Uschi Obermaier und Rainer Langhans, hier in der WDR-Dokumentation „Pop 2000“ über 50 Jahre Popmusik und Jugendkultur in Deutschland Foto: dpa/WDR/Interfoto/Rauch

Uschi Obermaier wird 75. Ende der 1960er-Jahre war das berühmte Model drei Tage lang auf einer Party in einem Hochhaus in Schmiden. Mit dabei: Rainer Langhans und die Musiker von Black Sabbath.

Fellbach - Man muss schon der Generation Ü60 angehören, um die Zeit der Studentenrevolte, der Außerparlamentarischen Opposition (APO), der Hippies, der langen Joints und langen Haare und der freien Liebe noch persönlich miterlebt zu haben. Es ist jene deutsche Epoche, die aktuell aus einem besonderen Anlass in Zeitungen oder in Fernsehmagazinen thematisiert wird – denn Uschi Obermaier wird an diesem Freitag 75 Jahre alt.

Affären mit Mick Jagger und Keith Richards

Sie war, dies für die Nachgeborenen, das angesagteste Girl der späten 60er und frühen 70er Jahre in der Bundesrepublik. Sie galt als Sex-Ikone, hatte Affären mit Mick Jagger und Keith Richards. Sie war ein Fotomodell, das an der Seite von Rainer Langhans aus der berühmten Kommune I die Schlagzeilen der Boulevardblätter und Illustrierten wie Bild, Stern, Twen, Bunte oder Quick bestimmte – und auf den Fotos spärlich bekleidet oder gänzlich barbusig zu sehen war.

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Und im reichhaltigen Leben der Uschi Obermaier gibt’s sogar ein Minikapitel an Fellbacher Historie. Eine Episode aus dem seinerzeit noch selbstständigen Ort Schmiden. Schauplatz war das Hochhaus am Postweg. Im zehnten Stockwerk lebte vor rund 52 Jahren Werner Schretzmeier, heute Chef des Stuttgarter Theaterhauses, gemeinsam mit seiner damaligen Freundin (und späteren Ehefrau) Gudrun, die als Mieterin fungierte, sowie weiteren drei Männern in einer WG.

„Paranoid“ in Schorndorf

Was sich dann in den Tagen kurz vor Weihnachten 1969 ereignete, schilderte Schretzmeier in dem 2018 veröffentlichten Buch „Träume aus dem Untergrund“ über die frühen Jahre der Rockmusik im Südwesten und ergänzte dies kurz danach auch im Gespräch mit unserer Redaktion. Als damaliger Vorsitzender der Schorndorfer Manufaktur und Filmemacher beim Süddeutschen Rundfunk Stuttgart organisierte er über einen der WG-Kumpels, der als Roadie in der Musikszene arbeitete, einen Auftritt der seinerzeit noch jungen Hardrockband Black Sabbath im Schorndorfer Club, wo Sänger Ozzy Osbourne den Zuhörern den späteren Welthit „Paranoid“ entgegenschleuderte, dass denen Sehen und Hören verging.

Geld für ein Hotel hatte Black Sabbath allerdings keines, „die waren total abgebrannt“, so Schretzmeier in seinen Erinnerungen. Und so tuckerte der Bandbus, ein sechsrädriger, benzinfressender dunkelblauer Ford-Transit, vor die Eingangstür des Schmidener Hochhauses. Die verwegen aussehenden Musiker schleppten Gitarren und Bässe nach oben – und schliefen dort drei Nächte. Nachmittags ging’s zu den Auftrittsorten in Göppingen, Schorndorf und Schwäbisch Hall. Und nach den Konzerten herrschte Remmidemmi im zehnten Stock. „Das war richtig voll und sehr intensiv in der Bude“, schilderte Schretzmeier die nächtliche Lage mit zwölf bis 15 eng an eng sitzenden Menschen im Zwei-Raum-Apartment.

„Lustige Zigaretten“ im Hochhaus

Und beiläufig fügte der Theaterhaus-Mann vor drei Jahren im Gespräch mit unserer Zeitung hinzu: „Genau in jenen Tagen waren auch der Rainer Langhans und die Uschi Obermaier bei uns in Schmiden.“ Was für eine Show im Schmidener Hochhaus: „Der Rainer“ als das Enfant terrible der Studentenbewegung, „die Uschi“ als das Rock-Groupie der Hippiezeit. Auf dem Stockwerk duftete es in diesen drei Tagen und vor allem Nächten recht süßlich, es wurde die eine oder andere „lustige Zigarette“ geraucht, sodass Gudrun Schretzmeier später „bei unseren Nachbarn gut Wetter gemacht hat“.

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In Schmiden ging das ruckzuck rum. „Im Hochhaus ist der Teufel los“, habe man getuschelt. Richtig Trouble gab’s allerdings offenbar nicht, doch die Schretzmeiers zogen bald in ein Häuschen im Schwäbischen Wald. „In Schmiden wäre das nicht mehr lange gutgegangen, der Ärger hätte sich hochgeschaukelt“, sagt Schretzmeier im Rückblick.

Und wer weiß, vielleicht gibt es tatsächlich noch den einen oder anderen, der als Nachbar im oder vor dem Hochhaus am Postweg die vier jungen Hardrocker, den Rainer Langhans oder die Uschi Obermeier gesehen hat. Ein Zusammentreffen, das kein Drehbuchautor erfinden kann, stattdessen drei Tage im Schmidener Winter 1969, wie sie nur das Leben schreibt.