Alle Jahre wieder steht Bürgermeister Martin Thüringer der Bürgerschaft Rede und Antwort. So auch an diesem Donnerstag. Foto: Archiv/Weigert

Bürgermeister Martin Thüringer informiert an diesem Donnerstag wieder bei einer Bürgerversammlung über die aktuellen Projekte der Gemeinde Grafenau und will auch ganz offen über Probleme sprechen.

An diesem Donnerstagabend können sich Grafenauerinnen und Grafenauer ab 19.30 Uhr in der Wiesengrundhalle über die aktuelle Entwicklung in der Gemeinde informieren. Bürgermeister Martin Thüringen wird sich den Fragen stellen.

 

Herr Thüringer, warum laden Sie zur Bürgerversammlung?

Ich finde es wichtig, unsere Bürgerinnen und Bürger auch persönlich über den Stand der Projekte unserer Gemeinde Grafenau zu informieren und zu den Angelegenheiten der Gemeinde persönlich Rede und Antwort zu stehen. Daneben bieten wir weitere Möglichkeiten sich zu informieren wie Bürgermeisterstammtisch, Infoabende oder Vororttouren an. Wie übrigens zuletzt zum Tag der Städtebauförderung, wo wir vor Ort im Gebiet der Dätzinger Ortskernsanierung Details erklärt haben.

Die Neubauplanung der Sportstätten steht schon lange auf der Agenda.

Die Sportstättenkonzeption hat verschiedene Bausteine. In der Tat arbeiten wir schon über mehrere Jahre an diesem sehr komplexen Gesamtprojekt. Aber es wird die Struktur unserer Gemeinde nicht nur im Sportbereich grundlegend verändern. Dabei wollen wir mit der Ergänzung der Wiesengrundhalle um Gastronomie und weitere Sportangebote sowie einem Trainingsfeld die Zentralität in der Mitte unserer beiden Teilgemeinden stärken. Ein Ziel, das übrigens unsere Gemeinde schon seit dem Zusammenschluss 1972 immer verfolgt hat.

Wie sieht der aktuelle Zeitplan für die verschiedenen Maßnahmen aus?

Im Moment planen wir die Umgestaltung der Würmaue, die die Hochwasserproblematik löst und einen naturnahen Gewässerverlauf schafft. Wenn alles klappt, können wir den Planungsprozess im nächsten Jahr abschließen. Da müssen die Genehmigungsbehörden mitwirken. Es ist nicht abzusehen, was noch gefordert wird. Für die Sportanlagen auf dem Holzberg, wo wir einen Allwetterplatz und einen Umkleide-Neubau planen, werden wir das Bebauungsplanverfahren im zweiten Halbjahr hoffentlich abschließen und mit der konkreten Planung beginnen. Erste Studien wurden bereits erstellt.

Wie hoch sind die Kosten?

Hinsichtlich der Finanzierung sind wir gerade an der Zusammenstellung der Gesamtkosten und der Frage, welche Fördermöglichkeiten genutzt werden können – angesichts der aktuellen Lage bei den Baupreisen auch wegen des Ukraine-Kriegs keine einfache Frage. Klären müssen wir auch, welchen Anteil der TSV Grafenau übernimmt.

Wann kann mit der Erschließung des neuen Wohnquartiers auf dem derzeitigen TSV-Gelände gerechnet werden?

Erst wenn wir diese weiteren Schritte der Sportstättenkonzeption abgearbeitet haben, macht es Sinn, in der Planung für das Wohngebiet an der Jahnstraße fortfahren.

Mit dem Neubau des Feuerwehrgerätehauses zwischen Döffingen und Dätzingen steht ebenfalls eine Standortverlagerung an. Welche Hürden gilt es bei diesem Projekt zu nehmen?

Auch hier ist unsere Verwaltung voll eingespannt. Das Bebauungsplanverfahren läuft und wir klären die Würmumgestaltung wegen der Hochwasserproblematik. Zudem bereiten wir die archäologische Erkundung der Baufläche vor, ein Aspekt der sich auch aus dem Bebauungsplanverfahren ergeben hat.

Der neue Bauhof ist bereits Baustelle. Wie kommt das Projekt voran? Und welche Probleme sind hier zu lösen?

Hier belaufen sich die Kosten auf fast fünf Millionen Euro. Angesichts des Kostenanstiegs, bei der wir die weitere Entwicklung angesichts der allgemeinen Lage nicht abschätzen können, hat sich der Gemeinderat entschieden, den Neubau teilweise im Wege der Generalunternehmensvergabe abzuwickeln. Dazu wurde mit dem Büro Hank und Hirth ein Architekturbüro eingeschaltet, das Erfahrung mit der Betreuung und Abwicklung in dieser Vergabeform besitzt. Die Bauausschreibung wird vorbereitet.

Grafenau soll mithilfe weiterer kleiner Baugebiete wachsen. Was verspricht sich die Gemeinde davon?

Auch in Grafenau ist in der Nachbarschaft des Wirtschaftszentrums Böblingen/Sindelfingen die Nachfrage nach Wohnraum groß. Eine Wohnung zu finden, ist für Betroffene nach wie vor fast aussichtslos. Wir wollen so unseren Teil zur Lösung dieser gesamtgesellschaftlichen Herausforderung beitragen. Ich hoffe, dass trotz Zinsanstieg und Baukostenerhöhung die Nachfrage weiter anhält.

Gleichzeitig wird auch die Ortskernsanierung vorangetrieben. Wie und wo geht es weiter?

Beim Sanierungsgebiet Ulrichstein in Döffingen haben wir zum Jahresende 2021 die Sanierungssatzung beschlossen. Für dieses Gebiet müssen wir im nächsten Schritt insbesondere ein städtebauliches Konzept entwickeln. In der Ortskernsanierung Dätzingen setzen wir erste Baumaßnahmen um.

Welche kommunalen Einrichtungen profitieren in diesem Zusammenhang von den Landesfördermitteln?

Die aktuelle Sanierung der Schlossmauer, die uns über 500 000 Euro kostet, wird finanziell gefördert. Auch die Neugestaltung des Spielplatzes im Schlosspark sowie Sanierung, Erweiterung und Umbau des Kindergartens am Schloss sind förderfähig.

Wann beginnen die Umbauarbeiten des Kindergarten am Schloss?

Wir müssen die Ausschreibung teilweise wiederholen. Vor allem die Rohbauarbeiten lagen sehr deutlich über der Kostenprognose. Leider spüren wir da schon die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.

Wie stark belasten Bildung und Betreuung die Kommunalfinanzen?

Mit großem Abstand sind die Ausgaben unserer Gemeinde für Bildung und Betreuung der höchste Ausgabeposten im Haushalt. Allein für die Kinderbetreuung belaufen sich die Kosten auf über 3,8 Millionen im Jahr. Aber unsere Kinder und Jugendlichen sind uns sehr wichtig.

Wie steht es um die Pflegeversorgung in Grafenau? Sind weitere Schritte nötig?

Mit der Sozialstation im ambulanten Bereich und dem Seniorenzentrum Adrienne von Bülow für den stationären Bereich haben wir zwei wichtige Stützen. Pflege oder Versorgung im Alter ist dynamisch. Auch unsere Menschen wünschen und benötigen weitere Angebotsformen. So denken wir über eine Tagespflege und weitere betreute Wohnungen im Bereich Kälberne am Ortseingang von Dätzingen nach. Allerdings müssen wir uns in der Gemeindeverwaltung vor allem im Bauamt zuerst personell verstärken, um dieses Projekt angehen zu können.

Wie belastbar ist die Finanzsituation?

Hier hat die gute wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre gutgetan. Auch aus der Coronapandemie sind wir überraschend verhältnismäßig ordentlich davon gekommen. Ja, wir können auch dieses Jahr unseren laufenden Haushalt zwar nicht ausgleichen, aber die Steuereinnahmen sind stabil. Es zahlt sich aus, dass wir mit dem Gewerbegebiet Röte in den letzten 15 Jahren unsere Einnahmesituation nachhaltig verbessert haben. Unter den Städten und Gemeinden im Kreis Böblingen befindet sich Grafenau, was die Steuerkraft angeht, mittlerweile im Mittelfeld. Vor 20 Jahren befanden wir uns am Tabellenende! Auch Liquidität und der Schuldenstand, den wir konsequent auf drei Millionen Euro abbauen konnten, würden jetzt die erheblichen geplanten Investitionen zulassen. Allerdings bereiten die allgemeinen Rahmenbedingungen neue Sorgen.

Neue Sorgen?

Die Baukosten steigen rasant. Wir werden bei unseren Projekten den tatsächlichen Baubeginn abwägen und „auf Sicht“ fahren.