Weder Befragung noch Durchsuchung: Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe Foto: dpa

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung behauptet, Flüchtlinge müssten wie Hartz-IV-Empfänger erst einmal ihr Vermögen aufbrauchen, bevor sie Geld bekämen. Doch das stimmt nicht.

Stuttgart - In mehreren Ländern, darunter Dänemark und die Schweiz, müssen Flüchtlinge bei der Einreise ihr Bargeld abliefern. Dies soll Wirtschaftsflüchtlinge abschrecken und mithelfen, die Kosten zu decken.

Theoretisch müssen auch Flüchtlinge, die neu nach Baden-Württemberg kommen, Bargeld ab einer bestimmten Höhe bei den Behörden abliefern. Dieses Vermögen wird dann mit den Sozialleistungen verrechnet, auf die die Asylbewerber in der Folgezeit Anspruch haben. In der Praxis aber haben die Flüchtlinge nichts zu befürchten.

In Paragraf 7 des Asylbewerberleistungsgesetzes wird als Freibetrag 200 Euro pro Person empfohlen, aber die Länder können das Gesetz selbst umsetzen. In Baden-Württemberg gilt beispielsweise ein Freibetrag von 350 Euro, in Bayern von 750 Euro.

Hartz-IV-Empfänger werden strenger durchleuchtet

Auf den ersten Blick scheint also Bayern großzügiger. Tatsächlich aber rühmt sich die CSU-Regierung in München, bundesweit am härtesten nach Vermögen bei Asylbewerbern zu fahnden. „Asylbewerber werden bei der Ankunft in Aufnahmeeinrichtungen auf Dokumente, Wertsachen und Geld durchsucht“, zitiert die „Bild“-Zeitung Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Nach Darstellung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz, ist das bayrische Vorgehen bundesweite Praxis. „Wer bei uns einen Asylantrag stellt, muss vor der Hilfegewährung grundsätzlich sein Einkommen und Vermögen aufbrauchen“, erklärte sie. Dazu gehöre zum Beispiel auch der Familienschmuck. „Auch wenn sich manche Vorurteile hartnäckig halten – als Asylbewerber hat man es mitnichten besser als ein Hartz-Empfänger“, behauptete die SPD-Politikerin.

Das stimmt allerdings nicht – zumindest nicht für Baden-Württemberg. Flüchtlinge werden im Südwesten erst dann so genau wie Hartz-IV-Empfänger durchleuchtet, wenn ihr Asylantrag anerkannt wurde.

Ob die Antworten korrekt sind, überprüft keiner

Dann sind sie keine Asylbewerber mehr und werden in der sogenannten Anschlussunterbringung den Kommunen zugeteilt.

Bei der Ankunft in einer der Landeserstaufnahmestellen werden neue Flüchtlinge laut Stuttgarter Integrationsministerium weder nach Vermögen befragt noch durchsucht. „Uns geht es zunächst einmal um eine gute und schnelle Unterbringung“, sagte der Ministeriumssprecher am Donnerstag. Das Vorgehen in Bayern hält man in Stuttgart für fragwürdig. „Unserer Ansicht nach gibt es für das Durchsuchen von Flüchtlingen wegen Bargelds keine Rechtsgrundlage“, so der Sprecher. Bargeld wird daher Asylbewerbern in Baden-Württemberg nur dann abgenommen, wenn sie in den Verdacht einer Straftat geraten. Dann wird durchsucht und gegebenenfalls auch konfisziert.

Erst bei der Verteilung auf die Kommunen erhalten die Flüchtlinge einen Fragebogen. Ob die Antworten korrekt sind, wird aber nicht überprüft. Beim Landkreistag konnte man am Donnerstag nicht sagen, ob je ein Flüchtling im Land freiwillig einer Kommune Vermögen angegeben hat. Das Ergebnis dürfe ähnlich ausfallen wie in Brandenburg. Das Land meldete am Donnerstag: Bislang keine freiwilligen Vermögensmeldungen.