Wenn der Gewa-Tower dauerhaft als Wärmeabnehmer ausfällt, ist die Heizzentrale der Stadtwerke Fellbach überdimensioniert. Dann geht die Rechnung der städtischen Tochertergesellschaft nicht auf.
Fellbach - Es tut sich was auf der Baustelle des Gewa-Towers, wo das dritthöchste Wohnhaus in Deutschland im Rohbau steht. Ein Teil der Netze vor den bereits verglasten Wohnungen ist entfernt worden. Damit ist der Blick frei auf die fertiggestellten großzügigen Balkone und sonnigen Fensterfronten.
Dies ist kein Ende des Baustopps. Diesen hatte der Generalunternehmer Baresel GmbH nach Ausbleiben von Zahlungen des Bauträgers verhängt. Ein Signal für den Weiterbau in der Verantwortung des vorläufigen Insolvenzverwalters Ilkin Bananyarli ist der Abbau der nicht mehr benötigten Fangnetze auch nicht. Das ergab eine Anfrage unserer Zeitung bei dem vom Insolvenzgericht in Esslingen beauftragten Fachanwalt. Dies sei vielmehr schon längere Zeit beabsichtigt gewesen.
Fellbacher hoffen auf das Signal eines Weiterbaus
Auf das Signal eines Weiterbaus hoffen nicht nur die Fellbacher, die ihren Blick nicht auf Dauer auf eine das Stadtbild verschandelnde Bauruine richten wollen. Auch Geldanleger, die mit dem Kauf einer hochverzinslichen Gewa-Anleihe die Finanzierung des Baus bestritten sowie Wohnungskäufer setzen darauf, dass die Arbeiten zügig weitergehen. Nur dann haben sie die Gewissheit, einigermaßen unbeschadet aus dem Schlamassel auf der Tower-Baustelle herauszukommen.
Zu dieser hoffnungsvollen Gruppe der möglicherweise durch die Pleite des Towers Geschädigten gehören auch die Stadtwerke Fellbach (SWF). Denn die haben die Heizzentrale für das gesamte Fromm-Areal auf eigene Kosten eingerichtet und wollen alle dortigen Gebäude über Contracting-Verträge mit Wärme versorgen. Die vor dem Gemeinderat abgegebene Versicherung von Oberbürgermeisterin Gabriele Zull, dass die Stadt Fellbach nicht an dem Bau beteiligt ist und kein Finanzloch droht, verdient also eine nähere Betrachtung. Die städtische Tochtergesellschaft, deren Aufsichtsratsvorsitzende Gabriele Zull kraft Amtes ist, hat laut SWF-Geschäftsführer Gerhard Ammon mehr als eine Million Euro investiert in mehrere flexible Gas-Brennwert-Kessel, in ein energieeffizientes Blockheizkraftwerk (BHKW), in Fernwärmeleitungen und Übergabestationen.
Die Heizzentrale hat drei Kamine
Die Heizzentrale befindet sich an der Ecke Bühlstraße und Eberhardstraße, erkennbar an drei Kaminen. Sie ist von der Größe her ausgerichtet, die 66 Eigentumswohnungen des Towers, das Drei-Sterne-Business-Hotel der südlichen Randbebauung und die 152 Mietwohnungen in sieben Mehrfamilienhäusern des Projekts „Turrealis“ der Firma Weisenburger an der Eberhardstraße mit Fernwärme zu versorgen. Nur letztere Wohnungen, von denen mehr als die Hälfte durch die Firma Weisenburger schon an Mieter übergeben sind und der Rest in diesen Tagen folgt, nehmen bisher vertragsgemäß Wärme ab.
Das BHKW konnte jedoch noch nicht anlaufen. Die Wärme-Abnahme war nicht ausreichend, um die Kraft-Wärme-Kopplung wirtschaftlich zu betreiben. „Wir können auch ohne das BHKW die gesamte Leistung erbringen. Es sollte ohnehin erst im Januar anlaufen“, sagt Gerhard Ammon auf Anfrage unserer Zeitung. Gedacht waren die flexiblen Kessel allerdings vor allem für den Spitzenbedarf an Wärme. Das BHKW sollte dagegen ständig laufen und die Grundlast abdecken. Obwohl die nördliche Randbebauung des „Turrealis“ mit etwa 60 Prozent den Hauptteil der Wärme abnehmen sollte, geht, wenn der Tower als Kunde ausbleibt, die Rechnung der Stadtwerke nicht mehr auf: Ihre Anlage wäre überdimensioniert. Gerhard Ammon hofft, dass es dazu nicht kommt: „Wenn es nur bei einem zeitlichen Verzug bleibt, dann ist es für uns kein Problem.“ Und wenn der Wohnturm doch nicht fertiggestellt wird, was derzeit niemand sich recht vorstellen kann? Dafür gibt es keinen Plan. „Dann müssen wir darüber nachdenken“, sagt Stadtwerke-Chef Gerhard Ammon.
Die Finanzierungsgesellschaft des Towers, die Gewa 5 to 1 GmbH und Co. KG, hatte am 18. November angekündigt, dass sie Insolvenzantrag stellen wird und dies am darauffolgenden Montag vollzogen. Die Arbeiten hatten bereits seit 11. November geruht, als, wie es damals hieß, „Abstimmungsbedarf hinsichtlich der weiteren Finanzierung und Bauplanung“ zutage getreten war. Letzterer ist grundsätzlich bereit, die Arbeiten wieder aufzunehmen. Ein Investor, der dies finanziert, wird gesucht.