Wegen des S-21-Umbaus wird der Bonatzbau geschlossen. Foto: Lg/Max Kovalenko

Man kann noch rein, aber nichts mehr kaufen: Seit diesem Donnerstag haben die Geschäfte im Bonatzbau wegen des S21-Umbaus geschlossen. Einige Angestellte mussten entlassen werden.

Stuttgart - Der Bonatzbau hat geschlossen. Wobei: Das stimmt so nicht. Lediglich die Geschäfte im Bonatzbau sind seit diesem Donnerstag wegen des S21-Umbaus geschlossen, das Gebäude selbst bleibt begehbar. An den Wegen zum Gleis ändert sich damit erst mal nichts. Die Aufenthaltsqualität leidet indes enorm.

Doch was für die einen der Cappuccino to go ist, ist für andere die Lebensgrundlage. Denn die Angestellten, teils seit 20 Jahren im Bonatzbau, müssen freilich ebenfalls raus.

Einige Angestellte können nicht weiterbeschäftigt werden

Größere Ketten wie Yorma’s oder Starbucks können ihre Angestellten auf andere Filialen in der Stuttgarter Innenstadt verteilen. Mitarbeiter des Imbiss Nordsee dürfen über dieses Thema nicht mit der Presse sprechen. Andere wurden entlassen oder müssen nun deutlich längere Wege in Kauf nehmen. So zum Beispiel Simone Zaminer. Seit 20 Jahren arbeitet sie als Verkäuferin in der Bäckerei auf der Höhe von Gleis 1.

Lesen Sie hier: Das ändert sich am Hauptbahnhof

Die Besitzer haben mitunter gewechselt, sie blieb immer hier: „Vor einem Monat habe ich erfahren, dass ich fortan in Pforzheim arbeiten muss“, erzählt sie. Der neue Arbeitsort bedeute insgesamt gut vier Stunden Fahrtzeit jeden Tag. Sie wird mit der Bahn fahren. Die andere Option wäre Nürnberg gewesen. Wo bis gestern bei Frau Zaminer Brötchen gekauft wurden, soll dann irgendwann ein Hotel stehen.

Ähnlich ergeht es Angestellten von „Press & Books“, den Bücher- und Zeitschriftenläden, die zur Schweizer Valora Holding gehören. Etwa Beate Götz. Die Verkäuferin und einige ihrer Kollegen wurden entlassen. „Ende letzten Jahres wurden wir informiert, dass wir irgendwann raus müssen“, sagt sie. Seither seien ihre Verträge stets nur vierteljährlich verlängert worden, weil der genaue Zeitpunkt der Schließung immer wieder nach hinten verschoben wurde. Die weiterhin betriebenen Filialen, etwa jene vorne an den Gleisen, bieten nicht genügend Arbeitsplatz für alle: „Wenn wir hätten weitermachen wollen, hätten wir uns komplett neu bewerben müssen“, so Götz, die mittlerweile anderswo eine Stelle gefunden hat.

Stuttgarter nehmen Abschied vom belebten Bonatzbau

Auch der Bocaso Grill wird lediglich zwei seiner acht Angestellten in der Filiale in Cannstatt weiterbeschäftigen können.

Neben Arbeitnehmern und Reisenden trieben sich am Mittwoch aber auch einige Stuttgarterinnen und Stuttgarter am Bahnhof herum, die Abschied nehmen und noch ein paar Fotos vom belebten Bonatzbau machen wollten. Daimler-Mitarbeiter Tobias Kemmler erzählt: „Ich bin in Stuttgart geboren und war schon mit meinem Opa hier.“ Für Renovierungsarbeiten hat er Verständnis, für das Gesamtprojekt immer weniger.

Einige erzählen, sie hätten hier sonntags auch hin und wieder Einkäufe erledigt, die unter der Woche vergessen wurden. Das wird fortan nicht mehr möglich sein. Mindestens fünf Jahre lang wird umgebaut.

Simone Zaminer mit ihren 20 Jahren Erfahrung im Bonatzbau merkt an: „Nur fünf Jahre? Ich glaub’s nicht.“