Gasflamme: Gas wird derzeit günstiger – Kunden können sparen Foto: Zentralbild

Gas wird derzeit immer günstiger. Rund ein Drittel der Versorger haben im Jahresverlauf bereits die Preise gesenkt. Kunden, die nicht wechseln, lassen sich mitunter viel Geld entgehen. Wir erklären, wie Haushaltskunden nun am besten vorgehen.

Stuttgart/Berlin - Wie entwickeln sich die Gaspreise derzeit?
Nach Höchstständen im Jahr 2008 gingen die Gaspreise für mehrere Jahre auf Berg- und Talfahrt. Seit einiger Zeit haben sich die Notierungen stabilisiert und sind seit etwa zwei Jahren sogar rückläufig. Der Grund: In Deutschland, dem größten Gasmarkt Europas, stagniert der Absatz. Gleichzeitig ist Erdgas aufgrund neuer Funde in Übersee und einer schwächelnden Nachfrage aus der Wirtschaft in großen Mengen verfügbar.
Warum bekommt der Kunde vom Gaspreisverfall nicht so viel mit?
Verbraucherschützer monieren immer wieder, dass die Energiewirtschaft die gesunkenen Gaspreise nicht an die Endkunden weitergibt. Das hat jetzt laut dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ auch ein Bericht des Bundeskartellamts und der Bundesnetzagentur bestätigt. „Beim Kunden kommt von den sinkenden Preisen im Beschaffungsmarkt wenig an“, sagt Florian Krüger, Energieexperte beim Online-Vergleichsportals Verivox. Die Rechnung geht folgendermaßen: Zwischen Oktober 2014 und Oktober 2015 sind die Gaspreise für die Endverbraucher um drei Prozent gesunken. Dem gegenüber steht allerdings ein Rückgang der relevanten Spotmarktpreise um satte 17 Prozent.
Zocken die Energieversorger tatsächlich ab?
Ja und nein. Rund ein Viertel des Endkundengaspreises von Gas von derzeit etwa sieben Cent je Kilowattstunde Gas ist gar nicht durch das Preisgebaren der Privatwirtschaft beeinflussbar, sondern vom Staat über Steuern und Abgaben bestimmt. Weitere rund 20 Prozent am Endkundenpreis bestehen aus Netzentgelten. Sie entsprechen einer Art Maut, die zum Erhalt der deutschen Gasleitungen erhoben wird und müssen von staatlichen Stellen genehmigt werden. 2016 werden diese Netzentgelte durchschnittlich um 5,5 Prozent nach oben klettern. Das wirkt dem Preisverfall beim Gaseinkauf im Großhandel entgegen. Verbraucherschützer wie Aribert Peters, Vorsitzender des Bunds der Energieverbraucher (BdE) gehen dennoch davon aus, dass viele Energieversorger derzeit vornehmlich in die eigene Tasche wirtschaften. „Die Spielräume, die ihnen die fallenden Gaspreise bieten, geben sie nicht an die Endkunden weiter“, sagt er.
Warum lohnt sich der Anbieterwechsel?
Während die Strompreise seit der Jahrtausendwende fast immer gestiegen sind, sieht es bei Gas uneinheitlicher aus. Die Preise für die Endkunden schwankten hier über die Jahre stärker. Das heißt: Phasen eines allgemein hohen Preisniveaus wechseln sich beim Gas mit Tiefpreisphasen ab. Wenn man den richtigen Zeitpunkt zum Wechsel des Anbieters erwischt, kann man daher viel Geld sparen. Besonders für Verbraucher, die ihren Anbieter noch nie oder schon seit langem nicht mehr gewechselt haben, ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt.
Wie viel kann man sparen?
Der einfache Grundsatz lautet bei Strom wie bei Gas: Wer noch nie den Gasanbieter gewechselt hat, kann meist die höchsten Einsparungen erzielen. Der Energiekunde befindet sich in diesem Fall nämlich in den teuren Gas-Grundversorgungstarifen des örtlichen Anbieters. In großen Teilen Baden-Württembergs ist das der Tarif EnBW-Komfort des Karlsruher Platzhirsches. Nach Daten des Vergleichsportals Verivox kostet die Gasgrundversorgung für eine in Stuttgart lebende Familie mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden aktuell durchschnittlich 1426 Euro im Jahr. Der billigste Vergleichstarif ist für 974 Euro zu haben. Das heißt: Die Familie könnte durch einen Wechsel pro Jahr 452 Euro sparen. Bei einem Single-Haushalt wären es immerhin noch 170 Euro. Dazu kommt ein Wechselbonus von durchschnittlich 70 Euro im ersten Jahr. Übrigens: Auch wer in den vergangenen Jahren bereits hin und wieder den Anbieter gewechselt hat, macht in den meisten Fällen noch einen Schnitt.
Wie lange dauert es, den Anbieter zu wechseln?
Seinen Gasanbieter zu wechseln geht selten länger als eine halbe Stunde. Der Tarifvergleich unserer Zeitung listet beispielsweise eine Auswahl besonders günstiger, ökologischer oder regionaler Tarife auf – je nach Gusto des Energiekundens. Auch Vergleichsportale im Internet wie etwa Verivox, Toptarif oder Check24 geben einen guten Überblick. Diese Portale führen den Nutzer in wenigen Schritten zum neuen Anbieter. Wer das Internet nicht nutzen will, geht so vor: Sobald man sich für einen neuen Versorger entschieden hat, genügt ein Anruf bei eben diesem Anbieter. Nötig sind dann nur der Name des alten Lieferanten, die Kunden- sowie die Zählernummer. Wichtig ist es, nicht selbst beim alten Versorger zu kündigen. Das übernimmt der neue Lieferant. Zu bedenken ist außerdem: Man sollte sich sputen, denn bis das „neue“ Gas fließt, dauert es etwa vier Wochen.
Ist die Gasversorgung immer gesichert?
Dass kein Gas geliefert wird, ist ausgeschlossen. Sollte wer Wechsel nicht klappen, springt immer der Grundversorger ein.
Preisgarantien und Rabatte – was sollte man wählen?
Verbraucherschützer raten Kunden von Tarifen mit Vorauskasse ab. Allerdings gibt es nur noch sehr wenige dieser Angebote im Markt. Bei den Vertragslaufzeiten raten Experten wie Florian Krüger von Verivox zu einem Jahr. Längere Laufzeiten rauben dem Kunden Chancen, bei sinkenden Preisen, von Tarifanpassungen zu profitieren. Die meisten Firmen bieten wechselwilligen Kunden zudem Wechselprämien an. Diese Extra-Anreize senken den Angebotspreis zusätzlich. Allerdings sollte man sich darüber klar sein, dass ihre Wirkung im Lauf der Zeit verpufft, denn sie werden ja nur einmal gewährt. Die monatlichen Kosten fallen jedoch kontinuierlich an. Es ist daher sinnvoll, die laufenden Kosten verschiedener Tarife zu vergleichen, das heißt vor allem den Grund- und den Arbeitspreis. Außerdem sollte der Kunde auf Preisgarantien achten. Sie sollten möglichst lange laufen und umfassend sein. Meist beziehen sich die Garantien nämlich nur auf die Bestandteile des Preises, deren Erhöhung im Ermessen des Energieversorgers liegt. Eine Steigerung von Steuern und Abgaben kann oft dennoch auf die Kunden umgelegt werden. Dann ist im Angebot von Preisfixierungen oder eingeschränkter Preisgarantie die Rede.
Können Energieversorger Pleite gehen?
Wie jede Privatfirma können auch Energieversorger vom Markt verschwinden. Allerdings war das bisher sehr selten der Fall. Wer sich finanziell schützen will, wählt keine Vorauskassetarife. Die Versorgung mit Gas ist auch im Pleitefall sichergestellt. Bei Bedenken lohnt aber ein Anruf bei der jeweiligen Verbraucherzentrale oder dem Bund der Energieverbraucher.
Lohnen Ökotarife?
Ökogas-Angebote gliedern sich in zwei Kategorien. Bei Klimagasangeboten bekommt der Kunde herkömmliches Erdgas geliefert. Allerdings enthalten diese Tarife eine CO2-Kompensation. Das heißt, für jedes Kilogramm des klimaschädlichen CO2, das verbraucht wird, fließt Geld in Ausgleichsmaßnahmen, etwa Aufforstungsprojekte. Außerdem gibt es die meist deutlich teureren Biogastarife. Hier stammt das Gas auf regenerativen Quellen, etwa aus Biogasanlagen auf Bauernhöfen. Meist liegt der Biogasanteil aber nur zwischen fünf und 20 Prozent.
Kann man auch den Stromversorger wechseln?
Natürlich. Das Vorgehen ist exakt dasselbe wie beim Wechsel des Gasanbieters. Auch hier ist die Zeit günstig, denn bislang haben 103 Versorger Preiserhöhungen von durchschnittlich rund 2,8 Prozent für das Jahr 2016 angekündigt. Andere Anbieter halten die Preise dagegen im neuen Jahr konstant.