

Zentralverband
Hintergrundinfos hat der Zentralverband des Deutschen Schuhmacher-Handwerks unter www.schuhmacherhandwerk.de. Dort sind Mitglieder aufgelistet. Im Rems-Murr-Kreis sind das unter anderem: Schuhhaus Kurz in Schorndorf, Klöpfer-Schuhe in Weissach im Tal, in Stuttgart Schuhmachermeister Mayer, Schuhmachermeister Jaekel, Schuhmachermeister König.