Carina Breisch startet im September die Kleiderei im Westen. Foto: PR

Im Stuttgarter Westen mach im September der vierte Ableger der Kleiderei auf: ein Modeverleih- und Mietkonzept, das bereits 2012 in Hamburg aus der Taufe gehoben wurde.

Kleidung billig bei Primark, H&M oder Zara kaufen, kurz oder nie tragen – und dann ab in die Tonne. So lässt sich die Mentalität vieler Modekonsumenten beschreiben. „Kleidung wird dabei immer mehr zur Wegwerfware“, schreibt Greenpeace in einer Studie, „T-Shirts werden kaum länger getragen als Plastiktüten.“ Zu diesen Ergebnissen kommt Greenpeace durch eine Online-Umfrage unter 1011 Personen zwischen 18 und 69 Jahren in Deutschland: Danach haben 43 Prozent 50 bis 100 Teile im Kleiderschrank, ein Drittel der Befragten sogar 100 bis über 300 Teile. Mehr noch: „Jedes fünfte Kleidungsstück wird so gut wie nie getragen“, schreibt Greenpeace, „das summiert sich auf eine Milliarde Kleidungsstücke, die ungenutzt im Schrank liegen.

Eine Kultur des Teilens

Wie bekommt man dieses Problem, das auch auf Ausbeutung in den Produktionsstätten und enormer Umweltbelastung beruht, in den Griff? Eine Antwort darauf hatte Thekla Wilkening und Pola Fendel bereits vor zehn Jahren: Die beiden Gründerinnen machten Fast Fashion noch schneller. Sie eröffneten im Oktober 2012 in Hamburg die erste Kleiderei, ein Modeverleih- und Mietkonzept. Dabei kamen sie auch einem Bedürfnis vieler junger Menschen in der Großstadt entgegen: Nämlich dem Wunsch, bewusst und nachhaltig zu konsumieren. So wie es auch die Idee der Share Economy, die Kultur des Teilens, proklamiert: Zugang statt Besitz. Inzwischen gibt es eigenständige Ableger in Freiburg, Köln und Berlin. Und nun kommt Stuttgart dazu. Am 10. September eröffnet Carina Breisch in der Rotebühlstraße 90 die Kleiderei Nummer vier. Und dabei teilt sie nicht nur faire Klamotten, Vintage-Mode und andere Second-Hand-Stücke, sondern auch die Ladenfläche (90 m²) in der Nähe des Feuersees. Auf der Fläche bieten auch Matthias Kästner (faires Obst und Gemüse aus Portugal) sowie Schmuckdesignerin Ida Fischer ihre Produkte an.

Mit 29 Euro im Monat ist man dabei

Das Konzept lautet: Als Kleiderei-Mitglied kann man für einen monatlichen Beitrag von 29 Euro vier Kleidungsstücke leihen und beliebig oft umtauschen. „Fashion but slow – Mode, aber langsam“, lautet das Motto: „Die versteht sich mit ihrem Konzept als klaren Gegenentwurf zur Fast-Fashion-Industrie“, sagt Breisch, „es wird geteilt, was schon besteht, um so die Lebensdauer von Kleidungsstücken maximal zu verlängern und wertvolle Ressourcen zu schonen.“ Die Abwechslung im eigenen Kleiderschrank sei dabei inbegriffen. Damit wolle man zeigen, dass bewusster Konsum nicht gleich Verzicht bedeute. Wer ein Kleidungsstück beschädigt, muss sich keine Sorgen zu machen, die Hälfte des Preises übernimmt die Kleiderei. Mit den Einnahmen wird die Reparatur bezahlt, um die Lebensdauer der Kleidungsstücke so weit wie möglich zu verlängern. Zudem würden durch das viele Ausprobieren Fehlkäufe der Vergangenheit angehören. Und natürlich kann man die Klamotten nach oder vor der Leihe auch kaufen.

Auch große Ketten inspirieren

Tatsächlich hat das Konzept auch manche Fast-Fashion-Anbieter inspiriert. Darunter ist auch H&M. „Ich finde das total cool“, sagte Thekla Wilkening einmal in einem Interview mit „enorm“, „ich sage immer aus Spaß: Wenn sie das ernsthaft umsetzen, dann kann ich mich zur Ruhe setzen.“ Die Eröffnung der vierten Kleiderei zeigt dagegen: Obwohl sich die Themen Nachhaltigkeit bei Verbrauchern und Industrie immer mehr durchsetzen, ist bei bewusstem Konsum noch viel Luft nach oben. „Ich finde das Problem hat sich eher noch verstärkt, dass die Leute auf Fast Fashion setzen“, sagt Carina Breisch, „daher bieten wir jetzt in Stuttgart den Gegenentwurf dazu.“