Der Weltmarktpreis für Flüssiggas – hier ein Importterminal dafür im Hafen von Rotterdam – soll eine entscheidende Rolle beim Gaspreisdeckel der EU spielen. Foto: dpa/Federico Gambarini

Solaranlagen und Wärmepumpen sollen schneller genehmigt werden. Umstritten bleibt aber ein Gaspreisdeckel für Großkunden. Es gibt Streit.

Europas Bürger ächzen unter den hohen Strom- und Gaspreisen. Nun haben sich die EU-Energieminister in Brüssel auf weitere Maßnahmen zur Entlastung der Verbraucher geeinigt. So will die EU ihre Marktmacht nutzen und das Gas zumindest teilweise gemeinsam einkaufen. Auf diese Weise sollen die Preise bei den Verkäufern gedrückt werden. Geplant ist zudem, die Genehmigungsverfahren für die Installation von Solaranlagen und Wärmepumpen zu verkürzen, sagte der deutsche Staatssekretär Sven Giegold nach dem Treffen.

 

Die Bewilligung für solche Anlagen soll in Zukunft maximal drei Monate beanspruchen. Projekte mit erneuerbaren Energien sollen zudem durch ein Gesetz als im „überragenden öffentlichen Interesse“ gelten. Somit wären etwa Windparks von bestimmten Umweltschutzregeln ausgenommen und vor Gericht schwerer anfechtbar. Die Regeln sollen ein Jahr lang gelten, bis Gesetzesänderungen in dem Bereich verhandelt wurden.

Keine abschließende Einigung

Eine abschließende Einigung kam bei dem Treffen allerdings nicht zustande. Dem im Wege stand der seit Monaten ungelöste Streit um einen europäischen Gaspreisdeckel. Staaten wie Spanien und Italien haben deshalb am Donnerstag eine EU-Einigung auf andere Notfallmaßnahmen in der Energiekrise blockiert. Die Minister hoffen nun, beim nächsten Energie-Sonderrat am 13. Dezember einen formalen Beschluss treffen zu können. Gefordert wird der europaweite Preisdeckel auf Gas vor allem von Italien, Griechenland, Belgien und Polen, Deutschland, die Niederlande und einige andere Staaten befürchten jedoch Engpässe bei der Versorgungssicherheit.

Ausgangspunkt der Diskussion ist ein Vorschlag der EU-Kommission, die hofft, besonders heftige Preisausschläge im europäischen Großhandel durch einen solchen Preisdeckel einzudämmen. Das betrifft bestimmte Transaktionen am Großhandelsplatz TTF, an den viele Lieferverträge in der EU gekoppelt sind. Anders als die Gaspreisbremse der Bundesregierung gilt der Deckel also für Großkunden, die am TTF einkaufen, und nicht für Endverbraucher.

Konkret würde der Deckel automatisch greifen, wenn der Preis für im Folgemonat zu lieferndes Gas zwei Wochen lang 275 Euro pro Megawattstunde übersteigt und gleichzeitig mindestens 58 Euro höher liegt als der Referenzpreis für Flüssiggas (LNG) am Weltmarkt. Aufträge oberhalb des Preislimits würden dann nicht mehr akzeptiert. Das Preislimit wurde jedoch bereits dafür kritisiert, dass es so hoch ist und die Bedingungen so streng, dass es wohl nicht zum Einsatz kommen würde. Den Befürwortern einer solchen Regelung geht sie folglich nicht weit genug, den Kritikern ist sie hingegen noch immer zu rigide.

Wenig Verständnis für zögerliche deutsche Haltung

Schon vor dem Treffen der Energieminister in Brüssel ließ die Bundesregierung wissen, dass das Thema noch einer ausführlichen Diskussion bedürfe. „Man kann zusammenfassend sagen, dass alle irgendwie unglücklich sind mit dem Vorschlag der Kommission“, sagte Staatssekretär Sven Giegold am Donnerstag in Brüssel. Es gebe unterschiedliche Auffassungen unter den Mitgliedstaaten.

Nicht alle EU-Länder hatten Verständnis für die abwartende Position der Deutschen. „Für uns ist das ein Witz nach so vielen Wochen an Diskussionen und Vorschlägen“, erklärte die polnische Umweltministerin Anna Moskwa.

Die spanische Ministerin für ökologischen Wandel, Teresa Ribera, sagte, der Vorschlag entspreche nicht dem, was die EU-Staaten gefordert hätten. „Er scheint entwickelt worden zu sein, um zu garantieren, dass er nie angewendet wird.“ Der Grünen-Politiker Giegold versuchte die Haltung der Bundesregierung zu erklären. „Für uns ist wichtig, dass die Märkte nicht durcheinanderkommen, sondern wir stattdessen die Ursachen für die hohen Preise angehen“, sagte der Staatsminister. Ziel müsse es sein, die Abhängigkeit von russischem Gas so schnell wie möglich zu verringern und auch den hohen Verbrauch durch Sparmaßnahmen herunterzufahren.

Dass die Energieminister ohne formale Einigung aus Brüssel abgereist sind, schien für den luxemburgischen Minister Claude Turmes kein Problem und er mahnte zur Ruhe. „Lasst uns cool bleiben“, sagte er. „Wir haben einen Monat, um diese Kuh vom Eis zu kriegen.“ Damit bezog er sich auf das nächste Energieministertreffen im Dezember.