Der griechische Premier Alexis Tsipras. Foto: AP

Der griechische Premier Alexis Tsipras und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verbreiten Optimismus mit Hinblick auf einen baldigen Abschluss der Verhandlungen um ein drittes Hilfspaket. Doch längst nicht alle teilen ihre Zuversicht.

Brüssel/Athen/Berlin - Das dritte Hilfspaket muss kommen, darin sind sich alle einig. Die Frage ist nur, wann. Darüber gehen die Meinungen in der EU deutlich auseinander. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich in den letzten Tagen betont optimistisch, dass die Verhandlungen mit Griechenland noch vor dem 20. August abgeschlossen werden können, der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras will gar einen Durchbruch an diesem Wochenende erreichen.

Währenddessen hegt die Bundesregierung offene Zweifel und auch Diplomaten äußern sich weniger zuversichtlich – zu viele Fragen seien noch offen, heißt es aus Koalitionskreisen. Die zuversichtlichen Äußerungen der EU-Kommission über die Einigungschancen sehe Finanzminister Wolfgang Schäuble mit Zurückhaltung. Einen „Freifahrtschein“ zu neuen Hilfen werde es für Griechenland jedenfalls nicht geben. Wesentliche Punkte, die die Geldgeber zur Bedingung für weitere Hilfen gemacht haben, wurden in den vergangenen zwei Wochen offenbar noch nicht geklärt. So soll eine Treuhandbehörde eingerichtet werden, die die notwendigen Privatisierungen in Griechenland vorantreibt. Auch die Bankensanierung wartet auf ihre Ausarbeitung.

Im Herbst weitere Umbauten des überlasteten Rentensystems geplant

Schließlich forderte man von Tsipras einen festen Zeitplan, wann welche Reformen umgesetzt werden. So sind für den Herbst weitere Umbauten in Griechenlands völlig überlastetem Rentensystem geplant – doch auf derlei lose Zusagen will man sich nicht mehr verlassen. Zu oft hatte Tsipras seine Verhandlungspartner brüskiert. Durch die geplatzten Verhandlungen um die Verlängerung des im Juni ausgelaufenen zweiten Hilfspakets mussten die Banken wochenlang geschlossen werden. Die Wirtschaft brach endgültig ein. Nichtsdestotrotz spricht auch Finanzminister Euklid Tsakalotos von Verhandlungen, die „deutlich besser laufen als erwartet“.

Gelingt eine Einigung, könnte am 20. August bereits die erste Rate des 86 Milliarden Euro   schweren Programms ausgezahlt werden. Bis zu 25 Milliarden Euro könnte Athen dann am 20. August auf einen Schlag bekommen. 3,2 Milliarden Euro müsste die Regierung allerdings direkt an die Europäische Zentralbank überweisen – die Rate aus den Hilfszahlungen von 2010 wird fällig.

Kommt es bis kommende Woche nicht zum erhofften Durchbruch, müsste die Eurogruppe, die am 14. August zusammenkommt, über eine neue Brückenfinanzierung sprechen. Dafür könnte erneut der ausgediente EFSM (Europäische Finanzstabilisierungs-Mechanismus) genutzt werden, in dem noch einige Milliarden Euro   ungenutzt liegen. 7,16 Milliarden hat Athen aus der Notkasse bereits erhalten. Dafür musste die EZB allerdings eine Sicherheit hinterlegen, damit Nicht-Euromitglieder im Falle eines Zahlungsausfalls nicht belastet werden können.

Im Euro-Krisenstaat Griechenland ist Steuerhinterziehung offensichtlich weit verbreitet. Bei Kontrollen von 5264 Unternehmen und Freiberuflern wurden binnen einer Woche 1089 Steuersünder entdeckt. Das geht aus dem am Freitag veröffentlichten Bericht der Steuerfahnder hervor. „Die Steuerhinterziehung blüht leider weiter“, sagte ein hoher Beamter des Finanzministeriums. Einen krassen Fall habe es jüngst auf der Insel Rhodos gegeben: Einwohner der Ortschaft Maritsá hätten drei Steuerfahnder mit Drohungen verjagt, als diese während einer Dorffeier mehrere Verkäufer kontrollieren wollten. Sie konnten nur mit Hilfe der Polizei fliehen, sagte der Beamte.