Derzeit ist in Baden-Württemberg das achtjährige Gymnasium Standard. G9 gibt es nur noch als Modellprojekt. Foto: picture alliance / Lino Mirgeler/dpa/Lino Mirgeler

Die Landesregierung zeigt sich einem neunjährigen Gymnasium gegenüber offen. Winfried Kretschmann allerdings hält persönlich weiterhin nicht viel von G9.

Die Landesregierung ist offen für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Baden-Württemberg. Man habe sich innerhalb der Koalition darauf geeinigt, diese Frage in einem Bürgerforum beraten zu lassen - mit offenem Ergebnis, teilte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag in Stuttgart mit.

„Wir gehen als Landesregierung offen in das Beteiligungsverfahren. Denn in der Demokratie haben wir am Ende letztlich nur Argumente – und davon werden wir uns als Regierung leiten lassen“, sagte der Grünen-Politiker einer Mitteilung zufolge.

Der Ministerpräsident selbst spricht sich allerdings persönlich gegen eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium aus. „Meine Haltung in der Frage hat sich nicht geändert“, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart. Auf die Frage, ob er weiter für die Beibehaltung von G8 plädiere, sagte Kretschmann: „Ja“.

Derzeit ist in Baden-Württemberg das achtjährige Gymnasium Standard. G9 gibt es nur noch als Modellprojekt an 44 staatlichen Schulen und an einigen Privatschulen. Eine Elterninitiative hatte im November mit der Sammlung von Unterschriften für einen Volksantrag begonnen, mit dem die Eltern die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium erreichen wollen.

Debatte in einem Bürgerforum

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) begrüßte das Beteiligungsverfahren, betonte aber auch, dass sie andere Probleme für drängender halte: „Die großen Herausforderungen in unserem Bildungssystem liegen im vorschulischen und im Grundschulbereich.“

40 bis 60 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger sollen nach Willen der Landesregierung nach den Sommerferien in einem Bürgerforum über die Zukunft der Gymnasien im Land debattieren. Dabei sein sollen nicht nur Bürgerinnen und Bürger mit Abitur, sondern auch solche mit anderen Schulabschlüssen. Sie sollen in einer Anhörung zunächst mit Experten, Verbänden und Betroffenen sprechen und dann eine Empfehlung abgeben. Entscheiden werden dann Parlament und Landesregierung.

Kretschmann will sich vom Ergebnis aber nicht unter Druck setzen lassen. „Wir dürfen nicht den Anschein aufkommen lassen, dass dialogische Bürgerbeteiligung heißt, dass das die verfassungsmäßigen Organe unter Zugzwang setzt“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Die Entscheidungsorgane seien das Parlament und die Regierung. „So ist das in einer repräsentativen Demokratie. Die Bürger beraten - nicht mehr und nicht weniger“, sagte Kretschmann.