Nur wer schwimmen kann, darf Foto: BFS, dpa

Am Wochenende ist ein Dreijähriger in einem Hamburger Schwimmbad ums Leben gekommen. Welche Gefahren lauern für Kinder im und am Wasser, und wie kann man sie davor schützen? Ein Überblick.

Hamburg - Zum Glück kommt es selten vor, aber leider sterben doch immer wieder Kinder beim Besuch im Schwimmbad, am Badesee oder im Hotelpool. Der jüngste tragische Vorfall ereignete sich am Wochenende in einem Hallenbad im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Ein Dreijähriger starb im Krankenhaus, nachdem ein Badegast den Jungen leblos in einem rund 1,40 Meter tiefen Becken gefunden hatte. Unklar ist noch, inwieweit die Aufsichtspflicht verletzt worden war.

 

Stichwort Aufsichtspflicht

Gegen die Gefahren im Wasser helfen nur Vorbeugung und Aufmerksamkeit. Kleinere Kinder sollten nie unbeaufsichtigt im Planschbecken oder am Pool und noch nicht einmal in der Badewanne planschen. Auch an Badeseen, am Strand oder im Freibad darf das Kind nicht aus den Augen gelassen werden. Ist man mit mehreren Erwachsenen dort, sollte man absprechen, wer wann für die Aufsicht zuständig ist. „Die Hauptursache für tödliche Unfälle von Kindern im Wasser ist die Verletzung der Aufsichtspflicht. Ein Kind, das nicht schwimmen kann, darf auf keinen Fall alleine ohne Hilfsmittel ins Wasser“, sagt Markus Ostermeier, Vertreter der Wasserwacht beim Deutschen Roten Kreuz. „Entweder das Kind kann schwimmen – das ist offiziell der Fall, wenn man das Seepferdchen-Abzeichen erworben hat –, oder es hat allein im Wasser nichts zu suchen.“

Stichwort Ertrinken

Das Ertrinken ist fast immer ein trügerisch ruhiger Vorgang. Laut Experten zeigen sich dramatisches Winken, Spritzen und Schreien in der Realität nur selten. Vor allem wenn Kinder in einen kalten Pool oder ein eisiges Gewässer fallen, kann es durch den Schreck passieren, dass es zu einer Überreizung der Nerven kommt und der Körper in eine Bewusstlosigkeit (Affektkrampf) fällt. Üblicherweise unterbricht der Atemreflex diese nach kurzer Zeit – wenn sich das Kind dann im Wasser befindet, gerät beim Einatmen Wasser in die Lunge. Markus Ostermeier erklärt den Vorgang so: „Wenn der Kopf des Kindes unter Wasser gerät, erschrickt es sich. Weil es das Kind nicht besser weiß, atmet es unter Wasser einfach weiter, das Wasser gelangt ungeschützt in die Lunge. Es folgt der Hustenreflex, noch mehr Wasser gerät in die Lunge, und der Körper sinkt weiter in die Tiefe, sofern es keine entsprechenden Hilfsmittel trägt – ein fatales Zusammenspiel.“ Der Reflex, die Atmung unter Wasser zu stoppen, verliert sich in den ersten Lebensmonaten – daher gehen viele Mütter mit ihren Säuglingen zum Babyschwimmen: Etwa in den ersten drei Monaten sind kleine Kinder imstande, die Luft unter Wasser anzuhalten. Später muss der Reflex innerhalb eines Schwimmkurses antrainiert werden.

Stichwort Hotelpool

Immer wieder verunglücken Kinder in Hotelpools, wie zum Beispiel 2011, als ein Achtjähriger auf Fuerteventura durch ein defektes Rohr an einer Umweltanlage starb. Hier gilt ganz besonders: Eltern sollten ihre Kinder in einem Hotelpool grundsätzlich keine Sekunde aus den Augen lassen. Oft haben Pools in kleineren Hotels oder auf Campingplätzen kaum oder gar kein Aufsichtspersonal, sind gar nicht oder nur per Videokamera gesichert. Besorgte Eltern könnten – so der Tipp des Tourismusexperten Olaf Seiche vom Tüv Rheinland – den sogenannten Handtuchtest machen, bevor sie ihre Kinder in einem Hotelpool baden lassen. Dafür könnten sie auf die Ansaugstellen der Wasserpumpe ein Handtuch legen, um zu sehen, wie stark der Sog unter Wasser ist.

Stichwort Unwissen

Aus dem Kindersicherheitsreport zum Thema „Sicherheit im und am Wasser“ des Versicherungsunternehmens Axa aus dem Jahr 2014 geht hervor, dass fast die Hälfte aller Eltern nicht wissen, dass ein Kind unter drei Jahren schon ab einer Wassertiefe von etwa fünf Zentimetern ertrinken kann. Und fast jeder Achte würde ein Kleinkind unter drei Jahren kurzzeitig alleine in der Badewanne lassen, etwa wenn es klingelt. Laut der European Child Safety Alliance (ECSA) verunglücken Kinder bis zu zwei Jahren aber am häufigsten in der Badewanne. Ein- bis Dreijährige ertrinken meist in Gartenteichen, Zwei- bis Sechsjährige in offenen Gewässern. Die über sechsjährigen Kinder ertrinken meist in Schwimmbädern.

Stichwort Sicherheit

Am besten bringt man Kindern so früh wie möglich das Schwimmen bei. „Heutzutage ist das leider keine verbreitete Kernkompetenz mehr“, sagt Markus Ostermeier. Er beobachtet ein deutliches Schwimmbadsterben in Deutschland und den Trend weg vom Sportbad hin zum Spaßbad. Hinzu komme das Problem, dass viele Flüchtlingskinder nicht schwimmen könnten. Grundsätzlich gilt: Kleinkinder gehören unter Aufsicht und mit entsprechenden Hilfsmitteln ins Babybecken und Nichtschwimmer, ebenfalls mit Schwimmhilfen, in ein Nichtschwimmerbecken. Wer das Schwimmen lernt, sollte so lange wie nötig auf Schwimmflügel oder -westen zurückgreifen. Wirklich sicher sind nur zertifizierte Auftriebsmittel. „Es ist wichtig, dass die Schwimmhilfe eine ohnmachtssichere Lage ermöglicht“, sagt Ostermeier. „Das bedeutet, dass der Auftriebskörper einen im Falle einer Ohnmacht automatisch davor bewahrt, dass der Kopf unter Wasser gerät.“ Doch das Allerwichtigste ist und bleibt der aufmerksame Blick der Eltern.