Am Mittwoch soll die Teil-Legalisierung von Cannabis voranschreiten. Foto: dpa/Hannes P Albert

Die Regierung will am Mittwoch den ersten Schritt zur Teil-Legalisierung von Cannabis machen. Doch Fachleute und Politik sind gespalten. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vorhaben.

Die Bundesregierung bringt an diesem Mittwoch voraussichtlich ihren umstrittenen Plan einer Cannabis-Legalisierung in Deutschland auf den Weg. Vor allem Grüne und FDP hatten sich schon im Bundestagswahlkampf für das Vorhaben starkgemacht. Seit Anfang des Sommers liegt ein Gesetzentwurf von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor, der nun vom Bundeskabinett beschlossen und dann dem Bundestag zur Debatte und Verabschiedung zugeleitet werden soll. Das Vorhaben geht zwar nicht so weit wie ursprünglich geplant, krempelt aber dennoch die bisherige deutsche Drogenpolitik radikal um.

Was konkret soll nun rechtlich neu geregelt werden? 

Cannabis soll aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgenommen werden, wo es bisher neben Heroin und anderen Drogen als verbotene Substanz gelistet und mit entsprechenden Strafvorschriften belegt ist. Ab 18 Jahren soll künftig der Besitz von 25 Gramm erlaubt sein – von Volumen und Gewicht in etwa vergleichbar mit zwei gehäuften Esslöffeln Blumenerde. Privat sollen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden dürfen. In Vereinen, sogenannten Cannabis-Clubs, sollen Mitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen.

Soll Cannabis auch frei verkauft werden können?

Nein, erst einmal nicht, obwohl das der ursprüngliche Plan war – angelehnt an Länder wie Kanada oder einzelne US-Bundesstaaten. Dort gibt es spezielle Läden, in denen von Blüten („Gras“) über fertig gerollte Joints bis hin zu mit Cannabis versetzten Süßigkeiten verschiedenste Produkte frei an Erwachsene verkauft werden. Das soll nun in Deutschland zunächst vereinzelt in Modellprojekten erprobt werden. Allerdings ist dafür auch erst noch ein gesondertes Gesetz nötig, das noch gar nicht vorliegt.

Wie genau soll das in diesen Cannabis-Vereinen laufen? 

Dort sollen die Pflanzen „gemeinschaftlich“ und „nicht-gewerblich“ angebaut und ausschließlich an Vereinsmitglieder abgegeben werden dürfen. Die Finanzierung läuft über den Mitgliedsbeitrag. Pro Verein sind maximal 500 Mitglieder erlaubt. Pro Tag dürfen maximal 25 und pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied ausgegeben werden – bei unter 21-Jährigen nicht mehr als 30 Gramm im Monat mit maximalem THC-Gehalt von zehn Prozent. Die Droge darf nur in einer „neutralen Verpackung“ mit Beipackzettel ausgegeben werden, auf dem Gewicht, Erntedatum, Mindesthaltbarkeitsdatum, Sorte und Wirkstoffgehalt angegeben sind.

Räume und Grundstücke der Cannabis-Clubs müssen umzäunt und einbruchssicher gestaltet werden. Gewächshäuser brauchen einen Sichtschutz. Jeder Verein soll ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept erstellen und einen Sucht- und Präventionsbeauftragten benennen müssen, der sich schulen lassen und regelmäßige Auffrischungsschulungen machen muss.

Welche Regeln sind noch geplant? 

Kiffen in den Cannabis-Clubs und deren Nähe soll verboten sein, genauso wie im Umkreis von 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Kindergärten oder Spiel- und Sportplätzen und in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr.

Ab wann darf in Deutschland legal ein Joint geraucht werden?

Das Bundesgesundheitsministerium schreibt auf seiner Webseite, dass das Cannabis-Gesetz Ende des Jahres in Kraft treten könnte. Bis dahin bleibt die Droge verboten, auch wenn der Besitz kleiner Mengen schon lange vielerorts gar nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens hängt davon ab, wie schnell das Vorhaben nach der Sommerpause im Bundestag beraten und beschlossen wird. Auch der Bundesrat muss sich wie bei jedem Gesetz formal damit befassen, kann es aber wohl nicht stoppen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist es in der Länderkammer nicht zustimmungspflichtig. Das CSU-regierte Bayern etwa ist strikt gegen eine Legalisierung.

Was spricht für eine Legalisierung von Cannabis, was dagegen? 

Hier tobt eine aufgeladene Debatte: Befürworter und die Bundesregierung argumentieren damit, dass die Verbotspolitik gescheitert sei, da trotzdem immer mehr gekifft wird. Dann lieber qualitativ korrekte Produkte begrenzt freigeben, ohne möglicherweise giftige Beimischungen und mit Klarheit über den THC-Gehalt, so das Argument. So sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) der Funke Mediengruppe am Mittwoch: „Der bisherige Politikansatz hat nicht verhindert, dass viele Jugendliche in Abhängigkeit geraten sind.“

Außerdem könnten so der Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität eingedämmt werden.

Buschmann argumentiert zudem, dass die Regierung mit dem Gesetz Aufklärung und Prävention für Jugendliche vorantreibe: „Wir stellen etwa restriktive Regeln für das Umfeld von Schulen auf, wir lassen nur bestimmte Sorten von Cannabis zu, die geprüft werden.“

Gegner befürchten dagegen eine „Normalisierung“ der Droge, sinkende Hemmschwellen auch bei Jugendlichen und verweisen auf Gefahren des Cannabis-Konsums. Die CDU-Gesundheitsexpertin Simone Borchardt nannte Cannabis am Mittwoch im „Morgenmagazin“ eine „Einstiegsdroge“, die oft verharmlost werde. Gesundheitliche Schäden würden vernachlässigt. Das gelte besonders für junge Menschen, da das menschliche Gehirn erst mit 25 Jahren voll entwickelt sei, so Borchardt.

Auch die SPD steht auf Landesebene nicht geeint hinter dem Gesetz – Hamburgs Innensenator Andy Grote etwa befürchtet im Radiosender „NDR 90,3“, dass der Konsum durch die Legalisierung deutlich zunehme – das hätten Erfahrungen aus anderen Ländern gezeigt. An eine Eindämmung des Schwarzmarktes glaubt er nicht: „Es ist zu befürchten, dass illegales Cannabis aufgrund höherer Wirkungsgrade und günstiger Preise stark nachgefragt wird und sich Schwarz- und Legalmarkt hier vermischen“, sagte Grote.

Der Deutsche Richterbund hat kritisiert, dass das Gesetz zu einer Belastung der Justiz führe. Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte, die Ampel würde Polizei und Justiz mit dem Gesetz stärker belasten: „Das geplante Cannabisgesetz beinhaltet eine Vielzahl von Regeln, Verboten und Beschränkungen. All das muss kontrolliert und Verstöße müssen strafrechtlich verfolgt werden“, sagte der CDU-Politiker.

Justizminister Buschmann weist die Kritik der Richter zurück: „Wenn Menschen auf legale Weise Cannabis kaufen und konsumieren können, werden die Fälle weniger, die vor Gericht landen.“ Er vermutet „politische Vorbehalte“ als Grund für die Skepsis der Richter.

Was ist Cannabis überhaupt und wie wirkt es?

Cannabis ist der lateinische Name für Hanf. Das Harz an den Blüten der weiblichen Pflanze enthält laut Deutschem Hanfverband hohe Konzentrationen von Tetrahydrocannabinol (THC), das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Werden die getrockneten knollenartigen Blüten geraucht oder Produkte mit THC konsumiert, werden Nutzer „high“: Sie geraten je nach Menge und Konzentration in einen heiteren, oft albernen Zustand. Bei manchen Menschen ruft die Droge aber auch Angstzustände und Panik hervor. Der Rausch-Höhepunkt dauert ungefähr eine halbe Stunde an und ebbt dann langsam ab. Ein typisches Anzeichen dafür, dass jemand „bekifft“ ist, sind stark gerötete Augen.

Wie weit verbreitet ist das eigentlich in Deutschland?

Das Bundesgesundheitsministerium verweist hier auf repräsentative Befragungen aus dem Jahr 2021. Darin gaben 8,8 Prozent aller Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren an, in den letzten 12 Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben. Bei den Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren sagten 9,3 Prozent, schon einmal im Leben Cannabis probiert zu haben. 1,6 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe gaben regelmäßigen Konsum an. Bei den jungen Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) hatte die Hälfte schon einmal probiert. 8,6 Prozent gaben regelmäßigen Konsum in den vergangenen zwölf Monaten an.